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Hermann Gröhe
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Frage von Joachim H. •

Frage an Hermann Gröhe von Joachim H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr Herr Bundestagsabgeordneter Gröhe

ich war entsetzt, daß unsere Bundeskanzlerin und CDU Vorsitzende mit Putin und Hu Jintao den großen Sieg der Roten Armee feierte und in Moskau erklärte, die Sowjets hätten Deutschland befreit, die Deutschen seien dafür dankbar und würden diese Befreiung nie vergessen.

http://www.krone.at/Nachrichten/65_Jahre_Kriegsende-Siegesfeier_in_Moskau_mit_riesiger_Militaerparade-Story-199045

Weiß die Kanzlerin und die CDU, nicht, daß erst nach dem 9. 5. 1945 der Genozid an der ost- und sudetendeutschen Bevölkerung richtig begann, das 15 Millionen ihres sämtlichen Hab und Gut beraubt und vertrieben wurden, davon 2 bis 3 Millionen, Wehrlose, oft Frauen, Kinder und Alte umkamen?

(Die Gesamtzahl der Vertriebenen wird von der Bayerischen Staatsregierung auf 15 Millionen angegeben, davon sind mehr als 2, 2 Millionen Todesopfer als Mindestzahl zu beziffern http://www.arbeitsministerium.bayern.de/vertriebene/kulturerbe/index.htm
Allein 3 Millionen Sudetendeutsche wurden vertrieben:
http://www.asch-boehmen.de/d/ort/chronik/vertreibung.htm, http://noe.orf.at/stories/350135/)

Die Rote Armee errichtete bis zum Mauerfall 1989 ein kommunistisches Terrorregime über die Länder Osteuropas. Hunderttausendfache Vergewaltigungen deutscher Frauen fanden nach dem Sieg der Roten Armee statt http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display-mit-Komm.154+M53a69f5f437.0.html

Sind Sie als Bundestagsabgeordneter und Vertreter der CDU auch der Meinung, daß Stalins Truppen Deutschland befreit hätten?

War die siegreiche Rote Armee nicht verantwortlich für den millionenfachen Mord im Osten unseres Landes und Osteuropas?

War die jahrzehntelang dauernde Versklavung der osteuropäischen Staaten eine Befreiung?

Wann gibt es endlich die Gedächtnisstätte für die Vertreibung?

Hat dieses demonstrative Auftreten von Frau Merkel in Moskau der CDU im NRW Wahlkampf Stimmen gekostet?

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Hahn

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Sehr geehrter Herr Hahn,

vielen Dank für Ihre Anfrage über „Abgeordnetenwatch“ vom 20. Mai 2010.

20 Jahre nach dem Ende des Kommunismus in Russland und der Vollendung der Deutschen Einheit mit Zustimmung auch der damaligen sowjetischen Führung unter Gorbatschow hat die russische Führung den 65. Jahrestag des Kriegsendes in Europa unter das Zeichen der Versöhnung gestellt. Anders als in früheren Jahren betonte der russische Präsident Medwedew die internationale Zusammenarbeit: „Nur gemeinsam können wir den aktuellen Bedrohungen etwas entgegensetzen. Nur auf Grundlage einer guten Nachbarschaft können wir die Probleme der weltweiten Sicherheit lösen“. Am Ende erklang die Ode „An die Freude“ von Ludwig van Beethoven als Zeichen für die Versöhnung der Völker.

Die Einladung von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zum Gedenken des Endes des Zweiten Weltkriegs ist eine wichtige Versöhnungsgeste der russischen Führung. Auch der polnische Präsident Komorowski, der israelische Präsident Shimon Peres und der chinesische Präsident Hu Jintao nahmen an der Feier teil. Vor fünf Jahren hatte übrigens auch schon der damalige Bundeskanzler Schröder der Feier zum 60. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs beigewohnt.

Auch bei der historischen Rede des damaligen Bundespräsidenten von Weizsäcker anlässlich des 40. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkriegs gab es eine Diskussion über das Wort „Befreiung“ im Zusammenhang mit dem 8. Mai 1945. Nicht alle Deutschen hatten das angesichts der unermesslichen Kriegsleiden schon 1945 so empfunden. Aber dennoch ist es richtig, dass Deutschland damals vom Nationalsozialismus befreit worden ist. Leider waren die Versuche, die nationalsozialistische Schreckensherrschaft aus eigener Kraft herbeizuführen, gescheitert.

Die Anerkennung der Leiden der Russen bei der Abwehr des Überfalls Hitlers auf die Sowjetunion relativiert nicht das Leid, das unschuldige Deutsche in Folge zu erleiden hatten. Aber es gehört zur historischen Wahrheit, dass der Zweite Weltkrieg vom nationalsozialistischen Deutschland ausging. Das Verbot von Stalin-Plakaten bei der Feier aus Anlass des Kriegsendes und die Anerkennung der stalinistischen Verbrechen von Katyn zeigen, dass das Russland von heute dabei ist, sich auch den dunklen Seiten seiner Geschichte zu stellen. Diesen Prozess gilt es einfühlsam zu begleiten, denn nur wer Lehren aus der Vergangenheit zieht, hat einen guten Kompass für die Gestaltung einer guten Zukunft.

Bitte unterstützen Sie auch in Zukunft unsere Politik der Versöhnung und Partnerschaft mit unseren ehemaligen Kriegsgegnern. Was wir mit unseren westlichen Partnern so erfolgreich geschafft haben, wollen wir aufbauend auf die Zusammenarbeit in den letzten 20 Jahren nun auch Schritt für Schritt mit unserem großen Nachbarn im Osten, Russland, erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Hermann Gröhe

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