Frage an Hermann Gröhe von Sebastian S. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Gröhe,
im Magazin Focus habe ich vor kurzem gelesen, dass die CSU-Landesgruppe innerhalb der Fraktionsgemeinschaft gewisse Privilegien hat, unter anderem ein Vetorecht.
Leider kann ich den Artikel auf der Focus-Seite hierzu nicht finden, habe aber auf einer anderen Seite auf die Schnelle etwas gelesen:
"...Die Christsozialen haben einen Sonderstatus im Bundestag: Der erste Stellvertreter des Unions- Fraktionsvorsitzenden ist ein CSU-Politiker. Außerdem besitzt die CSU bei bestimmten Fragen ein Veto-Recht. ..."
http://www.netzeitung.de/politik/deutschland/1177857.html
Ich würde nun gerne wissen ob die Landesgruppe aus NRW als größter CDU-Landesverband in Deutschland ähnliche Privilegien hat und falls nicht, wieso nicht?
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Schwerdt
Sehr geehrter Herr Schwerdt,
haben Sie Dank für Ihre Nachricht, die ich am 4. September 2009 über abgeordnetenwatch.de erhalten habe.
Es stimmt, dass die CSU-Landesgruppe innerhalb der Gesamtfraktion von CDU und CSU einen gewissen Sonderstatus innehat. Dieser hat seinen Grund in der Tatsache, dass sich hier nicht nur Abgeordnete ein und derselben Partei aus verschiedenen Bundesländern, sondern Abgeordnete zweier unterschiedlicher Parteien zu einer Fraktion zusammengeschlossen haben. Dieser Zusammenschluss richtet sich nach § 10 Abs. 1 Satz 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages („Die Fraktionen sind Vereinigungen von mindestens fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages, die derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die auf Grund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen.“)
Diese Besonderheit findet ihren Niederschlag in der „Vereinbarung über die Fortführung der Fraktionsgemeinschaft zwischen CDU und CSU“, die zu Beginn jeder Wahlperiode beschlossen wird. In diesem Fraktionsvertrag finden sich nicht nur Vorschriften über die Verteilung von Fraktionsämtern und -funktionen. Es sind darin auch bestimmte Vorschriften enthalten, die bei Sachentscheidungen eine besondere gegenseitige Rücksichtnahme der Gruppen verlangen. Denn unabhängig davon, dass die Fraktion in der Praxis für ihre Entscheidungen zwar stets einen Konsens anstrebt, gilt hier das Mehrheitsprinzip.
Einen gewissen Obersatz für die gegenseitige Rücksichtnahme bildet die Nr. 10 Satz 2 des Fraktionsvertrages, der wie folgt lautet: „Grundsätzliche politische Entscheidungen der CDU/CSU-Fraktion erfolgen nur im Einvernehmen zwischen beiden Gruppen“.
Dieser Satz findet im Hinblick auf die föderalen Traditionen der Unionsparteien in Nr. 9 b des Fraktionsvertrages noch eine weitere - allerdings sehr beschränkte - Ausformung. Hier heißt es: „Die CDU/CSU-Fraktion wird keine Grundgesetzänderung ermöglichen, der die CSU-Gruppe aus Gründen der Wahrung der Grundlagen des föderativen Staatsaufbaus widerspricht. Gleiches gilt für Gesetzgebungsvorhaben im Bereich der EU, die die verfassungsrechtliche Zuständigkeit der Länder oder ihre wesentlichen Interessen berühren.“ Dies hat seinen Grund darin, dass die CSU - trotz bundespolitischen Anspruchs - eben nur in Bayern zur Wahl antritt und deshalb ein besonderes Verhältnis zu allen Fragen des Föderalismus in Deutschland hat.
Die Landesgruppe NRW ist zwar eine besonders große und aufgrund ihrer Abgeordnetenzahl auch gewichtige Landesgruppe innerhalb der CDU/CSU-Fraktion. Dennoch hat sie keinen der CSU-Landesgruppe vergleichbaren Status. Zwar bildet sie die größte CDU-Landesgruppe im Vergleich zu den anderen CDU-Landesgruppen. Ihre Mitglieder kommen aber - im Gegensatz zur CSU - nicht aus einer anderen Partei. Allerdings führt alleine schon ihr politisches Gewicht dazu, dass wesentliche Entscheidungen der Gesamtfraktion kaum gegen eine geschlossene Landesgruppe NRW getroffen werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hermann Gröhe