Frage an Helmut Kanand von Diethelm K. bezüglich Familie
Ihre Partei hat sich ja das Thema Soziale Gerechtigkeit auf die Fahnen geschrieben.
Welche sind ihre persönlichen Aussagen zum Thema Rente, Soziale Absicherung von Familien und Alleinerziehenden?
Wie sehen Sie im Moment das Weltgeschehen?
Wie stehen Sie zur Einwanderungspolitik?
Sehr geehrter Herr Koschinsky,
gerne beantworte ich ihre Fragen hoffentlich für Sie noch rechtzeitig vor der Wahl am Sonntag:
1. Rente, soziale Absicherung von Familien und Alleinerziehenden
Bundeskanzlerin Merkel (CDU) und Arbeitsminister Müntefering (SPD) haben in der großen Koalition das Rentenalter auf 67 Jahre erhöht, obwohl heute nur 14% der 64-Jährigen überhaupt einen Arbeitsplatz haben. Die Erhöhung des Rentenalters ist nichts anderes als ein gigantisches Rentenkürzungsprogramm: Wer demnächst mit 65 in Rente geht, dessen Rente wir um 7,2% gekürzt (der sogenannte Abschlag von 0,3% je Monat), wer mit 63 in Rente geht, dessen Rente wir um 14,4% gekürzt. Zusätzlich wird das Rentenniveau von 53% bis 2030 schrittweise auf 43% gekürzt. Eine Rente von 1000 Euro sinkt dann auf 800 Euro. Nach 40 Jahren Arbeit mit einem monatlichen Bruttolohn von 2100 Euro gab es im Jahr 2012 einen monatlichen Rentenanspruch von 783 Euro. Ab 2030 wird dieser Rentenanspruch wegen der Kürzung des Rentenniveaus auf 660 Euro sinken. Vor allem Menschen mit kleinem Einkommen können diese Kürzung der staatlichen Rente nicht durch eine private Rentenversicherung ausgleichen. In Zukunft wird die Altersarmut wegen dieser drastischen Rentenkürzung deutlich zunehmen.
Deshalb fordert die LINKE die Anhebung des Rentenniveaus wieder auf 53% und die Rücknahme der Rente erst ab 67. Die Rente muss wieder ab 65 bezahlt werden. Damit niemand im Alter unter der Armutsgrenze leben muss, fordern wir eine solidarische Mindestrente von 1050 Euro im Monat. Wir wollen eine solidarische Rentenversicherung für alle. Deshalb sollen künftig auch Beamte/innen, Politiker/innen, Freiberufler/innen und Selbständige in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert werden.
Die Erziehung und das Zusammenleben mit Kindern soll steuerlich gefördert und im Rentenrecht ausgeglichen werden. Für die Kindererziehung sollen Müttern oder Vätern für jedes Kind drei Jahre Kindererziehungszeiten in der Rente angerechnet werden, nicht nur für Kinder, die nach 1992 geboren wurden. Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, erhalten Mütter oder Väter heute nur 1 Jahr Kindererziehungszeit angerechnet.
Fast jedes fünfte Kind ist von Armut betroffen, eine soziale Schande für unser reiches Land und eine Katastrophe für jedes betroffene Kind. Die LINKE will Kindern und Jugendlichen ermöglichen, frei von Armut und Ausgrenzung aufzuwachsen. Kinderrechte gehören ins Grundgesetz. Gemeinsam mit zahlreichen Wohlfahrtsverbänden wird sich die DIE LINKE für eine Grundsicherung für alle Kinder und Jugendliche einsetzen. Sie ist am tatsächlichen, verfassungsrechtlichen Existenzminimum der Kinder zu orientieren. Dieses liegt derzeit bei 536 Euro. Als Sofortmaßnahme ist das Kindergeld zu erhöhen: für die ersten zwei Kinder auf 200, für alle weiteren Kinder entsprechend gestaffelt. Die Hartz-IV-Sätze müssen verfassungsgerecht berechnet und entsprechend erhöht, das Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft abgeschafft werden. Das Kindergeld darf nicht auf Transferleistungen wie Hartz IV angerechnet werden.
2. Weltgeschehen
Die Weltwirtschaft ist seit 2007 in der größten Krise seit 80 Jahren. Für alle ist sichtbar: der Kapitalismus erweist sich als unfähig, die brennendsten Probleme der Menschen zu lösen. Millionen Menschen leiden unter Kriegen wie in Afghanistan oder Syrien, Hunderte Millionen haben kein sauberes Trinkwasser oder nicht genug zu essen, viele müssen vor Verfolgung und Unterdrückung fliehen. Die weltweiten Maßnahmen zur Verlangsamung des Klimawandels sind völlig unzureichend. In Europa zwingt die Regierung Merkel mit dem Fiskalpakt anderen Ländern Massenentlassungen, Lohn- und Rentenkürzungen sowie Sozialabbau im Gesundheitswesen auf. In Europa werden immer mehr Menschen, besonders Jugendliche arbeitslos. Die LINKE hat als einzige Partei im Deutschen Bundestag die vermeintliche "Eurorettung" und den Fiskalpakt abgelehnt. Gerettet werden nicht Staaten oder Menschen, sondern Banken und Vermögende. Weltweit werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer. Krieg schafft keinen Frieden. Deshalb fordert die Linke die sofortige Beendigung der Auslandseinsätze der Bundeswehr und ein Verbot von Waffenexporten.
3. Einwanderungspolitik
Ihre Frage, "Wie stehen Sie zur Einwanderungspolitik?" ist relativ allgemein und lässt leider nicht erkennen, welchen Aspekt der Einwanderungspolitik Sie meinen.
Das Netzwerk Migration in Europa e. V. hat auf seiner Website
http://www.migration-info.de/artikel/2013-08-11/deutschland-zuwanderung-den-wahlprogrammen-2013-0
Aussagen der Parteien zur Bundestagswahl veröffentlicht, die ich für Sie als Antwort zitiere:
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"LINKE: Die Linke setzt sich für eine Migrations- und Integrationspolitik ein, die allen in Deutschland lebenden Menschen die gleichen Rechte auf soziale und politische Teilhabe verschafft, ohne sie nach ihrer „Nützlichkeit“ für den Markt zu bewerten. Statt einer Auslese mittels Punktesystem will sie die Zuwanderung nach Deutschland nicht begrenzen, sondern die Visumpflicht möglichst generell aufheben. Sprachtests (vgl. S. 3) will sie durch freiwillige Integrations- und Sprachkurse ersetzen und Migranten Zugang zu Bildung, Arbeitsmarkt und sozialen Dienstleistungen gewährleisten. Alle Zuwanderer sollen an Wahlen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene teilnehmen und im Falle der Einbürgerung ihre alte Staatsangehörigkeit behalten dürfen. Außerdem fordert die Linke die rechtliche Umsetzung des Assoziationsabkommens zwischen der Türkei und der EU. In Fragen der Asylpolitik fordert die Linke eine humane Flüchtlingspolitik auf deutscher und europäischer Ebene. Auch sollen die Rechte von hier lebenden Asylbewerbern und Geduldeten gestärkt werden."
In der Hoffnung, ihre Fragen zu ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Ihr
Helmut Kanand