Frage an Hermann Gröhe von Bernd S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Grohe,
mit Erstaunen habe ich festgestellt, dass auch Sie für den Tornadoeinsatz der Bundeswehr gestimmt haben. Ich frage mich, ob Sie es auf den Druck Ihrer Fraktion hin getan haben oder ob sie bei solch einer wichtigen Frage tatsächlich ihr Gewissen befragt haben. Ich sehe einen Trend dahin, Deutschland immer mehr in internationale bewaffnete Einsätze zu verwickeln. Verbot vor einigen Jahren das Grundgesetz noch jegliche Einsätze außerhalb deutscher Staatsgrenzen, wird heute bereits aktiv im internationalen Kriegsgeschehen mitgemischt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine amerikanische Kriegsmaschinerie tatsächlich auf einige deutsche Flugzeuge angewiesen ist um Aufklärungflüge zu veranstalten. Weiterhin sehe ich nicht die deutsche Sicherheit in Afghanistan gefährdet. Einzig und allein der Ausverkauf der deutschen Friedfertigkeit ist offensichtlich. Hinzu kommen imnse Kosten für solch einen Einsatz, gesteigerte Terrorgefahr für Deutschland und die erhöhte Gefahr des Verlustes deutscher Soldaten. Weiterhin ist diese Entsendung klar gegen den Willen des Volkes, viele Umfragen vor der Entscheidung haben dies klar und deutlich gezeigt. Können Sie mir sagen, weshalb sie für die Entsendung der Flugzeuge gestimmt haben?
Gruss
Bernd Schröter
Sehr geehrter Herr Schröter,
haben Sie vielen Dank für Ihre Email vom 11. März 2007, die ich über abgeordnetenwatch erhalten habe und in der Sie nach den Gründen für meine Entscheidung für einen Einsatz von RECCE-Tornados in Afghanistan fragen.
Ich will nicht verhehlen, dass mir diese Entscheidung nicht leicht fiel. Dennoch überwogen für mich nach reiflicher Überlegung und nicht wenigen Debatten in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Gründe, die für diesen Einsatz sprechen:
Wenn Sie schreiben, dass deutsche Truppen vermehrt in internationalen Krisenherden zum Einsatz kommen, dann liegt dies vor allem daran, dass wir damit verpflichtenden Bündnisversprechungen nachkommen. Nicht zuletzt durch die Bekräftigung der Beistandsverpflichtung aus Art. 5 des Nordatlantikvertrages des NATO-Rates am 4. Oktober 2001 war auch die Bundesrepublik Deutschland dazu aufgefordert, im Rahmen der kollektiven Selbstverteidigung zu Maßnahmen der Bündnispartner gegen den internationalen Terrorismus beizutragen. Die Verteidigungspflichten unseres Landes und unsere Bündnisverpflichtungen sind heutzutage angesichts der weltpolitischen Entwicklungen nicht mehr trennbar. Dies bedeutet, dass wir im Falle einer potentiellen Gefahr nicht erwarten können, dass uns unsere Bündnispartner beistehen, wenn wir nicht gleichzeitig unsere zugesagten Pflichten erfüllen. Hierauf sind wir jedoch angewiesen, da sich Deutschland bei einem Angriff nicht allein verteidigen könnte.
Deutschland ist für den Erfolg der Gesamtmission in Afghanistan mit verantwortlich. Mit den Aufklärungs-Tornados wird es besser als bisher möglich sein, Gefahren rechtzeitig zu erkennen, um damit der afghanischen Bevölkerung, aber auch den Verbündeten, und den deutschen Soldaten Schutz zu gewährleisten. Der Schutz erhöht sich damit gleichzeitig auch für alle im Lande eingesetzten zivilen Helferinnen und Helfer, die wertvolle und unverzichtbare Aufbauarbeit im Land leisten. Gerade der Aufbau und die Stabilisierung einer demokratischen Regierung und die nachhaltige Bekämpfung der Taliban in Afghanistan tragen zu einer anhaltenden Eindämmung des internationalen Terrorismus bei.
Nur mit militärischen Mitteln lassen sich die Probleme sicherlich nicht lösen. Gerade deshalb aber verfolgt Deutschland nachdrücklich einen vernetzten und zivil-militärisch angelegten Ansatz und hat so mit Erfolg eine Debatte angestoßen, wie die Strategie zur Stabilisierung der Lage in Afghanistan konstruktiv fortentwickelt werden kann. Hierbei muss es sich um einen politischen Gesamtansatz handeln, der den zivilen Wiederaufbau und die zivil-militärische Kooperation nach dem Vorbild der Regionalen Wiederaufbauteams (PRTs) im Norden verstärkt. Für diesen Ansatz hat die Bundesregierung viel Zustimmung von unseren Verbündeten erhalten.
Entsprechend ist der ganzheitliche Ansatz der Bundesregierung, der gemäß der internationalen Vereinbarungen zu Afghanistan (Bonner Abkommen, Afghanistan Compact) alle Arten von Unterstützungsleistungen für Afghanistan umfasst, in einem gemeinsam mit allen beteiligten Ressorts vereinbarten politischen Konzept eingebettet, welches im September 2006 angepasst wurde. Um eine solche Gesamtstrategie auch finanziell zu ermöglichen, hat die Bundesregierung die Wiederaufbauhilfe für Afghanistan gerade um weitere 20 Millionen Euro aufgestockt.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hermann Gröhe