Hansjörg Durz
Hansjörg Durz
CSU
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Frage von Andreas R. •

Frage an Hansjörg Durz von Andreas R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Durz,

in Deutschland benötigt man so ziemlich in jedem Beruf eine Ausbildung. So garantiert eine Berufsausbildung etwa in handwerklichen oder kaufmännischen Berufen, dass man als Kunde eine hohe Qualität zu erwarten hat, wenn man zum Frisör, Becker oder Physiotherapeuten geht. In Deutschland ist man sehr stolz auf die mit diesem System verbundene hohe Qualität. Dies führt mitunter dazu, dass entsprechende Abschlüsse aus dem Ausland nicht immer anerkannt werden. Dies nimmt man jedoch in Kauf, um die Hohe Qualität der Produkte und Dienstleistungen nicht zu gefährden. Als Lehrer oder Hochschullehrer, also jemand, der eine hohe Verantwortung bei der Bildung grösserer Gruppen trägt, benötigt man gar ein abgeschlossenes Hochschulstudium bzw. eine Promotion.

Derzeit schlägt der Fall des Imam einer umstrittenen Berliner Moschee grosse mediale Wellen ( http://www.spiegel.de/kultur/tv/guenther-jauch-imam-abdul-adhim-kamouss-spricht-nicht-fuer-die-muslime-a-994604.html ). Es wurde in der Berichterstattung deutlich, dass ebendieser Imam nicht nur ein mit dem Grundgesetz schwer zu vereinbarendes Frauenbild prädigt, sondern auch mit späteren Kämpfern des Islamischen Staates in Kontakt stand. Ein Imam trägt sicher eine hohe gesellschaftliche Verantwortung, da er die Macht besitzt, grosse Gruppen in der Bevölkerung positiv an die Werte der Gesellschaft heranzuführen oder aber negativ davon abzuhalten. Die gesellschaftliche Verantwortung ist m.E. somit deutlich höher als die eines Bäckers oder Frisörs.

Wie kann es sein, dass man ausgerechnet für einen solchen Beruf keinen Hochschulabschluss oder zumindest eine Meisterprüfung benötigt, stattdessen, wie der Fall zeigt, "Importimame" aus Marokko, mitunter ohne Schulabschluss, ihr persönliches Weltbild verbreiten? Wird diese Lücke im Wirtschaftsausschuss diskutiert? Sind Gesetze geplant, die diese schliessen wollen?

Mit freundlichen Grüssen
Andreas Reichhardt

Hansjörg Durz
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Reichhardt,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Imame in Deutschland. Gerade vor dem aktuellen politischen Hintergrund und dem unmenschlichen Vorgehen der Terrormiliz Islamischer Staat steht der Islam und das Leben der Muslime in Deutschland im Fokus. Die Menschen in unserem Land sind bestürzt über die Geschehnisse und vor allem über die humanitäre Katastrophe im Nordirak. Dass terroristische Organisationen Kämpfer aus Deutschland rekrutieren ist beunruhigend und muss vom Verfassungsschutz unbedingt intensiv beobachtet und verfolgt werden. Wir können nicht zulassen, dass verfassungsfeindliche und terroristische Strömungen hier Fuß fassen können und vor allem eine öffentliche Plattform für ihre Überzeugungen finden.

Wir dürfen aber auch nicht aus dem Blick verlieren, dass es sich bei den terroristischen Organisationen um Randgruppen handelt, deren Gefährlichkeit wir selbstverständlich nicht unterschätzen. Die ganz überwiegende Zahl der hier lebenden Muslime jedoch verfolgt keine extremistischen Ziele.

