Frage an Harry Siegert von Günter S. bezüglich Wirtschaft
Guten Tag, Herr Siegert,
Ihre Partei nutzt ja die derzeitige Unzufriedenheit um für sich Stimmung zu machen. Aber wie wollen Sie denn all Ihre tollen Forderungen finanzieren? Meinen Sie, durch Senkung des Spitzensteuersatzes und höhere Besteuerung der Reichen erzielen Sie genügend Einnahmen, um die von Ihnen propagierte soziale Rundum-Versorgung bezahlen zu können?
MfG
M. Strobel
Sehr geehrter Herr Strobel.
Deutschland war und ist ein reiches, eines der reichsten Länder, der Welt.. Auf meinen Reisen nach Asien oder Lateinamerika habe ich feststellen können, dass man uns wegen der sozialen Komponente durchaus bewundert. Besonders die von vielen Generationen erkämpften ArbeitnehmerInnenrechte, das Rentensystem und die Krankenversorgung wurden wir anerkannt. Das war vorbildlich für viele Menschen. Dieses ist in den Letzten Jahren der Kohl- und den sieben Jahren Schröder-Regierung zu Gunsten der Kapitalseite kontinuierlich zerstört worden.
Mehr und sichere Arbeitsplätze, soziale Gerechtigkeit, Bildung und Innovation sowie die Wiederherstellung der kommunalen Selbstverwaltung erfordern selbstverständlich entsprechende finanzielle Mittel. Das Steuerkonzept der Linkspartei zielt darauf ab, einerseits die Steuerbelastung unterdurchschnittlicher Einkommen zu verringern und andererseits der öffentlichen Hand deutlich höhere Einnahmen zu verschaffen. Mehreinnahmen sind möglich durch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und höhere Einnahmen aus der Erbschaftssteuer, höhere Steuerzahlungen gewinnstarker, großer Unternehmen und eine Reform der Gewerbesteuer, die Einschränkung von Steuervergünstigungen, das Schließen von Steuerschlupflöchern für profitable Unternehmen und einkommensstarke Haushalte sowie eine höhere Besteuerung hoher Einkommen. Subventionen müssen an klare gesellschaftlich gewünschte Zwecke gebunden sein und möglichst als direkte Förderung statt über die Steuern gegeben werden. Der Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuerflucht muss verstärkt, Börsengeschäfte und Finanzspekulationen müssen endlich besteuert werden. Wir wollen das Steuersystem vereinfachen und gerechter gestalten.
Die Vermögenssteuer soll ab einem Vermögen von mehr als 300.000 Euro pro Person erhoben werden. Immobilien und Betriebsvermögen müssen realistisch nahe dem aktiven Verkehrswert bewertet werden. Soziale Sonderfälle sind zu berücksichtigen. Auch die Erbschafts- und Schenkungssteuern sind zu erhöhen. Sie liegen in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern auf einem niedrigen Niveau.
Veräußerungsgewinne bei Wertpapieren und Immobilien wollen wir ohne Spekulationsfristen besteuern. Dividenden, Zinsen und andere Kapitalerträge müssen für die Einkommenssteuer erfasst werden. Die 1991 abgeschaffte Börsenumsatzsteuer soll wieder eingeführt werden.
Bei der Körperschaftsteuer wollen wir dafür sorgen, dass die Unternehmen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Die Senkung der Körperschaftssteuern der letzten Jahre hat zwar die Einnahmen des Staates deutlich reduziert, aber keinen einzigen neuen Arbeitsplatz geschaffen. Insbesondere große und international tätige Unternehmen müssen auch über das Steuersystem wieder stärker ihre Verantwortung für die Gesellschaft wahrnehmen. Ihre Möglichkeiten, Gewinne in den Bilanzen zu verstecken oder in Niedrigsteuerländer zu verschieben, müssen eingeschränkt werden.
Die Gewerbesteuer soll zu einer Gemeindewirtschaftssteuer weiterentwickelt werden, in die grundsätzlich alle einbezogen werden. In die Bemessungsgrundlage sind zudem gezahlte Schuldzinszahlungen, Mieten, Pachten und Leasingraten einzubeziehen, um Umgehungsmöglichkeiten abzubauen und die Finanzbasis der Gemeinden zu stärken. Durch die Anrechnung der Steuerzahlung auf die Einkommenssteuer sollen die meisten Personenunternehmen nicht zusätzlich belastet werden.
Die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) soll bei 16 Prozent bleiben. Einen ermäßigten Satz von 7 Prozent soll es zusätzlich beim Handwerk und bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln geben.
Bei der Lohn- und Einkommenssteuer wollen wir Personen und Familien mit niedrigen und mittleren Einkommen entlasten und Steuerpflichtige mit hohen und sehr hohen Einkommen stärker heranziehen. Der Eingangssteuersatz soll 15 Prozent betragen - bei einem Freibetrag von 12.000 Euro. Dann soll der Steuersatz allmählich (linear-progressiv) bis zu einem Spitzensteuersatz von 50 Prozent ansteigen. Dieser soll auf die Einkommensteile oberhalb 60.000 Euro erhoben werden. Eine Reihe von Steuervergünstigungen sind zu streichen, z.B. bei außerordentlichen Einkünften und haushaltsnahen Beschäftigungen. Steuersparfonds und ungerechtfertigte Abzugs- und Gestaltungsmöglichkeiten bei Immobilienvermietung sollen eingeschränkt werden. Die Fahrtkostenpauschale für Berufspendler wollen wir auf 40 Cent pro Entfernungskilometer anheben und die Steuerfreiheit der Zuschläge für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit beibehalten.
Wir wollen die Einführung der Individualbesteuerung, die Abschaffung des Ehegattensplittings und aller Regelungen, die die Nicht-Erwerbstätigkeit von Frauen begünstigen.
Nach unserem Steuermodell sind Mehreinnahmen von über 60 Milliarden Euro zur Finanzierung von Bildung und Innovation, für die sozialen Sicherungssysteme und für ein Zukunftsinvestitions-Programm möglich.
Es können riesige Mittel durch Einsparungen im Rüstungsetat vorgenommen werden. Allein der Verzicht auf unsinnige und gefährliche Waffensysteme und Rückzug der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen könnte den Staat wieder Zahlungsfähiger machen
Mit den besten Grüßen
Harry Siegert