Frage an Hubertus Heil von Roland R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Heil,
Wann wird unser Sozialversicherungssystem tatsächlich eine Solidargemeinschaft?
Immer wieder wird in Reden und Veröffentlichungen aus Berlin und aus den Bundesländern von Politikern gesagt, dass unsere Sozialversicherung eine Gemeinschaft aller sei. Das ist schlichtweg falsch!
Da kann ich auch sagen, jeder der einen Ballon aufblasen kann, kann damit fliegen!
Erst wenn ALLE in unsere Kassen einzahlen, wird es wirklich eine Solidargemeinschaft.
Also fangen wir bei den Selbständigen an, machen wir bei den Politikern weiter, gehen wir weiter zu den Beamten bis hin zu den Pensionsbeziehern.
Wenn alle diese in ein System (egal ob RV oder KV oder ALV oder PflegeVers.) einzahlen würden, dann könnte man von mehr Gerechtigkeit sprechen.
Als der Juso-Vorsitzende Kühnert dieser Tage sagte, auch die Politiker müssten in die Sozialversicherung einzahlen. Gab es keine Reaktion anderer aus der Politik! (vielleicht nach dem Motto: lenken wir das Augenmerk lieber wieder zu den Migranten; sonst würde sich ja jeder Politiker ins eigene Fleisch schneiden!)
Mir kommt regelrecht die Galle hoch, wenn ich anschaue, dass ich 30 Jahre in die RV eingezahlt habe (Durchschnittliches Jahresbrutto: 50.000 – 60.000 Euro) und ab September bekomme ich 1150 Euro mtl. Altersrente; von denen geht dann noch mein KV-Anteil ab. Können Sie das nachvollziehen? Wissen Sie wieviel 1150 Euro heutzutage tatsächlich sind?
Wieso gibt es in der RV einen Höchstbetrag der Beitragsbemessungsgrenze überhaupt – noch? (Ist hier die Lobby dieser zu stark um so etwas zu verändern?)
Andauernd wird versucht darzustellen, welches tolles Sozialversicherungssystem wir in Deutschland haben. Sind wir – im Vergleich zu den nordischen Ländern – so gut oder könnten wir von denen ganz viel lernen?!
Wenn Politiker herkömmlicher, demokratischer Parteien nicht schnellstens lernen die Sprache und Nöte der Bürger zu verstehen und spürbare Veränderungen stattfinden lassen, dann ist es ein Leichtes für Alte
Sehr geehrter Herr Reichelt,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Frage zu den Sozialversicherungen sowie der Einbeziehung weiterer Personenkreise in die Solidargemeinschaft. Entschuldigen Sie bitte zunächst die späte Antwort.
In Ihrer Anfrage fordern Sie die Einbeziehung aller in die Sozialversicherungen. Lassen Sie mich kurz die aktuelle Situation erläutern: In der Sozialversicherung gilt das Solidarprinzip. Bis zur Beitragsbemessungsgrenze trägt jeder Versicherte mit einem festen Prozentsatz seines beitragspflichtigen Arbeitsentgelts zur Finanzierung des Solidarsystems bei. Bestimmte Gruppen wie Selbstständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler sowie Beamtinnen und Beamte sind allerdings von der Sozialversicherungspflicht ausgenommen. In der Alterssicherung und bei Entgeltersatzleistungen, bei denen das Äquivalenzprinzip gilt, werden mit höheren Beiträgen auch höhere Leistungsansprüche erworben.
Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Vielfalt der Erwerbsformen halten Sie es für erforderlich, sämtliche Einkommen und Einkommensarten, wie beispielweise Selbstständige und Beamtinnen und Beamte in die Sozialversicherung einzubeziehen. Ich sehe da auch durchaus noch Potential, wobei man viele Dinge dabei berücksichtigen muss.
So ist nicht gewährleistet, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Ausweitung des Versichertenkreises oder einer höheren Bemessungsgrenze keine nachhaltige Entlastung bringt, da die zusätzlichen Beitragseinnahmen künftig höhere Leistungsansprüche nach sich ziehen. Eine Einbeziehung der Beamtinnen und Beamten ist schon deshalb kein einfaches Unterfangen, da die meisten von ihnen von Ländern und Kommunen beschäftigt werden. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich mich mit dieser Thematik auseinandersetze und die Integration von Beamtinnen und Beamten prüfe.
Für die Eingliederung von Selbstständigen in das System der Altersvorsorge werde ich Ende des Jahres einen Gesetzentwurf einbringen. Ich möchte damit Selbstständige verpflichten, privat oder über die gesetzliche Rentenversicherung für das Alter vorzusorgen. Es gibt etwa drei Millionen Selbstständige, die im Alter nicht abgesichert seien. Selbstständige sollen zu einem von drei Dingen verpflichtet werden können: Der Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk, der Absicherung über die Rürup-Rente oder dem Einzahlen in die gesetzliche Rentenversicherung. Meine Pläne werden im Einklang mit dem Koalitionsvertrag stehen. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich dazu aktuell noch keine genaueren Angaben machen kann.
Ich hoffe meine Ausführungen haben Ihnen gezeigt, dass ich an der Zukunftsfähigkeit unsere Sozialversicherungen arbeite und mit meinen Ideen für eine gerechte Altersvorsorge in der Gesellschaft sorgen möchte.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil