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Hermann Otto Solms
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Frage von Manfred H. •

Frage an Hermann Otto Solms von Manfred H. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Solms,

obwohl sich knapp 80 Prozent der Verbraucher gegen Gentechnik in der Landwirtschaft und in Lebensmitteln aussprechen, plant die Universität Gießen wie im letzten Jahr auf einem Versuchsfeld in Groß-Gerau eine Sortenwertprüfung mit gentechnisch verändertem Mais des Typs MON 810 durchzuführen. Wie ist ihre Meinung zu diesem Thema?

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Hess

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Sehr geehrter Herr Hess,

vielen Dank für Ihre E-Mail, die mir von www.abgeordnetenwatch.de übermittelt wurde und die ich gerne beantwortet habe.

Die Antwort finden Sie auf meiner Hompage http://www.hermann-otto-solms.de "Bürger fragen ...".

Sollten Sie weitere Fragen haben, zögern Sie nicht, mir an meine E-Mail-Adresse hermann.solms@bundestag.de zu schreiben.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Dr. Hermann Otto Solms, MdB

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Anmerkung der Redaktion
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Anmerkung der Redaktion
Dieser Text ist ein Standard-Textbaustein, der die Frage nicht beantwortet. Wir zählen sie daher nicht in der Statistik.
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Sehr geehrter Herr Hess,

vielen Dank für Ihre Email, die mich über die Seite www.abgeordnetenwatch.de erreicht hat.

Auch in diesem Jahr wird die Universität Gießen wieder Wertprüfungen durchführen. Dazu trifft der Projektleiter folgende Aussage: "Um Pollenflug und damit mögliche Auskreuzungen auszuschließen, wird das Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung die männlichen Blütenstände (Fahnen) der gentechnisch veränderten Maispflanzen vor der Blüte entfernen ("Kastration"). Auch wird es selbstverständlich seiner Verpflichtung zu guter fachlicher Praxis nachkommen und auf angemessene Abstände der Felder (mindestens 150 Meter) zu benachbarten Maisfeldern, auf sachgerechte Lagerung und Transport sowie die Vermeidung von Vermischung mit herkömmlichem Saatgut achten."

Wenn die männlichen Blütenstände vor der Ausreifung entfernt werden, kann jeglicher Pollenflug und jegliche Auskreuzung ausgeschlossen werden. Darüber hinaus will die Universität zusätzlich noch die von Minister Seehofer festgelegten (unserer Meinung nach sehr großzügig bemessenen) Abstände (150m bzw. 300m) einhalten. Es gibt ausreichend Erfahrung über das Auskreuzungsverhalten von Mais. Mais hat keine in Deutschland heimischen Kreuzungspartner. Daher kann Mais nur auf Mais auskreuzen, eine Auskreuzung auf heimische Pflanzen ist ausgeschlossen. Die verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen haben gezeigt, dass zur Einhaltung des von der EU für die Kennzeichnung vorgegebenen Schwellenwertes von 0,9 Prozent in der Regel 50 m ausreichend sind.

Die Fragestellung, ob und wieweit Verbraucherumfragen auch das tatsächliche Kaufverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern widerspiegeln, ist sehr spannend. Es sind dazu insbesondere Untersuchungen hinsichtlich der Bereitschaft, Bioprodukte zu kaufen, gemacht worden. In der Tendenz zeigten diese Untersuchungen, dass deutlich mehr Verbraucherinnen und Verbraucher sich für Bioprodukte ausgesprochen haben, als hernach auch diese Produkte gekauft haben. Im Jahr 2005 z.B. ergaben Meinungsumfragen, dass 80 Prozent der Bundesbürger Bioprodukte befürworten, der Marktanteil lag unter fünf Prozent.

