Frage an Hermann Gröhe von Frank N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Werter Herr Hermann Gröhe
Nach dem nun schon der zweite BP zurückgetreten ist könnte ich mir vorstellen das man so einiges in der Politik überprüft.
Ist es nicht an der Zeit das Abgeordnetengesetz zu überprüfen?
1. Ich verstehe so wie so nicht das Abgeordnete tausende an Euro zusätzlich verdienen können.
Warum wird diese Aufgaben nicht ehrenamtlich von den Volk bezahlten Abgeordneten nicht ehrenamtlich durchgeführt?
2. Warum sind im Abgeordnetengesetz keine Sanktionen für Verfehlungen festgeschrieben?
3. Warum wird intensive Kontakt zu Lobbyisten den Abgeordneten nicht untersagt.
4. Warum gibt es die sogenannten Parteispenden? Mann könnte auch Schmiergelder dazu sagen? Es gibt niemanden der etwas zu verschenken hat. Das beste beispiel ist doch die sogenannte und bekannte Mövenpickspende. und die damit verbundene Senkung der Mehrwertsteuer für die Hotelbranche. Investitionen können auch mit Krediten bezahlt werden.
Mit vielen Grüße
Frank Neumann
Sehr geehrter Herr Neumann,
haben Sie Dank für Ihre weitere Anfrage vom 18. Februar 2012, die ich mit Interesse gelesen habe.
Zu Ihren Fragen im Konkreten:
Zu 1.:
Selbstverständlich sind alle Mitglieder des Deutschen Bundestages verpflichtet, die Ausübung ihres Mandates in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit zu stellen. Soweit es um die Ihrerseits hinterfragten Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten geht, darf ich darauf hinweisen, dass entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat dem Bundestagspräsidenten anzuzeigen sind. Die Einkünfte müssen für jede einzelne Tätigkeit angezeigt werden, sofern sie mehr als 1.000 Euro im Monat bzw. 10.000 Euro im Jahr betragen. Die Angaben werden in Form von Stufenangaben veröffentlicht. Stufe 1 erfasst einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte von 1.000 bis 3.500 Euro, Stufe 2 Einkünfte bis 7.000 Euro und Stufe 3 Einkünfte über 7.000 Euro. Die entsprechenden veröffentlichungspflichtigen Angaben der Abgeordneten finden Sie für jedes einzelne Mitglied des Bundestages im Seitenbereich „Biografien der Abgeordneten“ unter http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/biografien/index.html , die Regelungen für eine entsprechende Veröffentlichung finden Sie unter http://www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/nebentaetigkeit/index.html . Mit diesen Regelungen wird eine ganz erhebliche Transparenz hergestellt. Andererseits ist es für die Arbeit des Deutschen Bundestages durchaus sinnvoll, wenn durch seine Abgeordneten beispielsweise auch Erfahrungen aus eigener unternehmerischer Tätigkeit oder führender gewerkschaftlicher Verantwortung eingebracht werden können. Soweit Sie die Möglichkeit ehrenamtlichen Engagements ansprechen, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die überdeutliche Mehrheit aller Abgeordneten des Deutschen Bundestages sich ehrenamtlich in vielfältiger Weise in Vereinen, sozialen oder kulturellen Projekten, kirchlichen Gruppen, Wohlfahrtsverbänden, Sportvereinen... für unser Gemeinwesen einsetzt.
Zu 2.:
In der Tat sind im „Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages“ insbesondere die Rechte und Pflichten der Bundestagsabgeordneten festgehalten. Regelungen zu etwaigem Fehlverhalten von Bundestagsabgeordneten finden sich vor allem in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages und deren Verhaltensregeln für Abgeordnete, die Sie gerne unter http://www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/go_btg/index.html einsehen können. Zugleich darf ich darauf hinweisen: Das deutsche Strafrecht gilt selbstverständlich auch für alle Parlamentsmitglieder. Die oft thematisierte politische Immunität schützt das öffentliche Amt der Bundestagsabgeordneten, nicht aber die Amtsinhaberinnen und -inhaber. In Paragraph 108e unseres Strafgesetzbuches ist darüber hinaus ein eigener Straftatbestand „Abgeordnetenbestechung“ enthalten.
Zu 3.:
Alle Mitglieder des Deutschen Bundestages sind auf eine Vielzahl von guten Kontakten zu den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Akteuren angewiesen, um sachgerechte Entscheidungen für unser Land treffen zu können. Kontaktverbote würden kaum zu einer freiheitlichen Gesellschaft passen. Im Übrigen wäre zu klären, welchen Kontakt zu welcher Art von Interessenvertretern Sie wie einschränken wollen. Auch Betriebsräte, Vertreter sozialer und karitativer Organisationen oder Vertreter von Wissenschaft, Sport, den Kirchen und Religionsgemeinschaften… sind „Lobbyisten“ in eigener Sache und zugleich unverzichtbare Stimmen wichtiger Anliegen unserer Gesellschaft. Soll also der Kontakt zu einem Betriebsrat erlaubt, der zu einem Vertreter der Unternehmensführung eingeschränkt werden?
Entscheidend ist für mich, dass alle Bundestagsabgeordneten ihre Aufgaben frei und unabhängig von den Interessen einzelner Personen, Verbände oder Unternehmen etc. erfüllen und jederzeit Auskunft geben müssen über ihre Gründe für eine bestimmte Entscheidung.
Zu 4.:
Die Möglichkeit, Vereine, Einrichtungen und Organisationen, aber auch Parteien durch Spenden zu unterstützen, gehört zu einer freiheitlichen Rechtsordnung und ist Ausdruck von Verantwortung für unser Gemeinwesen. Zur Vermeidung fragwürdiger Abhängigkeiten gibt es für Parteispenden umfassende Transparenzvorschriften. Gerne weise ich Sie darauf hin, dass im § 25 ( http://www.gesetze-im-internet.de/partg/__25.html ) des „Gesetzes über die politischen Parteien“ ( http://www.gesetze-im-internet.de/partg/index.html ) alle rechtlichen Fragen detailliert geregelt sind, die sich im Hinblick auf Spenden an politische Parteien ergeben.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Gröhe