Frage an Helga Kühn-Mengel von Angelika Reichel - M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Kühn-Mengel
Auf Grund der neuen Gesundheitsreform ab dem 01.01.2009 wurde mir von meiner Krankenkasse ( TK ) mitgeteilt, dass mein Mann und ich als kronisch Erkrankte und Teilnehmer an den DMP, in Zukunft nicht mehr 60 € pro Person und Jahr zahlen, sondern 850 €. Damit fällt der Bonus für uns kronisch Kranke völlig weg. Das allein ist schon schlimm genug. Wir werden uns diesen Betrag noch leisten können. Aber was machen all die anderen Menschen, denen es nicht so gut geht wie uns?! Auch meine schwer geistig behinderte Tochter die in einer Werkstatt arbeitet, wird mit 1% ihres Einkommens zur Kasse gebeten.
Gerade bei uns Diabetikern hat der Wegfall des Bonus verherende Auswirkungen. Viele sind nur in das DMP gegangen, weil sie durch regelmäßige Arztbesuche auch eine Befreiung von den Zuzahlungen erhielten.
Dazu habe ich noch das Glück in Westfalen-Lippe zu wohnen. Hier verbietet die KVWL ihren Hausärzten uns Diabetikern Humalog zu verschreiben, obwohl die Kassen Rabatverträge mit den Herstellern abgeschlossen haben. Eine Anfrage zu diesem Thema habe ich schon vor 1 1/2 Jahren gestellt, aber noch keine Antwort erhalten.
Nun werden wir auch noch höhere Kassenbeiträge zahlen. Sehr schön!!!!! Weniger Leistung aber mehr Geld. Leider bin ich mir absolut darüber im klaren, dass auch ein Brief an Sie nichts ändern wird. Wenn ich Glück habe, werden Sie diese E-Mail vielleicht noch selbst beantworten, oder wenigstens lesen. Dafür möchte ich mich schon jetzt im Voraus bedanken. Über eine Antwort würde ich mich trotzdem freuen.
Mit freundlichem Gruß Angelika Reichel - Müller
Sehr geehrte Frau Reichel-Müller,
zu Ihrer Frage vom 7. Oktober 2008 möchte ich zunächst auf das Telefongespräch vom 8. Oktober 2008 verweisen, das eine Mitarbeiterin meiner Geschäftstelle mit Ihnen geführt hat. Damit müssten die Sachfragen eigentlich geklärt gewesen sein, der Vollständigkeit halber, nehme ich gerne auch noch einmal schriftlich zu Ihrem Anliegen Stellung.
Sie haben von Ihrer Krankenkasse die Auskunft erhalten, dass aufgrund der Gesundheitsreform ab Januar 2009 die Vergünstigungen wegfallen, die Sie bisher im Rahmen der Teilnahme an einem Disease Management Programmen (DMP) erhalten haben. Für Sie persönlich bedeute dies, dass Sie nun nicht mehr 60 € pro Person und Jahr an Zuzahlungen leisten müssen, sondern 850 €.
Grundsätzlich möchte ich bemerken, dass ich die Einführung von Disease Management Programmen ausdrücklich begrüße, da strukturierte Behandlungsprogramme dazu beitragen können, die medizinische Versorgung von chronisch Kranken zu verbessern. Chronische Krankheiten erfordern eine besonders gut abgestimmte kontinuierliche Behandlung und Betreuung. Dem wird durch die speziell zugeschnittene Behandlungsprogramme Rechnung getragen.
Im Rahmen dieser Programme werden Behandlungsmethoden eingesetzt, die in wissenschaftlichen Studien auf Wirksamkeit, Sicherheit und Nutzen überprüft worden sind. Die Patienten erhalten dadurch eine Versorgung, die das Risiko von Folgeschäden und Verschlechterungen ihrer Krankheit soweit wie möglich verhindert und ihre Lebensqualität verbessert.
