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Hermann Gröhe
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Frage von Hans R. •

Frage an Hermann Gröhe von Hans R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Gröhe,

am 09.11 haben Sie für die Vorratsdatenspeicherung und Telekommunikationsüberwachung gestimmt.
Sollte dieser Entwurf tatsächlich rechtskräftig werden, haben Sie aktiv dazu beigetragen unserer, in vielen Jahren aufgebauten, Demokratie ihre Wurzeln zu nehmen.

Wie wird sich diese (erschreckende und freiheitsraubende ) Entwicklung ihrer Meinung nach in 10 Jahren weiterentwickelt haben.

Ich möchte ihnen auf diesem Wege noch mitteilen, dass sie mit ihrer Entscheidung für mich als überzeugten Neusser CDU Anhänger, unwählbar geworden sind.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Rubenmeier,

vielen Dank für Ihre eMail über Abgeordnetenwatch zum Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und der Vorratsdatenspeicherung. Auch Sie äußern die Befürchtung, dass durch die Neuregelung gegen demokratische Errungenschaften bzw. rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen würde. Hinsichtlich meiner Einschätzung zur Vorratsdatenspeicherung darf ich auch Sie auf die vorstehenden Antworten verweisen. Dies gilt ebenso für die verfassungsrechtliche Einschätzung zur Telekommunikationsüberwachung, da für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit hier entsprechende Abwägungen gültig sind.

Noch ein weiteres Wort aber zur Telekommunikationsüberwachung: Das Gesetz zum Telekommunikationsrüberwachungsrecht novelliert die geltenden Vorschriften der StPO zur Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen. Außerdem enthält es entscheidende Verbesserungen der Rechte der von Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen Betroffenen, es sorgt damit für grundrechtswahrende Verfahrenssicherungen bei diesen Ermittlungsmaßnahmen.

Die Novellierung war nötig geworden, da sich auch Straftäter zur Begehung von Straftaten modernster technischer Telekommunikationsmethoden bedienen. Diese Entwicklung bringt es mit sich, dass verdeckten Ermittlungsmaßnahmen eine wachsende Bedeutung für die wirksame Bekämpfung dieser Kriminalitätsformen zukommt. Die Erfahrungen aus der staatsanwaltschaftlichen und polizeilichen Praxis haben gezeigt, dass dies mit dem gegenwärtigen Instrumentarium der Strafprozessordnung nicht mehr optimal gewährleistet ist.

Zudem werden mit dem Gesetz verschiedene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Ausgestaltung von verdeckten Ermittlungsmaßnahmen umgesetzt. Das Gesetz sieht deshalb umfassende Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung, zur Kennzeichnungspflicht, zur Löschungspflicht und zur Verwendung von im Wege verdeckter Ermittlungsmaßnahmen erhobener Daten, sowie zur Schaffung wirksamer Rechtsschutzmöglichkeiten in diesem Bereich vor.

So darf etwa die Anordnung einer Telefonüberwachungsmaßnahme grundsätzlich nur durch ein Gericht erfolgen. Sie ist nur zulässig in den gesetzlich benannten Fällen des § 100a StPO (schwere Straftaten), die auf andere Weise wesentlich schwerer oder nicht aufklärbar sind. Die richterliche Anordnung ist auf höchstens drei Monate befristet. Verlängerungen sind nur – ebenfalls auf höchstens drei Monate befristet – möglich, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung fortbestehen. Aufzeichnungen über Gesprächsgegenstände, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, sind unzulässig. Gleichwohl aufgezeichnete Gesprächsinhalte, die diesen Bereich betreffen, sind unverzüglich zu löschen. Nach Beendigung einer Maßnahme sind die davon Betroffenen im Regelfall zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Ermittlungszwecks möglich ist und dabei auf die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme gerichtlich überprüfen zu lassen, hinzuweisen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen verdeutlichen konnte, dass es bei dem Gesetz keineswegs darum geht, einen „gläsernen“ Bürger zu schaffen oder dass damit gar die Möglichkeit geschaffen werden sollte, jeden voraussetzungslos durch staatliche Stellen abhören zu können. Wie in den Schreiben zur Vorratsdatenspeicherung dargestellt, wurde auch im übrigen Bereich dieser Neuregelung entsprechend den verfassungsmäßigen Vorgaben genau zwischen Eingriff und Zweck abgewogen.

Dass für Sie – als bisher überzeugten Neusser CDU-Anhänger – die CDU aufgrund dieses Gesetzesvorhabens nicht mehr wählbar erscheint, bedauere ich wirklich sehr. Ich habe daher versucht, Ihnen in dieser Antwort darzulegen, dass in den Gesetzesberatungen sehr genau abgewogen wurde, welche Eingriffe überhaupt nötig sind, um den – auch von vielen Bürgern geforderten Schutz durch den Staat – vor (neuen) Bedrohungen zu gewährleisten unter Beachtung aller verfassungsrechtlich geschützter und hier betroffener Güter. Leichtfertig handelt bei solchen Vorhaben sicherlich niemand. Sollten Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen selbstverständlich gern für ein Gespräch zur Verfügung. Wenn Sie hieran interessiert sind, können Sie sich gern über mein Wahlkreisbüro ((02131/7188528) über den nächsten Termin meiner Bürgersprechstunde informieren. Es liegt mir sehr daran, gegebenenfalls auch andere Themen, die für Ihre Entscheidung gegen die CDU ausschlaggebend sind, zu besprechen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hermann Gröhe

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