Frage an Hartmut Koschyk von Wilfried M. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Koschyk,
die Union hat eine Koalition mit der FDP ins Auge gefaßt, Differenzen zurückgestellt.
Ihr FDP- Rivale im Wahlkreis, Herr Friedrich, kommt – anders als Sie- mit der Beantwortung der Watch-Fragen noch immer nicht hinterher.
Daher stelle ich Ihnen noch Fragen zur Bildung und zur sog. „Bolognisierung“ der Hochschulen europa- ja weltweit, welche unsereiner – zugespitzt formuliert – vor allem als Pulverisierung der früher einmal faszinierenden und sorgfältig gepflegten Unterschiede zwischen den europäischen Universitäten erlebt.
Es folgen meine Fragen an Sie:
1. Wie erklären Sie sich, daß alle Parteien der gleichen Meinung zum Thema Frühpädagogik sind? (Ich erkläre es mir derzeit damit, daß alle z.B. einen Beraterkreis - nämlich um Herrn Dr. mult. Fthenakis - konsultieren, der - in München gerichtlich erwiesen - 1995 mehrfach gesagt hat: "Kein deutscher Richter wird es wagen, gegen unsere Empfehlungen zu entscheiden...".)
2. Wer genau wird die genauen Erziehungs- und Bildungsziele der Kleinsten festlegen bzw. die Zertifizierungen für die Erzieherinnen?
3. Wie beurteilen Sie persönlich den Bologna - Prozeß?
4. Wer verdient Geld an diesem Prozeß der merkwürdigen Egalisierung?
5. Wer verdient an dem ja geradezu gegenläufigen Prozeß der "Exzellenzinitiative"? Da sollen unsere Unis evaluiert werden durch "internationale Experten".
6.Wissen Sie, wer genau dort an der Spitze der "Experten"pyramide steht? Welchen Parteien gibt er Rat?
7. In seinem Mailinglisten- Service machte das Bundesfamilienministerium soeben Werbung für "Audits" (!!) in Betrieben zum Thema "Familie und Arbeit". Was halten Sie von dieser staatlich geförderten "Erwachsenenerziehungskampagne", welche angeblich von Dr. Bergers ("Überliste die Großen, auch den Staat" in "Die Zeit" vom 3.7.03) Strategieberatungsfirma begleitet wird?
8. Was sind in diesem Zusammenhang "Audits" und wem nützen diese in Geld?
Mit freundlichen Grüßen
W. M.
Sehr geehrter Herr Meißner,
gleiche Bildungschancen für alle Kinder verlangen ein familienfreundliches Klima in unserer Gesellschaft, das Eltern bei der frühkindlichen Bildung und Erziehung stärkt und ermutigt. Sprache ist der Schlüssel zur Bildung. Deshalb bauen in den dafür zuständigen Ländern die unionsgeführten Regierungen vorschulische Sprachförderung für alle Kinder und Ganztagsangebote bedarfsorientiert aus. Sie sind wichtig zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Nur so können ungleiche Chancen am Schulbeginn ausgeglichen werden.
Die genauen Erziehungs- und Bildungsziele legen die einzelnen Bundesländer selbstständig fest, da dieses Gebiet der Länderhoheit untersteht. In Bayern existiert ein so genannter Bildungsplan, dieser wird von dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen konzipiert.
Auf Ihre 3. und 4. Frage möchte ich gerne wie folgt antworten:
Die CDU und CSU sprechen sich für eine Stärkung des Bildungsstandortes Deutschland aus. Wir befürworten Weichenstellungen in Europa zur Entwicklung von mehr Mobilität, Beschäftigung und Transparenz. Dabei sind Bildung und Ausbildung besonders wichtig. Auf EU-Ebene wurden mit Bologna (Hochschulen) und Kopenhagen (Berufliche Bildung) auf diesen Feldern Prozesse in Gang gesetzt.
Mit einer erfolgreichen Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses kann Europa seine Konkurrenzfähigkeit im globalen Wettbewerb um die klügsten Köpfe stärken. Gemeinsam mit der Schaffung des europäischen Forschungsraums auf EU-Ebene kann so ein einheitlicher Wissenschaftsraum entstehen, der sich auch in Zukunft gegenüber Universitäten und Forschungseinrichtungen in den Vereinigten Staaten oder den sich neu entwickelnden Forschungs- und Wissenschaftszentren in Südostasien behaupten und eine neue Anziehungskraft für Studierende und Wissenschaftler entfalten kann.
Die bereits unter der unionsgeführten Bundesregierung im Jahr 1998 zur Probe in das Hochschulrahmengesetz eingefügten Bachelor-/Masterstudiengänge sowie deren Überführung in das Regelangebot der Hochschulen im Jahr 2002 legten die Grundlagen für eine erfolgreiche Entwicklung der neuen Studienstruktur, so dass bereits im Sommersemester 2005 an deutschen Hochschulen 2.925 Bachelor-/Masterstudiengänge angeboten werden.
