Frage an Helga Kühn-Mengel von Wilfried G. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Kühn-Mengel,
das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 25.8.2004 (AZ: B 12 KR 22/02 R) entschieden, dass für die Zeit der Freistellung in der Altersteilzeit Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nur nach dem ermäßigten Beitragssatz zu entrichten sind, da für diese Zeit der Krankengeldanspruch ruht.
Ich habe dies in der Freistellungsphase in Anspruch genommen.
Nun bin ich in Rente und stelle fest, dass wieder der volle Beitragssatz erhoben wird, obwohl ich als Rentner ebenfalls keinen Anspruch auf Krankengeld habe.
Womit ist wird diese Ungleichbehandlung von Rentnern und Pensionären begründet?
Mit freundlichen Grüssen
Wilfried Gimborn
Sehr geehrter Herr Gimborn,
vielen Dank für Ihre Frage vom 01. Juli 2009, die die Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bei Rentnern betrifft. Sie beziehen sich dabei auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 25. August 2004
(AZ B 12 KR 22/02 R), wonach bei der Altersteilzeit für die Zeit der Freistellung, Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nur nach dem ermäßigten Beitragssatz zu entrichten sind, da für diese Zeit der Anspruch auf Krankengeld ruht. Für die Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge bei Rentnern werde jedoch der allgemeine Beitragssatz zugrunde gelegt, obwohl auch diese keinen Anspruch auf Krankengeld haben. Sie möchten wissen, womit diese Ungleichbehandlung von Rentnern und Pensionären begründet ist.
Sie sprechen die Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes bei der Beitragsbemessung aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung an. Grundlage für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge aus Renten ist nach § 247 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der allgemeine Beitragssatz, den die Bundesregierung zum 1. Januar 2009 bundeseinheitlich festgelegt hat.
Dieser Beitragssatz beträgt 15,5 Prozent. Er setzt sich zusammen aus einem vom Rentenversicherungsträger und Rentner hälftig zu finanzierenden Beitragssatz in Höhe von 14,6 Prozent sowie einem Anteil von 0,9 Beitragssatzpunkten, der nur von den Mitgliedern der Krankenkassen zu tragen ist.
Aus dem Umstand, dass Rentnerinnen und Rentner keinen Krankengeldanspruch haben, könnte zwar herzuleiten sein, dass sich der Beitragssatz für die Rente nicht an dem allgemeinen Beitragssatz, sondern an dem „ermäßigten“ Beitragssatz, der nach § 243 SGB V für alle Versicherten ohne Krankengeldanspruch gilt, orientiert.
Der Gesetzgeber sah es jedoch als unumgänglich an, bei der Beitragsbemessung aus Renten und Versorgungsbezügen den allgemeinen Beitragssatz zu Grunde zu legen. Hintergrund dieser gesetzgeberischen Entscheidung war, dass die Beiträge der Rentner die für sie entstehenden Leistungsaufwendungen im Jahr 2002 nur noch zu circa 44 Prozent durch die von ihnen gezahlten Beiträgen gedeckt wurden (Anmerkung: im Jahre 1973 waren dies noch zu rund 72 Prozent). Diese „Finanzierungslücke“ ist im Rahmen der Solidargemeinschaft der Versicherten auszugleichen.
Zwar haben auch die heutigen Rentner während ihres Arbeitslebens die damaligen Rentner mitfinanziert. Wegen der damals niedrigeren Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung war der von ihnen zu tragende prozentuale Anteil an den Leistungsaufwendungen, die in der Zwischenzeit auch erheblich gestiegen sind, aber erheblich geringer als der, der heute von den übrigen Beitragszahlern aufgebracht werden muss.
Um zu verhindern, dass dieser Anteil noch weiter steigt, ist es erforderlich, dass auch Rentner Beiträge nach dem allgemeinen Beitragssatz zahlen.
Dies ist Ausdruck der Solidarität zwischen den Generationen.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Bemessung von Beiträgen aus Versorgungsbezügen (vgl. Urteile vom 24. August 2005, B 12 KR 29/04 R; 13.06.07, B 12 KR 18/06 R; 12. November 2008, B 12 KR 7/08 R) und Renten (vgl. Urteile vom 18. Juli 2007 , AZ: B 12 R 21/06 R, BSGE 99, 1; vom 21. Januar 2009 , AZ: B 12 R 1/07 R und B 12 R 11/06 R) begegnet die Erhebung des allgemeinen Beitragssatzes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Bezogen auf die Regelung des § 247 SGB V war der Gesetzgeber nicht gehindert, eine beitragsrechtliche Sonderregelung für Rentner zu schaffen. In seinen Entscheidungen hat das BSG immer wieder betont, dass die Erhebung des allgemeinen Beitragssatzes nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Finanzierung der Aufwendungen für das - im Wesentlichen von den Arbeitnehmern - in Anspruch genommene Krankengeld stand. Eine verstärkte Beteiligung von Rentner an der Finanzierung der auf sie entfallenden Leistungsaufwendungen sei angemessen. Die Stabilisierung des Beitragssatzes in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung und die Intention des Gesetzgebers die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten ökonomischen und demografischen Rahmenbedingungen anzupassen seien verfassungsrechtlich legitime Ziele. Die nachteiligen Folgen von Beitragserhöhungen für Wachstum und Beschäftigung dürften als bedeutsam angesehen und die Auswirkungen steigender Arbeitskosten auf die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechend gewichtet werden. Im Hinblick auf den Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs bestehe grundsätzlich ein weiter gesetzgeberischer Gestaltungsspielraum bei der Anpassung rentenrechtlicher Positionen
(vgl. hierzu nur BSG vom 21. Januar 2009, B 12 R 11/06 R).
Eine Änderung der geltenden Rechtslage kann ich Ihnen daher nicht in Aussicht stellen.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen mit dieser Information beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Helga Kühn-Mengel