Frage an Hermann Gröhe von Herbert S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Gröhe,
es ist zu befürchten, dass Außenminister Steinmeier auch im Untersuchungsausschuss bei seiner Linie „in der damaligen Situation gerechtfertigt“ bleibt.
Werden Sie sich im Untersuchungsausschuss damit zufrieden geben oder werden Sie fragen:
1. Warum hat sich erst Bundeskanzlerin Merkel bald nach ihrem Amtsantritt des Falles Kurnaz angenommen und die Entlassung nach Deutschland erreicht?
2. Welche Gründe hatte die Regierung Schröder, auch nach Mitte 2002 und in den Jahren 2003 bis 2005 untätig zu bleiben bzw. auf ein „offizielles“ Angebot der US-Regierung zu warten, statt die „inoffiziellen“ Kanäle auf Arbeitsebene zu nutzen?
3. Wie verhält sich dieses Abwarten zur Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten in anderen Fällen, ebenfalls auf „Arbeitsebene“ (Informationen des zwielichtigen Agenten „Curveball“ und der BND-Mitarbeiter im Irak)?
4. Welche „Spitzenbeamte“ aus Staatskanzlei, Außenministerium und Innenministerium waren an dem Versuch beteiligt, sich in den Besitz des türkischen Passes von Kurnaz zu bringen, um daraus den Aufenthaltsvermerk „physikalisch“ zu entfernen? Wer war für den Versuch verantwortlich, Kurnaz das Aufenthaltsrecht mit der Begründung „Abwesenheit von über einem halben Jahr“ zu entziehen?
5. In welchem Verhältnis steht das Verhalten der Schröder-Regierung im Fall Kurnaz zu den massenhaft erteilten Einreisevisa durch die deutsche Botschaft in Kiew und andere Botschaften? Ist das Außenministerium jemals der Frage nachgegangen, inwieweit die Eingereisten wieder ausgereist sind?
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Strazny
Sehr geehrter Herr Strazny,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 11. Februar 2007, die ich wegen einer zweiwöchigen dienstlichen Auslandsreise erst jetzt beantworten kann.
Die CDU/CSU wird im Untersuchungsausschuss auch weiterhin diejenigen Fragen stellen, die zur Erfüllung des Untersuchungsauftrags, den Sie auf der Homepage des Bundestages unter Bundestagsdrucksache 16/1179 und ergänzend unter Bundestagsdrucksache 16/3191 finden, erforderlich sind.
Wie Sie wissen, beschäftigt sich der Untersuchungsausschuss derzeit mit dem Komplex Murat Kurnaz und hat bereits begonnen, sehr intensiv das Handeln der rot-grünen Bundesregierung in dieser Sache zu erforschen. Dem Untersuchungsausschuss liegen bereits umfangreiche Akten vor, aus denen sich bereits ein Teil der von Ihnen aufgeworfenen Fragen beantworten lässt. Darüber hinaus ist vorgesehen, über die bisher dazu gehörten Zeugen hinaus weitere Zeugen aus dem Auswärtigen Amt, dem Bundesinnenministerium und dem Bundeskanzleramt zu hören. Die Zeugenvernehmung des damaligen Chefs des Bundeskanzleramtes, Dr. Steinmeier, ist für den 8. März 2007 geplant. Natürlich steht zu vermuten, dass er sich vor dem Untersuchungsausschuss so einlassen wird, wie sich dies aus seinen Interviews ergibt, die allerdings den umfangreichen Sachverhalt nur in Teilaspekten behandeln. Das Thema Visa-Erteilung ist allerdings durch den entsprechenden Untersuchungsausschuss in der vergangenen Wahlperiode, eingesetzt auf Betreiben der CDU/CSU, umfassend abgehandelt worden (Bericht ist als BT-Drs. 15/5975 vom 02.09.2005 veröffentlicht).
Da ich zur umfassenden Beantwortung Ihrer Fragen auch auf nichtöffentliche Vernehmungen und vertrauliche Unterlagen zurückgreifen müsste – was ich nicht darf – muss ich Sie um Geduld bis zur Veröffentlichung unseres Abschlussberichtes bitten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hermann Gröhe