Frage an Hermann Gröhe von Frederik B. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Gröhe,
mein Name ist F. B. . und ich wohne in Neuss.
Meine Frage lautet: Warum verweigern sie den flächendeckenden Mindestlohn.
Sollte ein Mensch der vollzeit arbeitet und sich dabei Mühe gibt, nicht auch von seinem Lohn leben können ? Viele EU Länder haben bereits den Mindestlohn. Dort wurden dadurch keine Arbeitsplätze vernichtet. Und das Argument, dass unser,nebenbei gesagt auf Pump finanzierte, Aufschwung, von dem der normale Bürger eh nichts gespürt hat in Gefahr sei, halte ich auch für falsch.
Dann noch was anderes.
So wie ich das sehe, sinkt unser Schuldenberg ja nicht, sondern er steigt doch ?. In Anbetracht dieser Situation, die Steuern für Reiche zu erhöhen, wäre doch ein sinnvoller Schritt.
Hier ein paar Zahlen : der Reichste 1% der Bevölkerung besitzt ca. 1/3 des Geldvermögens. Ich glaube die obersten 10% 2/3.
Meine Meinung ist, man sollte das Geld dort holen wo es liegt. Denn man kann ja nicht ewig weiter Schulden machen. Irgendwann bricht unser Staat unter den Schulden zusammen. Und dann kann nur ein kleiner Teil der Bevölkerung mit seinem Geld nach Monaco oder in die Schweiz fliehen.
Ich bitte um eine Antwort.
mfg Frederik Braun
Sehr geehrter Herr Braun,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Nachricht vom 9. Februar 2011. Ich habe Ihre Gedanken zu einem gesetzlichen Mindestlohn und zur deutschen Staatsverschuldung mit großem Interesse gelesen. Gerne nehme ich die sich bietende Gelegenheit wahr, um Ihnen meinen Standpunkt zu den genannten Themen zu erläutern.
Selbstverständlich teile ich Ihre Auffassung, dass in Deutschland angemessene Löhne zu zahlen sind. Das gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unabhängig von ihrem jeweiligen Berufsfeld. In verschiedenen Branchen ist dafür ein gesetzlich festgeschriebener Mindestlohn vereinbart worden, z. B. in der Pflegebranche und in der Baubranche.
Gleichwohl ist ein /flächendeckender/ einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn aus meiner Sicht keine geeignete Maßnahme, um angemessene Löhne zu verwirklichen. In Deutschland werden Löhne üblicherweise zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden verhandelt. Dieses Verfahren beruht auf der grundgesetzlich verankerten Tarifautonomie. Dabei sind die genannten Verhandlungspartner für die Lohnfindung und -entwicklung verantwortlich. Dieses Verfahren hat sich immer wieder bewährt, weil die Arbeitnehmerseite und die Arbeitgeberseite gleichermaßen daran beteiligt sind.
Die deutsche Staatsverschuldung zu verringern, ist gegenwärtig und auch in den kommen-den Jahren eine der wichtigsten Aufgaben der Politik. Die Einhaltung der im Grundgesetz festgeschriebenen Schuldenbremse ist dafür eine der wichtigsten Voraussetzungen. Bisher sind wir in Deutschland mit der Haushaltspolitik der von der CDU geführten Bundesregierung besser durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise gekommen als alle unsere Nachbarstaaten. Diesen Kurs erfolgreichen wirtschaftspolitischen Kurs wollen und werden wir fortsetzen.
Im Hinblick auf Ihre Forderung nach einer höheren steuerlichen Belastung für gut verdienende Menschen liegt mir sehr daran zu betonen, dass unser Steuersystem schon heute - und völlig zu Recht - eine erhebliche Ausgleichsfunktion besitzt - auch bei einem Spitzensteuersatz von 42 Prozent, der ja bereits bei einem Einkommen von 52.882 Euro für Ledige bzw. von 105.764 Euro für Verheiratete greift. Zudem ist eine so genannte „Reichensteuer“ bereits von der damaligen Großen Koalition zum 1. Januar 2007 eingeführt worden: Durch diese Maßnahme liegt der Spitzensteuersatz ab einem zu versteuernden Einkommen von 250.001 Euro für ledige bzw. von 500.002 Euro für verheiratete Menschen sogar bei 45 Prozent. Insofern werden - ganz im Sinne Ihrer Anfrage - vermögende Personen in unserem Land steuerlich natürlich ganz anders behandelt als etwa Kleinverdiener oder deutlich weniger vermögende Menschen. So haben im Jahr 2009 die obersten 5 Prozent der Einkommensbezieher (Einkunftsgrenze: 87.910 Euro im Jahr) 39,7 Prozent der gesamten Einkommensteuerlast bzw. die obersten 10 Prozent der Einkommensbezieher (Einkunftsgrenze: 66.820 Euro im Jahr) 52,7 Prozent der gesamten Einkommensteuerlast getragen. Die unteren 50 Prozent der Einkommensbezieher hatten 17,1 Prozent der Gesamteinkünfte und zahlten 6,3 Prozent der gesamten Einkommensteuer. Der Ausgleich führt dazu, dass der Gesamtanteil der verfügbaren Einkommen der oberen 5 Prozent und der unteren 50 Prozent mit 21 Prozent bzw. 22 Prozent fast gleich ist, obwohl die gesamten Vorsteuereinkünfte der oberen 5 Prozent etwa 1,5 mal so groß sind wie die der unteren 50 Prozent.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Gröhe