Was die von Ihnen angesprochene Ausbildung von Imamen angeht, so besteht sicherlich ein Problem darin, dass zu einem großen Anteil die Imame aus der Türkei und aus anderen muslimischen Ländern in die Gemeinden nach Deutschland geschickt werden. Oft fehlt neben den Sprachkenntnissen auch das Wissen über die gesellschaftlichen, kulturellen, politischen und sozialen Zusammenhänge in unserem Land. Dies kann zu Problemen führen. Welche unterschiedlichen Ausbildungsformen es für den Imam gibt, finden Sie unter folgendem Link.

http://www.deutsche-islam-konferenz.de/DIK/DE/Magazin/Gemeindeleben/Imamausbildungen/imamausbildungen-node.html

Rechtlich gesehen besitzen die meisten muslimischen Gemeinden in Deutschland nicht den Status einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts", so wie es beispielsweise den jüdischen, evangelischen, katholischen oder griechisch-orthodoxen Gemeinden vorbehalten ist. Grundsätzlich können religiöse und weltanschauliche Organisationen den Status einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts" aber beantragen. Hierzu müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Diese Voraussetzungen aber erfüllen die allermeisten muslimischen Gemeinden in Deutschland bislang nicht, weil sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer nicht bieten. Auf die Ausbildung und die Wahl der Imame kann der deutsche Staat von Rechtswegen keinen Einfluss nehmen. Dies gilt aber ebenso für die personelle Wahl in den evangelischen, katholischen, jüdischen oder griechisch-orthodoxen Gemeinden.

Sie sprechen in Ihrer Anfrage ein Problem an, welches schon seit einigen Jahren im Dialog zwischen der Bundesregierung und den muslimischen Organisationen in Deutschland thematisiert wird. Mangelnde Sprach- und vor allem kulturelle und gesellschaftliche Kenntnisse der Imame, sind ein Problem. Die größte Organisation der türkischen Gemeinden in Deutschland ist die Türkisch Islamische Union (DITIB e.V.). Diese steht eng in Verbindung mit dem Türkischen Amt für Religiöse Angelegenheiten (Diyanet) in Ankara. Diyanet entsendet Imame nach Deutschland. Diese Imame haben in der Türkei religiöse Mittelschulen und Gymnasien besucht. Seit 2005 bemüht man sich von Seiten des Diyanet darum, Imame nach Deutschland zu entsenden, die auch ein Studium der Theologie an einer türkischen Hochschule absolviert haben.

Es gibt darüber hinaus das Projekt "Imame für Integration", welches zusammen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Kooperation mit dem Goethe-Institut und der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V (DITIB) entwickelt wurde. Ziel dieses Projekts ist es, Kurse für die Imame anzubieten, die ihnen neben der Vermittlung der deutschen Sprache, insbesondere Kenntnisse über unser Land und unsere Gesellschaftsordnung vermitteln. Die Kurse beinhalten auch den Austausch mit Lehrern, Pfarrern und Politikern. Darüber hinaus verfolgt das Projekt den Ansatz, Abiturienten für Studiengänge der Islamischen Theologie an türkischen Hochschulen zu gewinnen, um diese dann langfristig wieder in Deutschland einzusetzen.

Sehr geehrter Herr Reichhardt, Sie sehen also, dass von Seiten der Bundesregierung und den dafür zuständigen Stellen Anstrengungen unternommen werden, das Problem der mangelnden Integration von Imamen in Deutschland zu verbessern. Dies kann aber immer nur in Zusammenarbeit und im Dialog mit den muslimischen Gemeinden geschehen.

Was das Thema Integration und vor allem auch Verfassungsschutz angeht, so hat der Wirtschaftsausschuss nicht die Federführung. Zuständig ist hier in erster Linie das Innen- und das Bildungsministerium. Dennoch ist die Integration von Muslimen und aktuell natürlich die Gefahrenlage durch terroristische Organisationen wie IS ein Thema welches uns alle betrifft. Sie können versichert sein, dass wir hier in unseren Anstrengungen im Dialog zwischen Deutschen und Muslimen und der Prävention vor extremistischen Strömungen in unserem Land nicht nachlassen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Hansjörg Durz

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