Frage an Heinz Schmitt von Jörg J. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Schmitt,
Die Bahn gehört doch dem deutschen Volk oder?
Warum wird das Volk nicht gefragt ob es die Bahn verkaufen möchte?
Was soll der Quatsch mit der Volkaktie? Wie kann man etwas was dem Volk schon gehört nochmal an das Volk verkaufen?
Und was mich brennend interessieren würde ist die Frage wer denn die sogenannten Käufer sein werden? Die Lobbyisten waren im Bundestag bestimmt schon aktiv und daher dürfte wohl jeder Abgeordnete wissen wer die potentiellen Käufer sind.
Was sagen Sie zum vorgesehenen Verkaufspreis und dem tatsächlichen Wert?
Ist es nicht an der Zeit eine Volksabstimmung diesbezüglich durchzuführen?
Das mit der Bahnprivatisierung kann nicht im Sinne der SPD sein, auch wenn Herr Beck diesbezüglich schon fast die Vertrauensfrage auf dem Parteitag gestellt hat.
Bitte bei der Antwort nicht die Vorteile billiger Zugfahrten hervorheben, wohin das führt haben wir bei der Liberalisierung des Energiesktors gesehen. Und das England bezüglich der Privatisierung wieder zurücksteuert zeigt ja auch deutlich, dass es der falsche Weg war.
Warum lässt sich die SPD von der Wirtschaft so vor den Karren spannen?
M.f.G
Jahraus Jörg
Sehr geehrter Herr Jahraus,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Teil-Privatisierung der Deutschen Bahn (DB AG).
Die Bahn steht vor großen Herausforderungen. In Zukunft soll in ganz Europa mehr Verkehr auf die Schiene gebracht werden. Um dies leisten zu können, benötigt das Unternehmen Geld für Investitionen. Wir stehen jetzt vor der grundsätzlichen Frage, wer diese Investitionen bezahlen soll – Steuerzahler oder private Investoren?
Gegenwärtig werden ganz unterschiedliche Modelle einer Privatisierung diskutiert. Wie hoch die Einnahmen bei einer möglichen Privatisierung sein werden, hängt sehr stark davon ab, wie viele Bahnanteile in welcher Form ausgegeben werden. Sollte aber tatsächlich ein Teil der Bahn privatisiert werden, werden die Einnahmen mehrere Milliarden Euro betragen. Wohlgemerkt, dieses Geld spart der Steuerzahler!
Auf der anderen Seite besteht aber auch die Gefahr, dass eine privatisierte Bahn unrentable Strecken schließen wird, weil sie die Rendite-Erwartungen der privaten Investoren erfüllen muss. Für mich ist aber wichtig, dass die Bahn auch weiterhin als Verkehrsmittel in der Fläche erhalten bleibt. Gerade die ländlichen Regionen dürfen nicht abgehängt werden! Bei einer Privatisierung der Bahn muss auch dieser Punkt beachtet werden.
Das so genannte „Volksaktien-Modell“, das die SPD auf ihrem Parteitag in Hamburg beschlossen hat, bietet dazu eine Lösung an. Demnach sollen Bahnanteile nur als „stimmrechtslose Vorzugsaktien“ ausgegeben werden. Das bedeutet, die Anteilseigner verzichten auf das Mitspracherecht und erhalten dafür eine sichere Dividende.
Diese Anlageform ist eher für Kleinanleger interessant. Deshalb ist ihr Vermutung unbegründet, dass die Käufer der Bahn stünden bereits feststehen. Doch selbst wenn es Großaktionäre gäbe, könnten diese die unternehmerischen Entscheidungen nicht direkt beeinflussen, da sie ja auf der Hauptversammlung kein Stimmrecht haben. Die vielzitierten „Heuschrecken“, die sich in Unternehmen einkaufen und diese nach dem Prinzip des maximalen Profits und nach ihren Anforderungen umbauen, wären damit abgewehrt!
Neben der Ausgabe von „stimmrechtslose Vorzugsaktien“ wurden in Hamburg zudem Maßnahmen beschlossen, die ein leistungsstarkes und flächendeckendes Bahnangebot gewährleisten sollen:
- Die Bahn AG muss sich bei der Pflege des Netzes und der Bahnhöfe an konkrete Vorgaben halten.
- Über Zustand und Entwicklung des Bahnnetzes ist mit einem regelmäßigen Bericht genaue Auskunft zu geben.
- Die Länder erhalten mehr verkehrspolitischen Einfluss.
Damit werden etliche Einwände der Kritiker bisheriger Pläne aufgegriffen. Ich sehe darin Möglichkeiten, die weitere Entwicklung der Bahn AG so zu gestalten, dass die flächendeckende Versorgung mit schienengebundenem Verkehr gewährleistet bleibt. Vor allem wird sichergestellt, dass neben der reinen Kapital-Rendite auch wichtige verkehrspolitische Aspekte bei der Unternehmensführung der DB AG berücksichtigt werden. Das war von Anfang an Bedingung für eine Bahn-Privatisierung und steht so auch im Koalitionsvertrag.
Sollte die CDU/CSU dieses Modell ablehnen, muss auf einem Parteitag der SPD erneut über eventuelle Alternativen abgestimmt werden. Auch dies wurde in Hamburg beschlossen.
Ihnen und Ihrer Familie wünsche für das neue Jahr alles erdenklich Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Heinz Schmitt