Frage an Horst-Jürgen Lahmann von Joachim L. bezüglich Finanzen
Für ca. 25000 Beamte und Versorgungsempfänger (Pensionäre, deren Witwen und Waisensollen) soll das Ergebnisse des Arbeitskampfes der Tarifangestellten übernommen werden. Allein die Ruhestandsbezüge kosten uns fast 500 Millionen €, Tendenz für 20 Jahre: steigend! Wer bietet dem Einhalt? Frau Sokol führt die Steigerung der Personalkosten auf 1,63 Milliarden € in ihrem Bericht richtig auf die Steigerungen der Pensionen zurück, da ja die Anzahl der Beschäftigten (auch Beamten gesunken wäre). Gefordert war die Übernahme des Abschlusses durchalle Gewerkschaften, von allen Parteien natürlich auch… wer legt sich schon als Parlamentarier mit den Beamten in der Verwaltung an?! Wählern mithin.
Seltsam nur: diskutiert man mit den Vertretern der Parteien an ihren Wahlständen und schneidet dieses Thema an, stimmen diese zu: Ja, es ist eine ungerechte Entwicklung zwischen Rente und Pension. Ja, es stimmt, dass eine 2,1%-Erhöhung der Gehälter z.B. bei einer Kita-Leiterin 60 € ausmacht, bei einem pensionierten Lehrer aber bis zu 90 € betragen kann. Ja, es stimmt, dass die Tarifangestellten durch ihre Tariferhöhungen ihre spätere Rente nur um wenige Euro steigern, aber ihr Arbeitskampf alle zwei Jahre zu immer weiter auseinanderdriftenden Versorgungen im Alter führt. Ein Durchschnittsrentner in Bremen wird im Juli eine Rentenerhöhung von 25 € erhalten, ein Durchschnittspensionär wird 60 € mehr an Altersbezügen bekommen
Besoldungsanpassungen für die Aktiven: JA
Mehr Polizisten und Lehrer: JA
Aber ein klares NEIN zur automatischen Erhöhung der Pensionen (erstritten durch Arbeiter und Angestellte) um ein Vielfaches der Rentenanpassung!
Vorschlag: reduzieren der Pensionszuwächse auf die höchste erreichbare Rentensteigerung eines Bremer Rentners (Daten liefert die Rentenversicherung). Das entsprechende Besoldungsgesetz ist Ländersache. Die Partei, die das in Angriff nimmt, wird von mir im Mai gewählt! Werde ich „Nicht-Wähler“?
Ihre Position?
Meine Antwort auf Herrn L.:
1. Es gibt zu viele Beamte in Bremen. Das geht, gegen den Widerstand der FDP, auf den Versuch der Sozialdemokraten in den 70-er Jahren zurück, die Arbeitslosigkeit "verbeamten" zu wollen, den öffentlichen Dienst also über Gebühr auszuweiten, statt Impulse für die Entstehung von Arbeitsplätzen außerhalb der öffentlichen Verwaltung zu setzen, was führende SPD-Leute heute nachträglich auch als Fehler ansehen. Es handelt sich um eine wesentliche Ursache für die Haushaltsnotlage Bremens.
2. Diese Folgen werden wir durch Ihre Überlegungen nicht los. Man kann nur langfristig umsteuern: Also bei aller notwendigen Personaleinsparung durch eine echte Verwaltungsreform (die aber bislang durch die unsinnige Übermitbestimmung durch die Personalräte verhindert wird) weniger Beamte, dafür mehr Angestellte einsetzen. Beamte sollten nur dort verwendet werden, wo wirklich hoheitliche Gewalt ausgeübt werden muß (z. B. Justiz, Polizei, Steuerverwaltung etc). Ganz auf sie verzichten sollte man nicht: sie besitzen z. B. kein Streikrecht, was etwa den unsinnigen GDL-Streik wenigstens abmildert, und sind wichtig für eine im Idealfall unabhängige öffentliche Verwaltung, die ja parteipolitisch neutral sein sollte.
3. Zumindest die höheren Beamten sind seit Jahren in Bremen bei Besoldungserhöhungen ausgespart worden. Das war verfassungswidrig, wie das Bundesverfassungsgericht gerade am Beispiel der Richter in Sachsen-Anhalt entschieden hat. Es widerspricht dem Alimentationsprinzip und dem Leistungsgedanken, den ich für unverzichtbar halte. Er kommt auch im Steuersystem, etwa in der Progression, zum Ausdruck.
4. Die Besoldung muß man als Paket sehen: Im Vergleich zur Wirtschaft sind die aktiven Gehälter eher niedrig; das wird durch eine eher attraktive Altersversorgung kompensiert. Das Gesamtsystem ist also nicht prinzipiell ungerecht. Natürlich kann man über Reformen nachdenken, z. B. über Mißbräuche und unerwünschte Ausreißer. Es handelt sich aber um ein tiefgehendes Schiff. Das Problem ist nicht mit dem Federstrich des Fragestellers verträglich lösbar.
5. Am wichtigsten ist die Personalauswahl. Wir brauchen eine Verwaltung, die etwas "unternimmt", also nicht nur sozial, sondern auch unternehmerisch, also wirtschaftlich denkt, motiviert ist und fleißig arbeitet. Es ist dort wie in der Gesellschaft überhaupt: Nötig sind mehr Menschen, die eigenverantwortlich und kreativ handeln. Tun sie das, dann müssen wir sie auch anständig be- und entlohnen. Ihnen nachträglich die Grundlage ihrer Lebensplanung zu entziehen, verbietet der Vertrauensschutz.
Horst-Jürgen Lahmann