Frage an Hubertus Heil von Thomas S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Heil,
international tätige Großkonzerne (z.B. Starbucks, Google, Apple etc.) betreiben in Deutschland milliardenschwere Umsätze, zahlen aber eine im Vergleich zu diesen Umsätzen lächerlich geringe Steuer an den deutschen Staat.
Deutschland verliert jährlich nach Angebe der Organisation Campact rund 17 Milliarden Euro an Steuereinnahmen, weil Großkonzerne ihre Gewinne verstecken.
Frage 1: Finden Sie das gerecht
(gerade im Hinblick auf mittelständig geprägte Unternehmen, die solide ihrer Steuerpflicht nachkommen)?
Die Bundesregierung könnte diese Steuerflucht verhindern, wenn diese im EU-Finanzministerrat für das öffentliche "Country-by-Country-Reporting" (CbCR) stimmen würde. Großkonzerne müssten dann ihre Gewinne aufdecken, damit sie dort Steuern zahlen, wo sie ihr Geld verdienen. Seit Jahrzehnten wird aber ein solches CbCR durch einen massiven Wirtschaftslobbyismus, verhindert, der gerade auch in Deutschland agiert-
https://www.taxjustice.net/wp-content/uploads/2017/11/TJN2017-CBCR-Historical-Roots.pdf
Frage 2: Was halten Sie von "Country-by-Country-Reporting"?
Frage 3: Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Bundesregierung effizient und engagiert für das öffentliche "Country-by-Country-Reporting" arbeitet und im EU-Finanzministerrat für dieses stimmen wird?
Im Fall einer zustimmenden Antwort auf Frage 3 erlaube ich mir Frage 4:
Was werden Sie konkret zeitnah unternehmen um sich für CbCR zu verwenden?
Mit freundlichen Grüßen, T. S.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihr Schreiben in Bezug auf Steuervermeidung sowie die länderbezogene Steuerberichterstattung (Country-by-Country-Reporting, im folgenden CbCR genannt).
Wir akzeptieren keine Steuervermeidungspraxis innerhalb Europas. Das hat die SPD zuletzt im Wahlprogramm 2017 deutlich gemacht. Diese Position haben wir auch in den aktuellen Koalitionsvertrag reinverhandelt, in dem es ganz konkret heißt: „Wir unterstützen eine gerechte Besteuerung großer Konzerne, gerade auch der Internetkonzerne wie Google, Apple, Facebook und Amazon.“
Mit dem sogenannten öffentlichen CbCR soll mehr Transparenz bei der Konzernbesteuerung durch die Verpflichtung zur Erstellung länderbezogener Berichte über ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten, ihre Gewinne und Steuerzahlungen und durch einen automatischen Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden hergestellt werden. Dies soll insbesondere Steuerflucht und die aggressive Steuerplanung von großen Unternehmen erfolgreicher bekämpfen.
Bisher ist eine Offenlegung der entsprechenden Informationen nur gegenüber der Steuerverwaltung verpflichtend. In der letzten Wahlperiode haben wir das Country-by-Country-Reporting zwischen den Steuerbehörden eingeführt. Dazu wurde die Abgabeordnung um eine entsprechende Pflicht für große international tätige Unternehmen ergänzt. Die Pflicht zu einer länderspezifischen Berichterstattung ist – entgegen den in derzeit laufenden Kampagnen zum Teil dargestellten Informationen – also schon in Kraft! Die notwendige gesetzliche Basis für die Offenlegung gegenüber Steuerbehörden, die dann die Ermittlungen aufnehmen, existiert bereits jetzt schon!
Die Besteuerung von Konzernen hängt also – entgegen den Informationen der Kampagnen – nicht von der Zustimmung des Europäischen Rates zu dem Richtlinienvorschlag der Kommission ab, da das Country-by-Country-Reportings zwischen den Steuerbehörden bereits eingeführt wurde.
Bei der angeblich blockierten Richtlinie (Vorschlag für eine RL des EP/der KOM im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragssteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen, Änderung der RL 2013/34/EU) geht es ausschließlich darum, dass man noch einen Schritt weiter geht und das Reporting auch verpflichtend öffentlich macht, und zwar dahingehend, dass die Offenlegung des sogenannten Ertragssteuerinformationsberichts nunmehr auch gegenüber Nicht-EU-Staaten, die auf einer noch zu erstellenden Liste dann stehen, öffentlich wird und eine Veröffentlichung im Internet für mindestens 5 Jahre (sanktionsbewährt bei Verstoß) erfolgen soll.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat, wie auch der ehemalige Bundesminister der Justiz und Verbraucherschutz, Heiko Maas, die Richtlinie stets befürwortet. Wir halten die Vorschläge der Kommission und des Europäischen Parlamentes für gut und unterstützen sie.
Gegen Steuerflucht, unzulässige Steuervermeidungsmodelle und zur Vermeidung der Machenschaften wie die des Panama-Papers-Skandals, ist Transparenz das richtige Mittel, um Unternehmen in die Pflicht zu nehmen und um zu zeigen, dass der Staat die Einhaltung der Steuerpflicht ernst nimmt. Dafür ist Transparenz und öffentliche Kontrolle erforderlich. Die Skandale der letzten Zeit haben zudem gezeigt, dass nur dank Whistleblowern Steuervermeidungs- und Steuerhinterziehungspraktiken öffentlich wurden, weshalb wir deren Schutz verbessern müssen.
Eine Einigung innerhalb der Bundesregierung konnte in der 18. Wahlperiode nicht erreicht werden, so dass eine Abstimmung im Rat zur Richtlinie bisher offen blieb. Grund ist, dass der Union die in der EU-Richtlinie Regelungen zu weit gehen und die Union transparentere Regelungen nicht will. Wir unterstützen aber im Sinne größerer Transparenz die EU-Richtlinie zur Offenlegung von Ertragssteuerinformationen.
Wer also wie Sie, zurecht mehr Transparenz und Steuergerechtigkeit fordert, der sollte sich an CDU/CSU wenden, die weitergehende, notwendige Regelungen blockiert.
Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil