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Hans-Peter Uhl
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Frage von Regina B. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Regina B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,

meine Frage betrifft den leider stark eingeschränkten Zugang zu deutschen Hochschulen für äußerst qualifizierte junge Leute. Vor kurzem wurden von der ZVS die Zusagen und Ablehnungen an die diesjährigen Bewerber für den Studiengang Medizin versendet. Leider werden gerade Studienplätze in Medizin noch deutschlandweit über die ZVS vergeben, anstatt den Universitäten ein größeres Mitspracherecht einzuräumen, das diesen ermöglichen könnte, mit größerer Sorgfalt die richtigen Kandidaten für die zur Verfügung stehenden Studienplätze auszuwählen. Ich könnte mir vorstellen, dass in diesem Fall mehr Auswahlkriterien als nur das äußerst zweifelhafte Kriterium der Abiturnote zur Geltung kommen würde. Der Fall meiner Mitbewohnerin zeigt beispielsweise, dass Studienplatzanwärter trotz herausragender Leistungsnachweise bei Ausbildungen o.ä. im medizinischen Umfeld (in diesem Fall staatlich geprüfte Physiotherapie) nur anhand ihrer Abiturnote als geeignet oder nicht geeignet klassifiziert werden. Ich frage mich, wie es sich das deutsche Hochschulsystem leisten kann, im medizinischen Bereich bereits ausgezeichnet geschulte junge Leute abzulehnen, die das erste Drittel des Studiengangs Medizin aufgrund ihrer Vorkenntnisse in kürzester Zeit und mit Glanz absolvieren würden. Dazu kommt, dass Medizin doch immer noch in gewisser Weise ein Studiengang für Idealisten ist und bleiben sollte, und der offensichtliche Nachweis von bekundetem Interesse, den eine langjährige Ausbildung auf diesem Gebiet erbringt, meines Erachtens nicht ignoriert werden kann. Sehen Sie einen Weg, die deutschen Universitäten direkt auf vielversprechende Talente aufmerksam zu machen oder muss es noch öfter geschehen, dass ausgezeichnete und ehrgeizige Studienplatzanwärter an der ZVS-Bürokratie scheitern und nach einem nach zehn Warte-Semestern immer noch ausbleibenden Erfolg schließlich frustriert aufgeben müssen?

Mit freundlichen Grüßen, Regina Burghart.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Burghart,

die Hochschulzulassung ist bereits vor einigen Jahren dahingehend reformiert worden, dass 60% der zulassungsbeschränkten Studienplätze von den Hochschulen vergeben werden. Die Einzelheiten können Sie hier nachlesen:

http://www.bmbf.de/_search/searchresult.php?URL=http%3A%2F%2Fwww.bmbf.de%2Fde%2F2570.php&QUERY=zvs

In der Praxis läuft es an Bayerischen Hochschulen so, dass die ZVS die Bewerbungen weiterhin bearbeitet, allerdings im Auftrag und nach Vorgaben der Hochschulen. Diese Vorgaben unterscheiden sich im Detail, doch fachverwandte Ausbildung und Berufstätigkeit werden immer (!) berücksichtigt. Allerdings muss die Abiturnote weiterhin maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung haben. So kann es im Einzelfall sein, dass trotz geeigneter Berufsausbildung eine Studienzulassung aufgrund der relativ „schlechten“ Abiturnoten versagt wird.

Die starke Stellung der Abiturnoten (Notenschnitt bzw. einzelne fachrelevante Fächer) wird von Bildungsexperten in Bund und Ländern mit Ergebnissen aus der Begabungsforschung begründet: Abiturnoten spiegeln ein langfristiges Leistungsbild wider (nicht nur Tagesform etc.) und erlauben daher eine fundiertere Erfolgsprognose für das angestrebte Studienfach als andere Auswahlmethoden (z.B. Eingangsprüfungen, Auswahlgespräche). Berufliche Bildung – auch wenn sie fachrelevant ist – unterscheidet sich von Abiturleistungen hinsichtlich der Art der Leistungserbringung und –Prüfung und wird daher nicht als gleichrangig aussagekräftiger Eignungsnachweis für das Studium betrachtet.

Das Bild, das Abiturzeugnisse vermitteln, kann und soll daher durch weitere Kriterien (nicht zuletzt fachrelevante berufliche Bildung) und Auswahlmethoden präzisiert werden, kann dadurch aber nicht vollständig korrigiert bzw. ersetzt werden. Letztlich geht es um das Rechtsproblem, das knappe Gut bestimmter Studienplätze möglichst gerecht (nicht zuletzt gerichtsfest!) auf die Bewerber zu verteilen. Hierfür kann auf die Abiturnote als das (in Wissenschaft und Rechtsprechung anerkanntermaßen) objektivste Kriterium nicht verzichtet werden.

Ich glaube gern, dass dies im Einzelnen immer noch ungerecht und willkürlich erscheinen mag. Allerdings betrachte ich das neue Hochschulrecht (Abkehr vom reinen Abiturnoten-Prinzip) schon als großen Fortschritt und kann Ihnen darüber hinaus leider keine günstigere Mitteilung machen. Ich kann Ihnen (bzw. Ihrer Mitbewohnerin) nur raten, die gegebenen Wege (Wartesemester, Losverfahren) zu versuchen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl