Frage an Hubertus Heil von Egbert C. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Heil,
ich kann Stichtagsregelungen bei sozialen Verbesserungen grundsätzlich nachvollziehen. So auch bei den Anpassungen in der Erwerbsminderungsrente. Ungerechtigkeiten aber, die systemwidrig sind, müssen auch rückwirkend geprüft und für die Zukunft beseitigt werden können! Die mit den gesetzlichen Regelungen per 01.01.2001 eingeführten Erwerbsminderungsrenten waren mit Abschlägen bis zu 10,8% verbunden, falls die Rente vor dem 63. Lebensjahr in Anspruch genommen wurde. Dies gilt sowohl für die Erwerbsminderungsrente als auch für die sich anschließende Altersrente.
Meine Frage an Sie als zuständiger Minister und Abgeordneter der SPD, die sich mehr sozialer Gerechtigkeit verpflichtet fühlt: Mit den Abschlägen wollte der Gesetzgeber damals verhindern, dass Versicherte auf Erwerbsminderungsrenten ausweichen, um sich ungekürzte Rente zu sichern. Erwerbsminderungsrentner ab 60 sollten also ebenso Abschläge auf ihre Rente hinnehmen wie normale Altersrentner, die vorzeitig in Ruhestand gehen. Die Rentenversicherungsträger kürzten aber auch die Erwerbsminderungsrenten für unter 60 - Jährige, obwohl hier wegen eines gesundheitlichen Notstandes von vorgezogener Altersrente absolut keine Rede sein kann. Der sich anschließende Rechtsstreit endete letztlich mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das diese Praxis des Staates nicht inhaltlich wertete, aber unter Maßgabe seiner finanziellen Möglichkeiten für legitim ansah. Als Betroffener, der diese Kürzung lebenslänglich (!!) nun finanziell und moralisch auch in der sich anschließenden Altersrente hinnehmen muss, frage ich, ob Sie sich dafür einsetzen können, bei neuen Regelungen zur Rente auch diese spezielle Benachteiligung eines Kreises von Rentnern seit 2001 (für die Zukunft, nicht rückwirkend!) zu korrigieren, die auf Grund einer gesundheitlichen Situation nicht freiwillig berentet wurden und von einer Regelung betroffen sind, die Sozialschmarotzertum eindämmen sollte. Danke für Ihre Antwort!
Sehr geehrter Herr C.,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben. Die Abschläge haben die Funktion, bei den vorzeitigen Altersrenten und den Renten wegen Erwerbsminderung die längere Rentenlaufzeit auszugleichen. Die besondere Situation von Beziehern einer Erwerbsminderungsrente wird von Gesetzes wegen dadurch berücksichtigt, dass der maximale Abschlag bei Erwerbsminderungsrenten 10,8 % beträgt, während er bei den Altersrenten in Zukunft bis zu 14,4 % erreichen kann.
Es ist darauf hinzuweisen, dass im Jahr 2001 zeitgleich mit der Einführung der Abschläge im Gegenzug die so genannte Zurechnungszeit auf das Alter 60 ausgeweitet wurde: Menschen mit einem Rentenbeginn vor dem 1. Juli 2014 werden bei Eintritt der Erwerbsminderung vor dem vollendeten 60. Lebensjahr bei der Berechnung ihrer Erwerbsminderungsrente so gestellt, als hätten sie bis zum vollendeten 60. Lebensjahr Rentenversicherungsbeiträge mit dem individuellen Durchschnittswert der bisher gezahlten Rentenversicherungsbeiträge gezahlt (nach dem vor 2001 geltenden Recht wurde die Zeit zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr nur zu einem Drittel angerechnet). Durch die Verlängerung der Zurechnungszeit werden in Fällen der Frühinvalidität die Abschläge weitgehend kompensiert.
Herzliche Grüße
Hubertus Heil