Portrait von Helga Kühn-Mengel
Helga Kühn-Mengel
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Helga Kühn-Mengel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Karl P. •

Frage an Helga Kühn-Mengel von Karl P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kühn-Mengel,
warum wurde Afghanistan wieder als sicherres Herkunftsland eingestuft, obwohl das Bundeswehrmandat dort verlängert wird und sogar aufgestockt wird?
Dadurch werden die armen Flüchtlinge aus Afghanistan gegenüber den Syrern benachteiligt. Da wir ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe tätig sind, würden wir uns sehr über eine Antwort freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Karl Passmann

Portrait von Helga Kühn-Mengel
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Passmann,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 02.12.2015. Bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen erst jetzt antworte. Aber die Verspätung ist leider den vielen Terminen und Sitzungswochen vor Weihnachten geschuldet. Ich bitte daher um Ihr Verständnis.

Nun zu meiner Antwort auf Ihre Frage, warum Afghanistan als sicheres Herkunftsland eingestuft wurde:

Im Rahmen des Asylpaketes, das im letzten Jahr beschlossen wurde, wurden die Westbalkan-Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft. Dazu zählen Albanien, Kosovo und Montenegro. Aussichtslose Asylanträge von Antragstellern aus diesen Staaten können jetzt durch den Beschluss schneller bearbeitet werden. Somit kann auch der Aufenthalt in Deutschland in kürzerer Zeit beendet werden.

Afghanistan zählt nicht zu den sicheren Herkunftsländern. Vielmehr ist Fakt, dass sich nach dem Ende der NATO-Mission ISAF Ende 2014 die Sicherheitslage in Afghanistan im Jahr 2015 verschlechtert hat. Sie weist regional starke Unterschiede auf, die sich jedoch kurzfristig immer wieder erheblich verändern können. Ein Beispiel dafür ist die zwischenzeitliche militärische Einnahme von Kundus durch Taliban-Kräfte vor wenigen Wochen.

In der Hälfte aller Distrikte des Landes wird die Bedrohung durch die Taliban als jeweils erheblich bis hoch bewertet. Aufgrund dieser Situation sind allgemeine Aussagen über sogenannte gefährliche und sichere Gebiete kaum möglich. Damit bleibt eine sorgfältige Einzelfallprüfung bei Asylanträgen unabdinglich. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem völkerrechtlichen Grundsatz des Refoulment-Verbotes. Es ist als Grundprinzip des humanitären Umgangs mit Flüchtlingen anerkannt.

Vor diesem Hintergrund muss im Rahmen des Asylverfahrens und vor einer direkten Rückführung im Einzelfall geprüft werden, ob dem Betroffenen in Afghanistan Verfolgung droht oder ob Abschiebungs-hindernisse bestehen.

Auf die verschlechterte Sicherheitslage in Afghanistan verweisen auch die Asyllageberichte, die die Landesinnenbehörden als eine Quelle für ihre Rückführungsentscheidungen heranziehen.

Für 2015 sehen die Zahlen wie folgt aus:
• Im Jahresverlauf 2015 reisten 82.817 afghanische Staatsangehörige nach Deutschland ein, davon allein im Oktober 2015 insgesamt 31.051 Menschen.
• Afghanische Staatsangehörige machen 10,92% aller Asylsuchenden aus.
• Die Anerkennungsquote liegt bei 43%.
• Die meisten abgelehnten Bewerber genießen jedoch Duldung.
• Vollziehbar ausreisepflichtig sind zum Stichtag 30. September 2015 nur 898 Personen. Von Januar bis September 2015 erfolgten nur sieben Rückführungen nach Afghanistan.

Mit der Verlängerung des laufenden RSM-Mandates der Bundeswehr in Afghanistan ist beabsichtigt, durch Beratung und Ausbildung die afghanischen Sicherheitskräfte zu befähigen, die Sicherheit im Land für die Menschen langfristig herzustellen und zu garantieren. Damit leistet die internationale Gemeinschaft auch einen Beitrag, dass die Menschen in Afghanistan verbleiben können und wollen.

Abschließend möchte ich Ihnen für Ihr Engagement in der Flüchtlingshilfe danken. Ich weiß es sehr zu schätzen, denn ohne die ehrenamtliche Unterstützung von vielen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland wäre die Herausforderung der Flüchtlingssituation nicht zu meistern. Ganz herzlichen Dank also!

Mit freundlichen Grüßen

Helga Kühn-Mengel, MdB