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Hans-Peter Uhl
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Frage von Andreas L. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Andreas L. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,

aus einem Kommentar von Herrn Dr. med. Wolfgang Furch zum Thema: "Embryonale Stammzellen: Wie aufrichtig ist die aktuelle Debatte?" erfuhr ich, dass

1. Embryonale Stammzellen (EStZ) in Fremdgeweben zu einem sehr hohen Prozentsatz zu Tumorzellen werden.

2. Im Falle der "Abzüchtung" dieser Eigenschaft die Potenz verlorengeht.

3. Es keine einzige klinische Studie über die Anwendung von EStZ gibt.

4. Adulte-Stammzellen erfolgreich angewendet werden können.

5. Stammzellen aus der Nabelschnur erfolgreich angwendet werden.

und

6. "..., dass die Politik trotzdem massiv Gelder in die EStZ-Forschung fließen lässt und sehr viel weniger in die Arbeit mit den ethisch unbedenklichen adulten Stammzellen, obwohl deutsche Forscher hier führend in der Welt sind und nach eigenem Urteil auf die Ergebnisse einer Grundlagenforschung mit embryonalen Stammzellen gar nicht angewiesen sind."

Können Sie, Herr Dr. Uhl bestätigen, dass die Politik mehr Geld in die EStZ-Forschung fließen läßt als in die, auch in der Anwendbarkeit, sinnvollere Forschung an Adulten + Nabelschnur-Stammzellen?

Mit freundlichen Grüßen aus dem schönen München,

Andreas Landgraf

* Quelle:
Embryonale Stammzellen: Wie aufrichtig ist die aktuelle Debatte?
Vom 01.04.2008
Ein Kommentar von Dr. med. Wolfgang Furch auf jesus.de

Dr. med. Wolfgang Furch ist ehem. Vizepräsident der Landesärztekammer in Hessen und Chefarzt für Gynäkologie in Bad Nauheim.

http://fuenf.scm-digital.net/show.sxp/2514_embryonale_stammzellen__wie_aufrichtig_ist_die_aktue.html?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Landgraf,

vielen Dank für den Hinweis auf den Kommentar von Herrn Dr. Furch.

Die Frage der Forschungsförderung lässt sich recht objektiv klären: Der Schwerpunkt der vom BMBF geförderten Forschung mit Stammzellen liegt bei adulten Stammzellen und viele Projekte arbeiten ausschließlich mit diesen Zellen. Nur 1,5 Millionen Euro von 48,8 Millionen Euro (2000-2007) sind in die embryonale Stammzellforschung geflossen. Somit seien die Finanzmittel zu 97% der alternativen Stammzellforschung zugute gekommen (adulte tierische Stammzellen, embryonale tierische Stammzellen, adulte humane Stammzellen). Auch der Schwerpunkt der von der DFG geförderten Forschung mit Stammzellen liegt bei adulten Stammzellen (2,2 Millionen Euro von 65 Millionen Euro, 2000-2007).

Zu den Fragen, ob die adulten Stammzellen nicht ausreichten und warum noch keine Therapien aus Ergebnissen der embyonalen Stammzellforschung verfügbar seien, möchte ich Ihnen nachfolgend die Position des Bundesforschungsministeriums zur Kenntnis geben. Ich möchte das einstweilen nicht kommentieren, meine Entscheidung in der Sache steht noch nicht fest.

„Die neuesten Publikationen zur Reprogrammierung somatischer Zellen von Thomson und Yamanaka sind ein großer Erfolg für die Stammzellforschung, da es erstmals gelungen ist, ohne den Verbrauch humaner Embryonen pluripotente Stammzellen zu etablieren. Wir stehen aber erst am Anfang dieser neuen Entwicklung, um künftig den Bedarf von aus Embryonen gewonnenen Stammzellen für Forschungszwecke zu vermeiden. Es wird nun vor allem gezeigt werden müssen, dass die induzierten Stammzellen tatsächlich in den wesentlichen Eigenschaften so funktionieren wie hES-Zellen. Für potenzielle Anwendungen am Menschen müssen überdies Risikofaktoren beseitigt werden, insbesondere solche, die dadurch entstehen, dass gegenwärtig Viren zur Umprogrammierung der somatischen Zellen eingesetzt werden müssen (retrovirale Transporter).

Die neuesten Erfolge beruhen u.a. auch auf Forschungsarbeiten mit hES-Zellen. So hat die Gruppe um Thomson die wirksamen Steuerungsgene durch Untersuchungen mit hES-Zellen identifiziert. Die Qualität und Funktionalität nicht-embryonaler pluripotenter Stammzellen lässt sich nur aus dem Vergleich mit hES-Zellen von hoher Qualität als dem Referenzstandard beurteilen. Gerade jetzt, wo wir eine konkrete Aussicht haben, die medizinischen Perspektiven mit pluripotenten Stammzellen zu untersuchen, ist die Wissenschaft angewiesen auf qualitativ gute und stabile hES-Zelllinien.

Die Therapie mit humanen adulten Stammzellen betrifft fast ausschließlich Erkrankungen des blutbildenden und des Immunsystems sowie den Haut- und Knorpelersatz. Diese Einsatzfelder sind seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts erschlossen worden. Diese Arbeiten weisen naturgemäß keinen Bezug zu hES-Zellen auf, die überhaupt erst Ende der 1990er Jahre isoliert wurden (Thomson, 1998). Einzelne Versuche und systematische Studien zur Behandlung von Herzinfarkt mit Stammzellen werden seit geraumer Zeit mit wechselndem Erfolg durchgeführt. Die Voraussetzungen für einen Therapieerfolg sind aber keinesfalls abschließend geklärt. Dies ist aber notwendig, um in Zukunft diese Therapieverfahren mit größerer und sicherer Erfolgswahrscheinlichkeit einsetzen zu können.

Die Forschungen an adulten und embryonalen Stammzellen beeinflussen sich gegenseitig auf vielfältige Weise. Beiträge der hES-Zell-Forschung zur Forschung an anderen Stammzellen sind z.T. Folge direkter experimenteller Vergleiche; z.T. sind bereits die Erkenntnisse zur Biologie der hES-Zellen wesentlich für das Verständnis der Eigenschaften von somatischen Stammzellen und damit auch ihrer Nutzbarmachung für künftige Therapien. Umgekehrt beeinflussen auch Forschungsergebnisse an adulten Stammzellen die Forschung an hES-Zellen positiv. Somit führen die jeweiligen Forschungsergebnisse zu einer gegenseitigen Befruchtung und tragen insgesamt zu einer Weiterentwicklung dieses wichtigen Forschungsgebietes bei.“

Was meine eigene Position anlangt, bitte ich mir noch etwas Geduld aus. Ich werde meine Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen, unabhängig von Weisungen und frei von persönlichen Vorteilserwartungen treffen und zur gegebenen Zeit begründen.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Uhl