Frage an Heinz Michael Gahler von Hermann A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Vorbemerkung: Normalerweise beantworte ich aus Prinzip keine Fragen von Bürgern, die sich über Abgeordnetenwatch an mich wenden, das sich jeder Bürger auch direkt an mich wenden kann.

Im vorliegenden Fall ist die gestellte Frage allerdings Teil einer Fragenkampagne, wo viele offensichtliche Putinfreunde koordiniert auf immer die gleiche Antwort in meinem Deutschlandfunk-Interview vom 29.8. eingehen und leicht verändert immer das gleiche fragen. Es gibt auch immer die gleiche Antwort meinerseits:

Bei denjenigen, die ich mit den persönlichen Sanktionen treffen will, handelt es sich in Wirklichkeit nicht um Journalisten, sondern um Propagandisten, denen es bewusst darum geht, als Teilnehmer an einer staatlichen russischen Propagandakampagne, die ich im Europa des 21. Jahrhunderts nicht mehr für möglich gehalten hätte, von den völkerrechtswidrigen Aktivitäten Russlands auf der Krim und in der Ostukraine abzulenken. Gleichzeitig wird die ukrainische Regierung als „faschistisch“ denunziert und der Westen als Unterstützer dieser Faschisten gebrandmarkt.

Sofern Herr Allgaier eine reale Person und kein „Troll“ ist, sollte er zur Kenntnis nehmen, dass es sich bei dem Personenkreis, den ich mit Einreiseverboten belegen will, nicht um EU-Bürger handeln kann, die von Freizügigkeit und Meinungsfreiheit inner- und außerhalb der EU profitieren. Für Drittstaater hingegen gibt es ja gar keinen absoluten Rechtsanspruch auf Einreise. Jeder Staat entscheidet für sich, welche Nicht-Staatsbürger er einreisen lässt. Daher sollten meiner Meinung nach Russen, Amerikaner oder sonstige Nicht-EU-Bürger, die im Dienst russischer Staatsmedien zum Zwecke der Propaganda stehen, nicht mit Erholungsmöglichkeiten in der EU belohnt werden. Da sollten diese Herrschaften das Schicksal ihrer Chefs teilen. Ich habe mich aber auch nicht für eine Beendigung des Aufenthalts russischer Journalisten oder Propagandisten wie Herr Radionow innerhalb der EU ausgesprochen. Da wir im Gegensatz zu Russland Meinungsvielfalt haben, können wir die Aktivitäten dieser Herrschaften auch mühelos bei uns ertragen. Ich habe ja das konkrete Beispiel der schändlichen Vorführung ukrainischer Kriegsgefangener in Donezk erwähnt. Ein klassischer Verstoß gegen die Genfer Konvention. Das russische Fernsehen sendet sowas live und nebenher läuft ein Journalist und kommentiert das. So jemand sollte bei uns keine Einreise bekommen.

Und daher geht die Frage, die eine Unterstellung und eine Gleichsetzung enthält in Bezug auf unsere Medien und dem Vergleich mit den Propagandamedien Russlands absolut fehl. Schon die Aufzählung von BILD, Spiegel, ARD, ZDF als Propagandamedien ist eigentlich peinlich. Nur weil alle zu der gleichen Einschätzung der offensichtlichen Völkerrechtswidrigkeit der russischen Annexion der Krim und der Aggression in der Ost-Ukraine kommen, sind sie deswegen nicht gleichgeschaltet und erfüllen auch keinen regierungsamtlichen Propagandaauftrag. Diese Unterstellung selbst erscheint mir, auch weil sie sich bei allen Fragestellern, die direkt meine Email anschreiben, wiederholt, klassisch russisch-orthodoxem Denken zu entspringen, weil man eben in deren Mindset gar nicht unterscheiden kann zwischen einem Informationsauftrag in einem öffentlich-rechtlichen Medium, wo Nachricht und Kommentar streng getrennt werden einerseits und andererseits einer verordneten Propagandalinie, die vorgegeben umzusetzen ist.

Herr Allgaier, wenn Sie also als reale Person in Deutschland leben, dann sollten Sie wissen, dass unsere Journalisten täglich in audiovisuellen und Printmedien „sanktioniert“ werden, allerdings durch Zuschauer, Zuhörer und Leser und das ist auch gut so. Und wenn jemand einfach unprofessionell wird, dann werden die Einschaltquoten oder Leserbriefe das Urteil fällen, aber nicht die Regierung.

Ich wünschte mir, Sie hätten eher Mitleid mit den Opfern der russischen Propaganda, als mit den Tätern. Ich habe in meinem Interview einen Vorschlag gemacht, wie man auf bestimmte Täter Druck ausüben kann. Und dazu stehe ich.