Frage an Hermann Färber von Armin W. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Färber,
ich habe eine Frage an Sie bzgl. JEFTA (Abkürzung für „Japan-EU Free Trade Agreement”).
Laut meinen Information folgt dieses wie alle anderen EU-Handelsabkommen einer eindeutigen Konzernagenda. Allerdings lässt dieses Abkommen sogar CETA (EU-Kanada-Handelsabkommen) alt aussehen: Unternehmen bekommen mit JEFTA viele Sonderrechte, aber keinerlei Pflichten. Soziale und ökologische Standards spielen – wenn – nur eine Nebenrolle. Vom EU-Rat bereits abgesegnet soll das EU-Parlament noch im Herbst 2018 über JEFTA abstimmen.
Mit JEFTA soll die größte Handelszone der Welt entstehen. Wie CETA und TTIP wurde auch JEFTA im Geheimen verhandelt. Die umstrittene Paralleljustiz, mit der Unternehmen Staaten auf entgangene Profite verklagen können, soll über den Umweg eines gesondert verhandelten Investitionsschutzabkommens durchgesetzt werden. Dadurch hebelt die EU das Vetorecht der nationalen Parlamente aus und kann das Abkommen in seiner jetzigen Form im Alleingang verabschieden. Gleichzeitig würde JEFTA eine Art Schattenparlament für Konzernlobbyisten/-innen etablieren: Sie erhalten über die “regulatorische Kooperation” das Recht, an Gesetzen mitzuwirken, noch bevor die Parlamente daran beteiligt sind. JEFTA dient also dem Ausbau und Schutz der Rechte von Konzernen – auf Kosten der Arbeiter_innen, Bauern und Bäuerinnen, Bürger_innen und der Umwelt in der EU und Japan.
Mich würde interessieren wie Sie zu JEFTA stehen und wenn Sie dafür sind welche Gründe Sie in JEFTA sehen die Vorteile für die Bürger bringen, vielen Dank dafür.
Mit freundlichen Grüßen
A. W.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Frage zu JEFTA (Japan-EU Free Trade Agreement).
Das Freihandelsabkommen JEFTA wurde zwischen der Europäischen Union (EU) und Japan am 17. Juli 2018 beim EU-Japan Gipfeltreffen in Tokio von beiden Seiten unterzeichnet. Am 12. Dezember 2018 wurde es durch das Europäische Parlament ratifiziert und ist am 1. Februar 2019 in Kraft getreten.
Es ist ein wichtiges Handelsabkommen, das dem Abschottungskurs des amerikanischen Präsidenten Donald Trump einen offenen regelbasierten Handel mit Japan entgegensetzt und das transnationale Bündnis mit Japan stärkt.
Jedes Jahr exportiert die EU Waren und Dienstleistungen im Wert von 60 bis 80 Milliarden Euro nach Japan. Mit JEFTA fallen Zölle und andere, sogenannte "nichttarifäre Handelshemmnisse" weg, wie etwa unterschiedliche technische Normen für Autos oder Textilien. Das spart europäischen Firmen viel Geld, das in neue Arbeitsplätze, Techniken investieren werden kann und für wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand sorgt.
Zu Ihrer ersten Frage zum Investitionsschutzabkommen muss gesagt werden, dass Handelsabkommen und Investitionsschutz bei JEFTA separat verhandelt werden, d.h. es gibt zwei Abkommen. Während die Verhandlungen zum Handelsabkommen bereits abgeschlossen sind und dieses wie gesagt am 1. Februar 2019 in Kraft getreten ist, sind die Verhandlungen über ein Investitionsschutzabkommen noch nicht beendet. Sollte eine Einigung beim Investitionsschutzabkommen erzielt werden, muss dieses auch von den nationalen Parlamenten ratifiziert werden.
Die EU-Kommission setzt sich mit Unterstützung der Bundesregierung dafür ein, dass das EU-Japan-Freihandelsabkommen Regelungen für einen modernen Investitionsschutz nach dem Vorbild von CETA enthält. Dazu gehört unter anderem ein transparentes Investitionsgericht mit öffentlich ernannten Richtern und Berufungsmechanismus. Wichtig ist auch, dass der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers wie in CETA gewahrt bleibt. Investoren dürfen keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen legitimer Maßnahmen im öffentlichen Interesse erhalten.
Zu Ihrer Kritik, dass die EU das Vetorecht der nationalen Parlamente ausgehebelt und das Abkommen im Alleingang verabschiedet habe, muss ich Ihnen widersprechen.
Die Handelspolitik fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der EU. Dies bedeutet, dass Rechtsvorschriften über Handelsfragen von der EU und nicht von den Mitgliedstaaten erlassen werden. Auch internationale Handelsabkommen werden von der EU geschlossen. Handelt es sich um ein gemischtes Abkommen, das sowohl in die Zuständigkeit der EU als auch in die der Mitgliedstaaten fällt, so darf der Rat es erst schließen, wenn es von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist (siehe obere Antwort zum Investitionsschutzabkommen).
Auch bei Ihrem dritten Punkt und der geäußerten Befürchtung, JEFTA sei eine Art "Schattenparlament für Konzernlobbyisten/-innen die über die "regulatorische Kooperation" das Recht erhalten hätten, an Gesetzen mitzuwirken, noch bevor die Parlamente daran beteiligt sind", kann ich Ihnen sagen, dass sich der Sachverhalt anders darstellt, denn die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen bedeutet lediglich, dass Regulierungsstellen zweier verschiedener Länder oder Regionen zusammenkommen, um
. Erfahrungen und Informationen auszutauschen
. Bereiche zu ermitteln, in denen beiderseits Interesse an gemeinsamer Arbeit besteht
. bei der Entwicklung internationaler Normen enger zusammenzuarbeiten
. zu erörtern, wie vorgegangen werden soll, wenn die Regelungen der beiden Seiten voneinander abweichen oder unvereinbar sind.
Das Abkommen umfasst ein eigenes Kapitel über bewährte Regulierungsverfahren und Zusammenarbeit in Regulierungsfragen. Darin schlägt die EU vor, einen Ausschuss für die Zusammenarbeit in Regulierungsfragen (Regulatory Cooperation Committee, RCC) einzurichten, der sich aus Regierungsvertretern und Regulierungsinstanzen beider Seiten zusammensetzt.
Der RCC wird
. es den Regulierungsstellen ermöglichen, bewährte Regulierungsverfahren, Erfahrungen und Informationen auszutauschen
. bei der Ermittlung von Bereichen behilflich sein, in denen die Regulierungsinstanzen zusammenarbeiten könnten
. die Kooperation in Bezug auf internationale Normen fördern.
Der RCC wird aber keinesfalls
. in der Lage sein, bestehende Regelungen zu ändern
. neue Rechtsvorschriften entwickeln
. über Entscheidungsbefugnisse verfügen
. die Entscheidungsbefugnis der Regulierungsstellen in den EU-Mitgliedstaaten oder auf EU-Ebene einschränken.
Die Regulierungszusammenarbeit erfolgt nach wie vor völlig freiwillig. Sie wird weder für die EU noch für Japan das Recht beeinträchtigen, das jeweils eigene Schutzniveau zur Verwirklichung von Gemeinwohlzielen festzulegen oder zu regulieren. Darüber hinaus gilt das Kapitel nicht für die Regulierungsbehörden in den EU-Mitgliedstaaten oder für die Maßnahmen, Verfahren oder Konzepte, die diese Stellen entwickeln.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Färber