Frage an Hubertus Heil von Corinna M. bezüglich Soziale Sicherung
Hallo Herr Heil,
kurze Frage:
Glauben Sie, dass Sie mit den Reformen bei der Erwerbsminderungsrente, die "Richtigen" erreichen? Damit meine ich Betrofffene, die aufgrund Ihres Alters und der Höhe des Einkommens nicht die Rentenpunkte erreichen konnten, wie es Betroffene kurz vor der Altersrente haben?
Von den Altfällen, die bei den letzten Reformen nicht berücksichtigt worden sind, sprechen ich erst gar nicht.
Danke und freundliche Grüße,
C. M.
Sehr geehrte Frau M.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre Frage zur Erwerbsminderungsrente.
Wer in jüngeren Jahren vermindert erwerbsfähig wird, hat in der Regel noch keine ausreichenden Rentenanwartschaften aufbauen können. Damit die Versicherten dennoch eine angemessene Sicherung erhalten, werden bei der aktuellen Berechnung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit den vorhandenen Beitragsjahren Zeiten bis zum Alter von 62 Jahren und drei Monaten hinzugerechnet (Zurechnungszeit).
Nach dem Gesetz zur Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und zur Änderung anderer Gesetze (EM-Leistungsverbesserungsgesetz, BGBl. I S. 2509) wird die Zurechnungszeit für zukünftige Rentnerinnen und Rentner schrittweise weiter bis 2024 auf 65 Jahre verlängert. Das heißt, Erwerbsgeminderte werden ab 2024 so gestellt, als ob sie - entsprechend der Bewertung ihrer Zurechnungszeit - drei Jahre länger als bisher gearbeitet hätten. Die geplante Leistungsverbesserung wird frühestens für diejenigen Versicherten gelten, die ab dem 1. Januar 2018, dem Beginn der schrittweisen Anhebung, in eine Erwerbsminderungsrente gehen beziehungsweise gegangen sind (Rentenzugang).
Der Bundestag hat sich bewusst für eine in die Zukunft gerichtete Maßnahme entschieden. Es liegt aber auf der Hand, dass diejenigen, die das Datum verfehlen und bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen, hierüber enttäuscht sind. Dies lässt sich jedoch bei solchen Regelungen bedauerlicherweise nie vermeiden. Jede andere Abgrenzung würde von anderen Personengruppen, die dann nicht einbezogen sind, wiederum als Härte empfunden. Daher erfolgen Rechtsänderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung – auch im Falle von Leistungseinschränkungen – grundsätzlich nur für die Zukunft.
Zudem sind Stichtage im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nichts Neues. Es liegt grundsätzlich in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, in welchem Umfang und in welcher Weise er Rentenleistungen ändert. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt Stichtagsregelungen als verfassungsgemäß bestätigt. Die Forderung, der Gesetzgeber müsse im Interesse sozialer Gerechtigkeit überall strikte Gleichförmigkeit schaffen, könnte nach seiner Ansicht dazu führen, dass Reformen von vornherein ganz unterbleiben.
Immer muss zudem auch die langfristige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung beachtet werden. Nur mit Hilfe dieser Stichtagsregelung konnten die mit der Verbesserung verbundenen Mehrausgaben in Höhe von mehreren Milliarden Euro auf ein Maß begrenzt werden, das den Finanzierungsmöglichkeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil