Frage an Hermann Otto Solms von Pascal S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Solms,
in der letzten Woche sind uns allen diverse Fälle von Steuerhinterziehung zur Kenntnis gebracht worden. Daher nutze ich diese Gelegenheit, Ihnen einige Fragen zu stellen.
Teilen Sie die öffentliche Meinung der moralisch verkommenen Eliten unseres Landes oder könnten Sie sich eher vorstellen, daß die Steuerhinterziehung nicht vielmehr eine Reaktion auf mangelnde Akzeptanz unseres Steuersystems ist?
Denken Sie, daß man mit einem vereinfachten und gerechteren Steuersystem also auch die Steuerhinterziehung verringern kann?
Wie stehen Sie zu der Tatsache, daß unser Steuersystem hunderte Ausnahmen kennt, um Einzelfallgerechtigkeit zu schaffen, aber niemand in der Lage ist, diese Regelung gänzlich zu durchschauen, sodaß die Steuererklärung eher ein Glücksspiel ist, mit dem Höchstgewinn einer gerechten Steuerlast. Wobei der Jackpot allerdings kaum geknackt wird.
Wie hoch sind die Verwaltungskosten für den Staat und die Unternehmen im Vergleich zu unseren Nachbarstaaten? Kann mit Zahlen untermauert werden, daß unser Steuersystem ein Wettbewerbsnachteil ist?
Danke schonmal im voraus für Ihre Antworten
Mit freundlichen Grüßen
Pascal Scheer
Sehr geehrter Herr Scheer,
ich bedanke mich für Ihre Frage, die Sie mir auf www.abgeordnetenwatch.de gestellt haben.
So wie Sie, war ich in den letzten Wochen über die Aussagen einiger Politiker und die mediale Berichterstattung "in Sachen Steuerhinterziehung" einigermaßen befremdet.
Natürlich ist Steuerhinterziehung eine Straftat -- egal, von wem sie begangen wird. Und das ist auch genau das Problem: Steuerhinterziehung ist in Deutschland längst zum Massendelikt geworden. Ob das Verschieben von Geldern in Steueroasen, komplizierteste Steuer-"gestaltungen", Schwarzarbeit oder Schummeleien bei Entfernungspauschale, Spesenabrechnung und häuslichem Arbeitszimmer -- jeder trickst auf seine Weise und mit ziemlich wenig Unrechtsbewusstsein. An dieser "Rechtsignoranz" der Bürger trägt die Politik die Hauptschuld. Es liegt schließlich in ihrer Verantwortung, dass das Steuerrecht viel zu kompliziert, unverständlich, damit ungerecht ist und zu hoch belastet. Ein Recht, das von vielen Bürgern nicht verstanden und beachtet wird, darf es in einem demokratischen Rechtsstaat nicht geben. Die FDP setzt sich deshalb seit vielen Jahren für einfache und niedrige Steuern ein. Vielleicht schauen Sie mal auf meiner Homepage, Sie finden hier viele interessante Informationen rund um das Thema Steuern. Was Ihre Frage nach den genauen Kosten der Steuerbürokratie betrifft, kann ich Ihnen leider keine belastbaren Zahlen nennen. Mir ist eine Untersuchung des Beratungsunternehmen PWC in Zusammenarbeit mit der Weltbank bekannt, die die Attraktivität von Steuersystemen auch anhand von Steuerverwaltungskosten analysiert. Sie können diese Untersuchung unter dem Titel: "Paying Taxes 2008 - The Global Picture" im Internet finden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hermann Otto Solms