Die Studienreform darf weder ein Sparmodell sein noch zu einer mutwilligen Zerstörung humboldtscher Universitätsideale führen. Bei der Umstellung muss auf die Qualität der neuen Bachelor- und Master-Studiengänge geachtet werden.
Besonders hervorzuheben ist dabei die Entwicklung eines Qualitätssicherungssystems in Form der Akkreditierung von Studiengängen in Deutschland. Mit der Einrichtung des Akkreditierungsrates sowie dessen Überführung in eine Stiftung des öffentlichen Rechts zum 1. Januar 2005 haben die Länder einen wichtigen Eckstein zur Etablierung eines anerkannten Akkreditierungssystems gesetzt, der zusammen mit den Akkreditierungsagenturen dazu beitragen kann, die neue Studienstruktur in Deutschland zu verankern und in der Öffentlichkeit die Akzeptanz der neuen Abschlüsse zu verbessern.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat aus Anlass der 3. Bologna-Nachfolgekonferenz in Bergen im Mai 2005 die Bundesregierung u.a. aufgefordert,
- insbesondere die internationale Vernetzung der Qualitätssicherungssysteme der Bologna-Staaten weiter voranzutreiben und verstärkt das Augenmerk auf einen Erfahrungsaustausch mit außereuropäischen Akkreditierungsagenturen und Einrichtungen zu lenken, damit die weltweite Akzeptanz eines gesamteuropäischen Hochschulraums erhöht wird;
- darauf hinzuwirken, dass alle Bologna-Staaten den Prozess mit ähnlicher Entschiedenheit und Ernsthaftigkeit vorantreiben wie Deutschland;
- daneben die Mobilitäts- und Berufschancen der Studierenden zu verbessern, indem die noch bestehenden Hemmnisse bei der Finanzierung von Auslandsaufenthalten beseitigt und das Ratifizierungsverfahren der Lissabon-Konvention zügig eingeleitet wird;
- die Wirtschaft, insbesondere den kleineren und mittleren Unternehmen, über den Bologna-Prozess und die neuen Studiengänge und Abschlüsse verstärkt aufzuklären.
Wie kaum ein anderes Schlagwort hat der „Bologna-Prozess“ die Debatte um die Reform der deutschen Hochschulen mitbestimmt. Dabei ist insbesondere auf eine Erweiterung der Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume in einem gesamteuropäischen Hochschulraum für die Hochschulen und die Studierenden hinzuwirken. Hierzu zählen der Abbau der bestehenden Mobilitätshemmnisse für Studierende und eine verstärkte Kooperation mit außereuropäischen Akkreditierungseinrichtungen. Der Aufklärungsbedarf über den Bologna-Prozess ist und bleibt groß. Bei der Umsetzung der Bologna-Ziele in Deutschland ist dafür Sorge zu tragen, dass weitere Bologna-Förderprojekte wieder in Abstimmung des Bundes mit den Ländern realisiert werden.
Die „Exzellenz-Initiative“ ist im Wesentlichen durch die unionsgeführten Bundesländer ausgestaltet worden. Diesem Einsatz ist es zu verdanken, dass aus einer unreifen Idee eine Spitzenuniversität zu schaffen, eine breite Initiative zur Ausbildung der Stärken unseres Wissenschaftssystems durch die Einführung von Graduiertenschulen und die Schaffung von Exzellenzclustern geworden ist. CDU und CSU werden mit der Exzellenz-Initiative die Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandortes Deutschland weiter fördern.
Ich nehme an, Sie nehmen in Frage 6 Bezug auf den Wissenschaftsrat. Vorsitzender des Wissenschaftsrates ist Professor Dr. Karl Max Einhäupl. Der Wissenschaftsrat ist eine überparteiliche Institution, deren Hauptaufgabe darin liegt, sowohl die Bundesregierung als auch die Regierungen der Länder in Fragen der inhaltlichen und strukturellen Entwicklung, der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung zu beraten.
Das Thema Familie und Arbeit ist auch ein besonderes Anliegen der CDU und CSU. Wir werden die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern. Obwohl die finanziellen Handlungsspielräume beschränkt sind, müssen wir vorankommen. Deshalb werden die uninonsgeführten Bundesländer die Betreuungsangebote ausbauen. Wir befürworten die Möglichkeit von Teilzeitbeschäftigung für Kindererziehung und Pflege. Wir werden auf die Wirtschaft und den Mittelstand zugehen, weil wir wissen, dass der Staat alleine die Aufgabe nicht wird bewältigen können.
Wir werden für erstklassige Bildung und werteorientierte Erziehung sorgen. Es ist Aufgabe der Familien und der Schulen, eine klare Werteorientierung zu vermitteln. Deshalb halten wir an der Regelung unserer Verfassung fest, dass der Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach zu erteilen ist.
Sprache ist der Schlüssel zur Bildung. Deshalb setzen CDU und CSU in den dafür zuständigen unionsgeführten Bundesländern auf vorschulische Sprachförderung für alle Kinder und auf bedarfsorientierte Ganztagsangebote.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Hartmut Koschyk