Frage an Hubertus Heil von Friedrich W. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Heil,
wie Sie als zukünftiger Minister wissen sollten wird in der BRD wider die Verfassung, wider jegliche Form von Ethik, Moral und Gerechtigkeit ein und derselbe Personenkreis rechtlich, insbesondere monetär völlig ungleich behandelt.
Es handelt sich dabei um Menschen die i.d.R. unverschuldet aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr am Erwerbsleben teilhaben können. Hier lassen sich grob unterteilt drei Klassen eruieren.
Erste Klasse Beamte (ca. 1500 € netto), zweite Klasse die alte Erwerbsunfähigkeit bei Arbeitern und Angestellten im Schnitt weitaus weniger als ex Beamte, trotz Beitragsleistung, und dann der Agenda 2010 Erwerbsminderungsrentner zumeist von Grundsicherung also Sozialhife abhängig.
Wird es bei Ihnen ein weiter so wie bei Ihrer Vorgängerin geben oder eine Reform dahingehend das ein und derselbe Personenkreis auf relativ gleichem monetären Niveau ein Leben in Würde führen kann, oder bleibt es für die meisten EU und EM Rentner bei dem bisherigen Status in Armut bis zum Ableben dahin zu vegetieren und daraus resultierend sukzessive Vereinsamung da ca. 400 Euro monatlich, minus Kosten für Strom, Gas, Telefon, Kleidung, Rücklagen für Reparaturen/Renovierung, Dinge des täglichen Bedarfs etc. eine gesundende Ernährung ebensowenig wie die Teilhabe am sozialen Leben ermöglichen.
Nochmal Herr Heil wird es mit Ihnen als Minister so weiter gehen?
Mit freundlichen Grüssen
F. W.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Soweit Sie die Absicherung des Erwerbsminderungsrisikos in der gesetzlichen Rentenversicherung ansprechen, kann ich Ihre Ansicht nicht teilen, dass hier seitens früherer Regierungen, aber auch aktuell nichts getan würde. Wir haben hier bereits in der letzten Legislaturperiode viel für diejenigen erreicht, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr oder nur eingeschränkt erwerbstätig sein können. Dies wollen wir in dieser Legislaturperiode noch weiter ausbauen.
Nach den Bestimmungen im Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode soll die mit dem EM-Leistungsverbesserungsgesetz beschlossene stufenweise Anhebung der Zurechnungszeit zwischen 2018 bis 2024 vom 62. auf das 65. Lebensjahr beschleunigt und erweitert werden. Hierzu soll die Zurechnungszeit im Jahr 2019 in einem Schritt auf 65 Jahre und 8 Monate angehoben und an-schließend schrittweise weiter entsprechend der Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre verlängert werden.
Soweit Sie meinen, die Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten und damit auch unterschiedlichen Rechtszuständen eine solche Rente in Anspruch nehmen mussten, in „Klassen“ einteilen zu können und dies mit der Forderung verbinden, dass diese Menschen „auf relativ gleichem monetären Niveau ein Leben in Würde führen“ können sollen, verkennt dies vollkommen die Funktion von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die diesen Zweig der Sozialversicherung prägenden Risiken.
Die Höhe einer Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die Lohnersatzfunktion hat, richtet sich vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen. Je mehr Beitragsjahre vorliegen und je höher die versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen sind, desto höher ist die sich aus der jeweiligen individuellen Versicherungsbiografie berechnete Rente und umgekehrt (Prinzip der Lohn- und Beitragsbezogenheit).
Das Rentenversicherungssystems ist nicht darauf ausgelegt, alle Lebensrisiken in ihrer Konsequenz hinsichtlich des Einkommens nach der Beendigung der Erwerbsphase abzudecken. Das würde zumindest die versicherungsbasierten Systeme, insbesondere die gesetzliche Rentenversicherung, überfrachten und die zukünftigen Beitragszahler überfordern. Die gesetzliche Rentenversicherung erfüllt eben nicht die Funktion eines Bedarfsdeckungssystems und wäre zur Erfüllung einer solchen zusätzlichen sozialpolitischen Aufgabe auch - ohne die Funktionsfähigkeit zu gefährden - nicht in der Lage.
Einen Ausgleich in materiellen Notlagen zu gewährleisten, ist Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) oder der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Wir werden uns auch in dieser Legislaturperiode weiterhin dafür einsetzen die Leistungen für diejenigen zu stärken, die die Unterstützung besonders dringend brauchen.
Herzliche Grüße
Hubertus Heil