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Hans-Peter Friedrich
CSU
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Frage von Klaus S. •

Frage an Hans-Peter Friedrich von Klaus S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Friedrich,

die Abstimmung über den ESM-Vertrag sowie des Fiskalpakts steht auf der Agenda noch vor der Sommerpause. Wir bitten Sie im Interesse der Zukunft Europas und dem Bestand der Demokratie in diesem, unserem Land, Ihre Zustimmung zu verweigern.

Mit diesen Gesetzentwürfen wird gegen die No-Bailout-Klausel des Lissaboner-Vertrags von 2009 verstossen. Außerdem ist die Einsetzung eines Gremiums des ESM mit seinen so weitreichenden Befugnissen nicht demokratisch legitimiert und unterliegt auch nicht der parlamentarischen Kontrolle.

Die Organisation des ESM entzieht sich selbst und deren Funktionäre durch eine weitgefasste Immunität der Verantwortung und jeglicher juristischer und strafrechtlicher Verfolgung. Mit seinen weitreichenden Entscheidungs- und Handlungsfreiheiten greift der ESM direkt in die staatliche Souveränität Deutschlands ein, beschränkt die Rechte des Parlaments entgegen der jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts.

Mit dem Fiskalpakt, dem zweiten Pfeiler der geplanten Maßnahmen, erhalten zudem EU-Institutionen weitgehende Kontrollmöglichkeiten auf die Haushalte der souveränen Mitgliedsstaaten, ohne dass deren Parlamente oder auch das EU-Parlament darauf Einfluss nehmen könnten.

Die sogenannte Budgethoheit des Parlaments (Legislative) – die oft als die ureigenste Macht demokratisch gewählter Volksvertreter bezeichnet wird – würde so an Institutionen der Regierungsgewalt (Exekutive) abgetreten.

Sehr geehrter Herr Dr. Friedrich,

für mich und meine Familie ist es wichtig zu wissen, wie Sie in der bevorstehenden Abstimmung votieren werden. Für uns ist wichtig zu wissen, wem wir bei zukünftigen Wahlen vertrauen können und wer die Interessen unseres Landes im Sinne der Erhaltung der Demokratie vertritt.

Deshalb bitten wir Sie um Ihre Stellungnahme und eine klar formulierte Aussage, wie Sie sich in der Abstimmung zu ESM & Fiskalpakt verhalten werden.

Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen

Klaus Strietzel

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Strietzel,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.

Der Deutsche Bundestag hat am 29. März diesen Jahres das Gesetzespaket zur Schaffung einer Stabilitätsunion in Erster Lesung beraten, das mit den deutschen Zustimmungsgesetzen zum Fiskalpakt und dem Vertrag zur Schaffung des dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wichtige Schritte zur Schaffung einer Stabilitätsunion in der Eurozone enthält. Die dauerhafte Stabilisierung der Eurozone kann nur gelingen, wenn die Eurostaaten zu solider Haushaltspolitik zurückkehren und ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit gezielt stärken. Dies ist die wichtigste Erkenntnis aus den Ereignissen rund um die griechische Finanzkrise seit dem Mai 2010. Der Fiskalvertrag ist deswegen neben dem ESM als künftigem dauerhaftem Rettungsschirm und der bereits erfolgten Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts ein unverzichtbarer Bestandteil zur Überwindung der Krise in der Eurozone.

Der Fiskalpakt legt haushaltspolitische Regeln für den gesamten Euroraum sowie weitere acht beteiligte EU-Mitgliedstaaten fest und soll spätestens im Januar 2013 in Kraft treten. In ihm verpflichten sich die Staaten zu einer dauerhaft soliden Haushaltspolitik und die Verankerung nationaler Schuldenbremsen einschließt. Haushaltssünder werden künftig schneller und härter bestraft. Steigt die Verschuldung übermäßig an, wird ein automatischer Mechanismus zur Durchführung von Korrekturmaßnahmen in Gang gesetzt. Diejenigen Staaten, deren öffentlicher Schuldenstand über dem Referenzwert von 60 % des Bruttoinlandsprodukts liegt, müssen ihre Schulden jährlich um durchschnittlich ein Zwanzigstel verringern. Mit dem Fiskalpakt wird die von der unionsgeführten Bundesregierung beschlossene deutsche Schuldenbremse zum Modell für die gesamte Eurozone. Dies ist ein ganz entscheidender Verhandlungserfolg von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Der Fiskalvertrag zielt also im Wesentlichen darauf ab, die Stabilitäts- und Wachstumskriterien im nationalen Recht der Vertragsparteien zu verankern und ihnen dadurch einen höheren Grad an Verbindlichkeit zu verleihen. Deutschland ist mit der Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz im Jahr 2009 vorangegangen. Die Anerkennung und Einhaltung der für die Eurostaaten bereits heute verbindlichen Stabilitäts- und Wachstumskriterien ist Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der Eurozone. Somit wird weder das Budgetrecht beschränkt noch der Grundsatz der Gewaltenteilung verletzt. Vielmehr leistet die Rückkehr zu soliden öffentlichen Finanzen einen Beitrag dazu, politische Gestaltungsspielräume dauerhaft zu sichern. Im Übrigen gibt der Fiskalvertrag nur allgemeine Obergrenzen für das Haushaltsdefizit und die Staatsverschuldung vor. Deren Einhaltung und die Aufstellung der nationalen Haushaltspläne liegt weiterhin in der alleinigen Verantwortung der nationalen Parlamente. Artikel 62 der Wiener Vertragsrechtskonvention sieht - unabhängig von der Erwähnung im Vertragstext - im Falle einer grundlegenden „Änderung der Umstände“ eine Kündigungsmöglichkeit von völkerrechtlichen Verträgen wie dem Fiskalvertrag vor, wenn diese Um-stände „eine wesentliche Grundlage für die Zustimmung der Vertragsparteien“ bildete.

Dem Fiskalvertrag haben sich 25 der insgesamt 27 EU-Mitgliedstaaten angeschlossen. Es verdeutlicht, dass dieser Ansatz innerhalb der EU auf breite Akzeptanz stößt - ebenfalls ein entscheidender Verhandlungserfolg von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Von Beginn an war es das Anliegen der Bundesregierung, den Fiskalpakt in die Europäischen Verträge zu integrieren. Dies ist bekanntlich jedoch am Veto Großbritanniens gescheitert. Gleichwohl steht der Fiskalpakt auch weiterhin allen EU-Mitgliedstaaten offen und es werden in den nächsten Jahren weitere Bemühungen unternommen, den Fiskalpakt in das EU-Primärrecht zu überführen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Hans-Peter Friedrich MdB

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