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Hans-Peter Uhl
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Frage von Matthias L. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Matthias L. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Uhl,

leider scheint meine Lesekompetenz nicht auszureichen. Ich finde in Ihren beiden Antworten leider die Antworten auf meine Fragen nicht.

Ich bin an einer - ich darf Sie zitieren - "verhältnismäßigen" Lösung interessiert. Diese Verhältnismäßigkeit sehe ich in Ihren Forderungen nicht.

Die VDS hat es ein gutes Jahr gegeben. Wir sind auf dem Sicherheitslevel, das auch in den 7 Jahren nach dem 11. September bis zur VDS hoch genug war, dass es keinen einzigen Terrortoten gab. Ich sehe da die Sicherheitslücke leider nicht. Und auch bei Straftaten scheint das Bild doch etwas anders zu sein, als Sie es darstellen. Ich darf aus dem Link meiner 1. Frage zitieren (auf den Sie nicht eingegangen sind):

"Es ist nicht nachzuweisen, dass eine Vorratsdatenspeicherung überhaupt einen statistisch signifikanten Beitrag zu der Zahl der aufgeklärten Straftaten leistet. Dabei ist erstens zu berücksichtigen, dass überhaupt nur 3% aller Straftaten im Internet begangen werden und in nicht einmal 0,01% aller Strafverfahren auf Vorratsdaten zugegriffen wurde. Zweitens kam es nach einer Untersuchung des Max-Planck-Instituts im Auftrag des Bundesjustizministeriums in 72% der Ermittlungsverfahren mit erfolgreicher Verbindungsdatenabfrage gleichwohl zu keiner Verurteilung." ( http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/407/1/lang,de )

Wo ist die Balance, wenn wegen 0,01% 100% der Bevölkerung unter Verdacht gestellt werden? Und wo ist der Mehrwert, wenn die Aufklärungsquote um 0,006% steigt? ( http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vorratsdatenspeicherung-fuer-eine-0-006-Prozentpunkte-hoehere-Aufklaerungsquote-151466.html und http://www.heise.de/newsticker/meldung/Studie-Vorratsdatenspeicherung-nutzt-der-Strafverfolgung-kaum-190877.html ).

Sie sitzen doch an der Quelle. Teilen Sie uns doch Ihre Zahlen mit, aus denen Sie ihre argumentative Sicherheit ziehen. Dann können wir Ihren Antrieb besser verstehen. Ansonsten gehe ich davon aus, dass Sie die "Sicherheitslücke" u. ä. nicht belegen können.

Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Lohr

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Lohr,

mir ist keine seriöse statistische Evaluation darüber bekannt, welchen Ermittlungswert die Vorratsdatenspeicherung zur Zeit ihres Bestehens gehabt hat. Eine vom BMJ in Auftrag gegebene Studie des Max-Plancks-Instituts in Freiburg ist noch nicht freigegeben und eine Studie des BKA wird erst Anfang nächsten Jahres vorliegen.

Solche quantitativen Betrachtungen haben für mich wegen der Hellfeld/Dunkelfeld-Problematik und wegen der heterogenen, schlecht verallgemeinerbaren Einzelfallspezifika ohnehin nur geringe Aussagekraft. Entscheidend sind typische Problemstellungen aus der polizeilichen Praxis. Dazu habe ich eine kleine Übersicht ins Netz gestellt:
http://www.uhl-csu.de/cm/upload/4_1010-Bedeutung_Mindestspeicherfristen.pdf

Die rasche Neuregelung der Mindestspeicherfrist von Telekommunikationsverkehrsdaten ist aus folgenden Gründen geboten:

* Ein immer größer werdender Anteil von Straftaten an der Gesamtkriminalität wird heute mittels Telekommunikation (und damit auch mittels Internet) begangen. Daneben bieten Telekommunikationsverkehrsdaten (z.B. IP-Adressen) bei vielen Straftaten einen sehr wichtigen und häufig den einzigen erfolgversprechenden Ermittlungsansatz.

* In bestimmten Bereichen der Internetkriminalität, aber auch der Verbreitung von Kinderpornografie über das Internet ist die Tataufklärung ohne die Speicherung von vergebener IP-Adresse und zugehörigem Zeitraum kaum möglich. Dies gilt vor allem für die Auskunft über die hinter einer dynamisch vergebenen IP-Adresse stehende natürliche Person (sog. Bestandsdatenauskunft), die das Bundesverfassungsgericht schon für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten als zulässig erachtet hat, die aber in Ermangelung einer Verpflichtung zur Verkehrsdatenspeicherung regelmäßig ins Leere läuft.

* Es ist auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht hinnehmbar, dass derzeit der Erfolg von Auskunftsersuchen davon abhängt, in welchem Umfang die TK-Unternehmen unter Berufung auf die im TKG ausgewiesenen Speicherungszwecke (bspw. Abrechnungszweck) derzeit noch Verkehrsdaten speichern. Nach bisher hierzu vorliegenden Erkenntnissen reicht die Spanne bei den Unternehmen dabei von „gar keine Speicherung“ bis zu „Speicherung von Verkehrsdaten über 30 Tage“.

* Das sog. „Quick-Freeze-Verfahren“ stellt keine geeignete Alternative zur Wiedereinführung einer Mindestspeicherfrist dar. Wegen der heterogenen Speicherpraxis bei den Providern würde die Auskunftskraft dieses Verfahrens im Ergebnis wieder vom Zufall abhängen. Dort, wo keinerlei Verkehrsdaten mehr gespeichert werden, wird dies besonders deutlich. Wo keine Daten vorhanden sind, können auch keine Daten „eingefroren“ werden. Die fehlende Eignung von „Quick-Freeze“ als Alternative hat auch das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich anerkannt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Uhl