Prof. Dr. Wolfgang Wagner von der Universität Linz sagte auf dem Symposium "Gentechnik in der Nahrungskette" im Jahr 2002 in Wien: "Natürlich erheben Meinungsumfragen nur Meinungen und Einstellungen und nicht tatsächliches Verhalten. Dadurch kann auch aus solchen Umfragen nicht auf das Kaufverhalten von GM-food (gentechnisch veränderte Nahrungsmittel) geschlossen werden. Das tatsächliche Kaufverhalten wird in jedem Fall davon abhängen, welche tatsächlichen Vorteile (utility) sie für den Konsumenten bieten und ob diese Vorteile auch wahrgenommen werden können."

Im Herbst 2005 wurden 25.000 EU-Bürgerinnen und Bürger für die Eurobarometer-Umfrage gefragt, wie sicher Lebensmittel seien. Lediglich 8 Prozent der Befragten erwähnten die Gentechnik als einen Punkt, der ihnen beim Nachdenken über Gefahren bei Lebensmitteln spontan einfiel. Sehr viel mehr Personen äußerten Bedenken, wenn sie spezifisch nach ihrer Einstellung zur Gentechnik bei Nahrungsmitteln gefragt wurden. Hier gaben 62 Prozent an, über dieses Thema besorgt oder sehr besorgt zu sein. In Österreich führte die Gentechnik die Liste der möglichen Sorgen sogar an: 69 Prozent der Befragten äußerten Bedenken zu diesem Thema, deutlich mehr als zu Krankheitserregern oder Rückständen in Lebensmitteln. Dieses Resultat stimmt mit den Marktforschungs-Umfragen in Österreich überein, bei denen mehr als 70 Prozent der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten angaben, dass sie bereit wären, für gentechfreie Produkte einen Aufpreis von 10 Prozent zu zahlen.

Die Agrarmarkt Austria Marketing GmbH untersuchte anschließend in einem großen Supermarkt, ob Fleischprodukte bevorzugt wurden, welche etwas teurer (6-10 Prozent), aber deutlich als "aus gentechnikfreier Fütterung" gekennzeichnet waren. Das Resultat: Die "gentechnikfreien" Produkte machten nur etwa ein Fünftel der verkauften Schnitzel und 30 Prozent des Hackfleischs aus. Bei genauerer Nachfrage durch das Personal gab die Hälfte der Konsumenten, die "gentechnikfreie" Produkte auswählte, an, dass die Art der Fütterung für ihren Kaufentscheid keine Bedeutung gehabt hatte. Lediglich ein kleiner Teil der Kunden hatte also bewusst das "gentechnikfreie" Produkt gewählt. Ein weiterer Versuch mit Milch führte zu ähnlichen Ergebnissen. Hier hatten die Kunden die Wahlmöglichkeit zwischen normaler Milch und einer etwas preiswerteren Variante, die deutlich mit "aus gentechnischer Fütterung" gekennzeichnet war. Auch hier bevorzugten die Konsumenten eindeutig das preiswertere Produkt.

Das bedeutet, dass für die überwiegende Mehrheit der Kunden die Frage der Fütterung der Tiere für ihr Kaufverhalten ohne Bedeutung war. Die Ergebnisse von Meinungsumfragen, die eine Ablehnung der Gentechnik im Nahrungsmittelbereich ergeben, können daher nicht als Beleg dafür gewertet werden, dass diese Produkte nicht gekauft würden.

Es gibt verschiedene Umfragen, die nach der Bewertung von Produkten fragen, die unter Anwendung gentechnischer Methoden hergestellt wurden und spezifische Vorteile aufweisen. Ein Beispiel dafür ist die Studie von Frau Prof. Roosen der Universität Kiel. Diese zeigt deutlich auf, dass die Befragten die Anwendung gentechnischer Methoden befürworten, wenn sie sich einen Nutzen vom Produkt versprechen. Auf einzelne mögliche Produkte angesprochen befürworteten unter anderem:
75 Prozent die Herstellung von Humaninsulin (Ablehnung 10 Prozent)
71 Prozent die Stärkekartoffel (Ablehnung 10 Prozent)
49 Prozent einen vitaminangereicherten Reis (Ablehnung 33 Prozent).

Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat aus Anlass seines fünfjährigen Bestehens am 7. November 2007 einen Kongress veranstaltet unter dem Thema: "Rechtfertigen gefühlte Risiken staatliches Handeln?". In der Pressemitteilung schreibt das Institut: "Gefühlte, also nicht wissenschaftlich begründete Risiken, gehören zum gesellschaftlichen Leben und prägen das Verhalten der Menschen im Alltag. Für die Politik sind sie real und dürfen nicht ignoriert werden. Um Krisen zu vermeiden, ist deshalb auch bei einem gefühlten Risiko staatliches Handeln nötig. Eine offene und verständliche Risikokommunikation, welche die Position der Wissenschaft auf der einen und die Positionen der verschiedenen Stakeholder auf der anderen Seite in die Diskussion eines Risikos einbezieht, ist hierbei von zentraler Bedeutung."

Es gibt zahlreiche Beispiele, dass gefühlte Risiken zu Fehleinschätzungen der Verbraucher führen. Prof. von Alvensleben hat auf einem Kongress der FDP-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein anhand zahlreicher Beispiele dargestellt, dass Lebensmittelrisiken häufig von Verbrauchern überschätzt, andere Risiken unterschätzt werden. Ein dramatisches Beispiel ist das Ergebnis der Verbraucherbefragung 2002, in der der Verzehr von Fleisch von BSE-kranken Rindern als genauso gefährlich eingeschätzt wurde wie das Rauchen. Rauchen ist sehr gefährlich, pro Jahr sterben etwa 140 000 Menschen am Rauchen. Prof. Dr. Andreas Hensel hat in seiner Pressemitteilung zum 5jährigen Bestehen des BfR ein anderes Beispiel genannt: "So ist beispielsweise das gefühlte Risiko bei Rückständen von Pestiziden in Lebensmitteln bei deutschen Verbrauchern groß. Selbst wenn gesetzliche Rückstandshöchstmengen eingehalten werden, befürchten viele Menschen gesundheitliche Schäden, wenn sie solche Lebensmittel verzehren. Aus wissenschaftlicher Sicht ist hingegen selbst bei sporadischen Überschreitungen der Höchstmengen kein gesundheitliches Risiko erkennbar. Wird dagegen auf bestimmte Pflanzenschutzmittel wie zum Beispiel auf Fungizide beim Anbau von Getreide verzichtet, können durch Pilzbefall Schimmelpilzgifte ins Korn gelangen. Von diesen Pilzgiften ist bekannt, dass sie Krebs auslösen. Aus wissenschaftlicher Sicht sind daher Getreideprodukte aus pestizidfreiem Anbau wegen der möglichen Belastung mit diesen Giften keineswegs automatisch frei von gesundheitlichen Risiken. Viele Verbraucher empfinden sie aber dennoch als sicher."

Für Politiker bedeutet dies, dass die Ergebnisse von Verbraucherumfragen nicht geeignet sind, als Richtschnur für staatliches Handeln zu dienen. Die Widersprüchlichkeit von Verbraucherumfragen wird auch an folgenden Beispielen deutlich: So meinen über 50 Prozent, dass "gentechnikfrei" gleichbedeutend damit sei, dass ein Produkt keine Gene enthalte und 75 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher sind dafür, dass Dihydrogenmonoxid verboten oder reglementiert werden sollte. Dihydrogenmonoxid ist Wasser.

Von Alexander v. Humboldt stammt der Satz: "Es sind nicht die Tatsachen selbst, die menschliches Verhalten steuern, sondern es ist die Meinung, die sich der Mensch über Tatsachen bildet." Auch wenn Politiker gewählt werden wollen, sind sie in der Pflicht, sich an den Tatsachen zu orientieren und nicht an den Meinungen über Tatsachen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr
Hermann Otto Solms