Frage an Holger-Michael Arndt von Gerd B. bezüglich Familie
Fragen an die Kandidaten der Wahlkreise zu den Bundestagswahlen:
1. Trifft es zu, dass das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) ausschließlich für die Bürger und Versicherten des Beitrittsgebietes geschaffen wurde, um deren Rentenbelange nach der Wiedervereinigung zu regeln?
2. Waren Ihrer Meinung nach die Deutschen, die vor dem Mauerfall und Wiedervereinigung die DDR verlassen haben und rechtsstaatlich in die alten Bundesländer eingegliedert wurden, zum Zeitpunkt des Beitritts der DDR als DDR-Bürger anzusehen?
3. Die ehemaligen DDR-Flüchtlinge wurden im Zug ihrer Eingliederungsverfahren nach geltendem Recht (Fremdrentenrecht) in die bundesdeutschen Sozialversicherungen übernommen. Die Rentenversicherungsträger haben den Versicherten darüber entsprechende Bescheide erteilt. Können Sie ein Gesetz nennen, das nach erfolgtem Beitritt der DDR die Löschung dieser Rentenanwartschaften und eine Neubewertung nach dem RÜG zulässt bzw. sogar verlangt? Können Sie ein Gesetz nennen, das die Versicherungsträger aus der Pflicht entlässt, die betroffenen Versicherten darüber zeitnah zu informieren, also auf die Versendung entsprechender Aufhebungsbescheide zu verzichten?
4. Der Bundestag ist lt. Grundgesetz der Gesetzgeber. Die Gesetzesvorlagen werden in der Regel von Fachleuten aus den einschlägigen Ministerien erstellt. Gesetzeskraft erhalten diese nach der Verabschiedung durch den Bundestag. Halten Sie es für vertretbar, dass die Exekutive nach der Verabschiedung eines Gesetzes dieses Gesetz eigenmächtig auf eine weitere Zielgruppe anwendet, die bei der Debattierung und Verabschiedung des Gesetzes ausdrücklich ausgeschlossen wurde?
Sehr geehrter Herr Bartmuß,
vielen Dank für Ihre Mail. Ich möchte Ihre Fragen im Zusammenhang beantworten.
Bis heute hat die Bundesregierung keinen Fahrplan zur Entwicklung eines einheitlichen Rentenrechts in Ost und West vorgelegt. Fast zwei Jahrzehnte nach Vollendung der Deutschen Einheit ist die bestehende Situation mehr als unbefriedigend.
Auch die Anhörung des Deutschen Bundestages zu dieser Frage hat bestätigt: Der Handlungsbedarf für eine Angleichung des Rentenrechts besteht und besondere Aufmerksamkeit muss dabei Geringverdienenden gelten.
Die meisten Rentnerinnen und Rentner haben von der Überleitung der Rentenversicherung auf die neuen Bundesländer profitiert. Die im Gebiet der DDR und der neuen Bundesländer erzielten Verdienste wurden und werden hoch gewertet, womit sich für die Berechnung der Renten eine deutlich günstigere Ausgangsbasis ergibt. Die meisten Menschen im Ruhestand haben von der Systematik des westdeutschen Rentenrechts insgesamt profitiert. So werden heute Renten gezahlt, die grundsätzlich den Lebensstandard sichern und an die Entwicklung des Wohlstands angepasst sind. Der Anteil der Menschen, die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung erhalten, liegt im Osten mit 0,7 Prozent sogar etwas niedriger als im Westen mit 1 Prozent.
Für Lohnarbeit in Ostdeutschland werden in der Rentenversicherung Entgeltpunkte (Ost) erworben. Sie werden bei der Festlegung der Renten später mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) multipliziert, wobei der aktuelle Rentenwert Ost niedriger ist als der Rentenwert West. Gleichzeitig erwirbt man für dasselbe Einkommen im Osten mehr Entgeltpunkte als im Westen. Das wird in der Debatte häufig übersehen. Personen, die 1985 10.000 Ost-Mark verdient haben, erhalten für dieses Beitragsjahr so viel Rente, als hätten sie 33.000 DM verdient. Personen, die 2001 im Osten 45.000 DM verdient haben, erhalten dafür genau so viel Rente wie Personen die im Westen 54.000 DM verdient haben.
Diese pauschale Hochwertung der Einkommen führte noch 2007 zu einer Hochwertung um 16 Prozent – unabhängig vom Einkommensniveau der Versicherten. Das ist bereits heute aus gesamtdeutscher Sicht nicht mehr gerecht. Denn auch in den alten Bundesländern existieren strukturschwache Regionen. In einigen Tarifbereichen – wie zum Beispiel für die Beschäftigten des Bundes und der Kommunen im öffentlichen Dienst – gibt es in den neuen Ländern bereits eine Anpassung der Tarife an das Westniveau.
Die unterschiedlichen Rentenberechnungen führen bei Versicherten in Ost und West zu Unzufriedenheit und zementieren gegenseitige Vorbehalte. Ein einheitliches Rentenrecht muss deshalb erreicht werden.
Wir setzen uns dafür ein, dass alle maßgeblichen Größen zur Entstehung und Berechnung der Rente vereinheitlicht werden, das betrifft insbesondere den Rentenwert, die Berechnung der Entgeltpunkte sowie die Beitragsbemessungsgrenze.
Man darf aber nicht übersehen, dass eine Abschaffung der Hochwertung Geringverdienende in den neuen Bundesländern hart treffen würde. Aus diesem Grund setzen wir uns dafür ein, dass die derzeit praktizierte Hochwertung der Entgelte auf Geringverdienende konzentriert wird. Diese Regelung muss aus Gründen der Gleichbehandlung für Versicherte aus Ost und West gelten. Die Hochwertung soll aus Steuermitteln finanziert werden.
Für die Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern, die bereits in Rente sind, soll der Auszahlungsbetrag erhalten bleiben.
Holger-Michael Arndt