Die Teilnahme an diesen strukturierten Behandlungsprogrammen für chronisch Kranke ist freiwillig. Kein Patient wird dazu verpflichtet. Auch die Teilnahme des Arztes am DMP beruht auf freiwilliger Basis. Eingeschriebene Patientinnen und Patienten können allerdings sicher sein, dass sie optimal versorgt werden: In diesen Programmen arbeiten Ärztinnen und Ärzte aus verschiedenen Fachrichtungen und Versorgungssektoren sowie Heilberufler koordiniert zusammen und behandeln nach dem neuesten Stand der Wissenschaft. Es werden Medikamente eingesetzt, die in langjährigen wissenschaftlichen Studien auf Wirksamkeit, Sicherheit und Nutzen überprüft worden sind. Die Patientinnen und Patienten erhalten somit eine Versorgung, die das Risiko von Folgeschäden und akuten Verschlechterungen der Krankheit so weit wie möglich verhindert.
Die Krankenkassen können eingeschriebenen Patientinnen und Patienten darüber hinaus einen Bonus auf Zuzahlungen geben oder Prämien anbieten. Die Krankenkassen legen selbst fest, welche Zuzahlungsnachlässe oder Prämien sie teilnehmenden Patientinnen und Patienten anbieten. Die konkrete Ausgestaltung der Programme wird jeweils regional von den Krankenkassen mit Ärzten und anderen Leistungserbringern verhandelt und anschließend vom Bundesversicherungsamt (BVA) im Hinblick auf die Einhaltung der Qualitätsanforderungen an die Programme überprüft und zugelassen.
An dieser Stelle bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich zur Ausgestaltung einzelner DMPs nicht Stellung nehmen kann, da es sich bei diesen, wie erwähnt, um regionale Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern handelt. Eine gesetzliche Regelung aufgrund der Gesundheitsreform, die es den Krankenkassen verbietet ihren Versicherten, die an einem DMP oder auch Hausarztmodell teilnehmen, die bisher in Aussicht gestellten Vergünstigungen weiterhin zu gewähren, gibt es aber nicht. Aus vielen der an mich gerichteten Anfragen weiß ich jedoch, dass einige Kassen DMPs und/oder Hausarztmodelle verändert bzw. ganz gekündigt haben und deren Ausgestaltung überarbeitet und neu verhandelt wird.
Was kann ich Ihnen in dieser Situation raten?
Mit der Gesundheitsreform wurde der Wettbewerb zwischen den Kassen verstärkt. Deshalb können die Kassen viel stärker als bisher ihre Möglichkeiten zur Vertrags- und Tarifgestaltung nutzen, um Kosten zugunsten ihrer Versicherten einzusparen. Die Reform zielt darauf ab, die Möglichkeiten der Krankenkassen zu erweitern, den Versicherten entsprechend der unterschiedlichen Präferenzen differenzierte und qualitativ hochwertige Angebote zu machen:
Krankenkassen bieten für chronische Krankheiten strukturierte Behandlungsprogramme als Wahltarif an – zum Beispiel für Diabetes, Herz- Kreislauf-Erkrankungen oder Asthma. Krankenkassen, die Programme zur integrierten Versorgung und Modellverfahren anbieten, haben hierfür ebenfalls einen Wahltarif. Unter den Wahltarif für Modellverfahren fallen Programme, in denen neue Behandlungsformen getestet werden – zum Beispiel gegen chronische Rückenschmerzen. In Programmen zur integrierten Versorgung profitieren beispielsweise Krebspatienten oder Versicherte mit Hüftproblemen von einer besser vernetzten Versorgung durch Ärzte, Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen. Oftmals sind derartige Angebote mit Sonderleistungen verbunden, beispielsweise der Befreiung von der Praxisgebühr.
Ich empfehle Ihnen deshalb bei der TK nachzufragen, welche Möglichkeiten diese derzeit bietet. Auch lohnt es sich, die Angebote anderer Krankenkassen zu vergleichen und zu prüfen, welches Angebot am besten zu Ihren Wünschen und Bedürfnissen passt.