Frage an Hansjörg Durz von Bernd H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Durz,
wie lange werden Sie der Regierierung noch Ihr Plazet zur bisherigen Europa-Politk geben?
Diese Frage gilt insbesondere hinsichtlich der nun offensichtlichen Transferunion, offener Grenzen, ständig steigender Zahlen von Wirtschaftsflüchtlingen sowie der geplanen EU-Erweiterungen.
Sehen Sie nicht die Gefahr, dass die bisher aufgrund des öffentlichen Meinungsdruckes schweigende Mehrheit der Nichtwähler, angesichts der Resultate der sogenannten "europäischen Errungenschaften" ihre Zurückhaltung aufgibt und durch eine höhere Wahlbeteiligung, bzw. durch verändertes Wahlverhalten diese Republik in ihren Grundfesten erschüttern könnte?
Mit freundlichen Grüßen
B. Herwig
Sehr geehrter Herr Herwig,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de. Ihre Frage und Ihre Bedenken sind nachvollziehbar. Auch ich beobachte und erlebe die Geschehnisse der letzten Tage und Wochen mit großer Skepsis. Das Verhalten der griechischen Regierung war leider von viel Populismus und wenig Vernunft geprägt - zu Lasten der griechischen Bevölkerung und vor allem auch zu Lasten des Vertrauens der Verhandlungspartner auf europäischer Ebene. Insofern ist es sehr verständlich, dass die Vorbehalte gegenüber einem dritten Hilfspaket innerhalb der deutschen Bevölkerung, aber auch natürlich innerhalb der eigenen Fraktion im Bundestag nicht unerheblich sind. Die Verantwortung für die jetzige prekäre Situation in Griechenland liegt allein bei der griechischen Regierung und es liegt nun auch allein in ihrer Hand, ob die Verhandlungen für ein weiteres Hilfspaket überhaupt aufgenommen werden. Es ist wichtig, dass der Deutsche Bundestag in diese Entscheidung eng eingebunden ist. Die Auflagen sind strenger denn je und es ist fraglich, ob Griechenland bis zum morgigen 16. Juli konkrete, glaubwürdige und belastbare Reformen vorlegt. Das bleibt nun zunächst abzuwarten. Nur wenn das griechische Parlament bis morgen tatsächlich die ersten konkreten gesetzlichen Maßnahmen verabschiedet, wird der Bundestag üner ein Mandat zur Aufnahme von Verhandlungen über ein 3. Hilfspaket abstimmen. Ob es dann am Ende zur Verabschiedung von weiteren Hilfen für Griechenland kommen kann, hängt vom Ergebnis dieser Verhandlungen ab. Der so genannte "Grexit" ist also alles andere als vom Tisch.
Die Bundeskanzlerin und Finanzminister Schäuble sind in den vielen Gesprächen nicht davon abgewichen, dass eine Gemeinschaft wie die Eurozone nur funktionieren kann, wenn grundlegende Prinzipien von allen anerkannt werden. Diese harte Position hat nicht nur für Zustimmung gesorgt. Es wird sehr schwierig für Griechenland werden, das massiv zerstörte Vertrauen zurückzugewinnen. Wir müssen nun abwarten, was Griechenland in den nächsten 24 Stunden abliefert.
Auf das Thema Wirtschaftsflüchtlingen möchte ich an dieser Stelle ebenfalls kurz eingehen.
Derzeit gehen seriöse Schätzungen von mehr als einer Verdoppelung der Zahl der Asylbewerber in Deutschland innerhalb eines Jahres aus. In den ersten fünf Monaten diesen Jahres wurden rund 125.972 Asylanträge in Deutschland gestellt. Von diesen Anträgen stammen jedoch lediglich 19,6 Prozent aus Syrien, unter 10 Prozent aus Afrika und der überwiegende Teil der Antragsteller kam aus Südosteuropa. Die Menschen, viele kommen vom Balkan, mögen sich aus persönlich nachvollziehbaren Gründen auf den Weg nach Deutschland machen, dies allein rechtfertig jedoch keine Gewährung von Asyl. Die Anerkennungsquote der Asylbewerber vom Balkan ist äußerst gering, während Menschen aus Syrien, dem Irak oder aus verschiedenen afrikanischen Ländern berechtigterweise eine hohe Anerkennungsquote haben. Wir müssen alles daran setzen, denjenigen zu helfen, die tatsächlich von Flucht und Vertreibung betroffen sind. So verständlich es auch sein mag, aus wirtschaftlichen Gründen zu uns zu kommen, so sehr haben wir die Verpflichtung, insbesondere denjenigen zu helfen, deren Leben unmittelbar bedroht ist. Insofern müssen wir alles daran setzen, die Asylverfahren weiter zu vereinfachen und abgelehnte Bewerber zügig und konsequent in ihre Heimat zurückzuführen. Auch hier gilt: nur wenn alle Mitgliedstaaten der EU die grundlegenden Prinzipien akzeptieren, kann die europäische Gemeinschaft funktionieren. Dazu gehört auch eine deutlich höhere Aufnahmebereitschaft der anderen EU-Mitgliedstaaten.
Sehr geehrter Herr Herwig, die Situation ist sicherlich momentan alles andere als einfach und manche mögen geneigt sein, das Konstrukt der Europäischen Union in Frage zu stellen. Ich bin aber fest davon überzeugt, dass wir daran festhalten müssen. Die Griechenland-Krise kann auch die Chance sein, mit Blick auf künftige EU-Erweiterungen und damit Aufnahmen in die Eurozone , noch schärfere Kriterien anzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
Hansjörg Durz