Frage an Hans-Joachim Mewes von Peter H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Die Linkspartei.PDS will das Schulsystem in Sachsen-Anhalt erneut vom Kopf auf die Füße stellen und die "Einheitsschule" einführen. Wie wollen Sie dies ganz praktisch im Land und vor Ort durchsetzen? Ist es nicht am besten, wenn Stabilität und Ruhe in die Bildungslandschaft einkehren, die ja parallel auch noch viele Schulschließungen - bedingt durch die demographische Entwicklung - verkraften muss?
Die Linkspartei.PDS will die „Einheitsschule“ nicht administrativ in Sachsen-Anhalt „einführen“.
In der Tat ist unser Ziel aber eine Schule für alle Kinder, in der sie nach der Grundschule bis zum 9. Schuljahrgang gemeinsam lernen können. Damit soll in erster Linie die Qualität der Schule besser werden und die Entscheidung über den künftigen Bildungsweg und den künftigen Schulabschluss nicht schon am Ende der vierten Klasse erfolgen. Dieser Zeitpunkt ist zu früh. Im Alter von 10 Jahren sollte und kann man eine solche Entscheidung nicht treffen. Qualität von Schule kann man aber nicht anweisen, sie muss wachsen. Deshalb sieht der von der Linkspartei.PDS am Montag vorgestellte Entwurf eines Schulreformgesetzes auch nicht die Abschaffung der bisher bestehenden Schulformen vor. Vielmehr soll eine innere Entwicklung in Gang gesetzt werden, die zu einer Schule für alle Kinder hinführt.
Es ist vorgesehen, in besonderem Maße die Sekundarschule zu stärken. Mit ihren Abschlüssen sollen die Jugendlichen deutlich besser auf eine berufliche Ausbildung vorbereitet werden, gleich ob sie an einer berufsbildenden Schule oder an einer Hochschule stattfinden wird.
Insbesondere soll nicht mehr wie bisher schon allein durch Stundenplan und Rahmenrichtlinien eine Abstufung vorgenommen werden zwischen gymnasialer Ausbildung, Ausbildung für einen Realschulabschluss und Ausbildung für einen Hauptschulabschluss. Auf diese Weise ist „Durchlässigkeit“ zwischen den Bildungsgängen kaum möglich.
Wir wollen, dass sich alle Eltern und ihre Kinder nach der vierten Klasse frei entscheiden können, ob sie auf die Sekundarschule, ein Gymnasium oder auf eine der bisher noch wenigen Gesamtschulen gehen. Auch wenn sie sich für eine Sekundarschule entscheiden, sollen sie – entsprechende Leistungen vorausgesetzt – nach der 9. Klasse in die gymnasiale Oberstufe eintreten können und im 12. Schuljahrgang das Abitur ablegen. Alle sollen die reale Chance erhalten, mindestens den Realschulabschluss zu erwerben. Dazu soll die individuelle Förderung an allen Schulen verstärkt werden. Außerdem wollen wir polytechnische Bildung an Sekundarschulen, Gymnasien und Gesamtschulen einführen.
Als Ziel ist vorgesehen, einen Entwicklungsstand zu erreichen, auf dem eine formale Unterscheidung zwischen Sekundarschulen und Gymnasien nicht mehr erforderlich ist.
Das kann auch die von Ihnen angesprochene problematische Lage beim Schulnetz entspannen. Man kann sich unter Umständen den weiten Weg zum Gymnasium ersparen, wenn die Sekundarschule in der Nähe kein Bildungsnachteil mehr ist. Außerdem sieht das vorgeschlagene Gesetz Regelungen vor, die weitere Schulschließungen in der nächsten Zeit vermeiden können. Denn wenn sich Schulen auf den skizzierten Entwicklungspfad begeben sollen, brauchen sie wirklich Ruhe und nicht Bestandsangst.
Sollten Sie an weiteren Einzelheiten der vorgeschlagenen Regelungen interessiert sein, können Sie auf den Internetseiten der Fraktion der Linkspartei.PDS im Landtag Sachsen-Anhalt den Gesetzestext mit einem Vorwort nachlesen.
„Ruhe“ für die Bildungslandschaft können wir dennoch nicht versprechen. Erstens: Bildung ist von Hause aus ein dynamischer Bereich, das gilt in der modernen Wissensgesellschaft in besonderem Maße, und zweitens: Das, was gegenwärtig das Bildungswesen in Sachsen-Anhalt im Ganzen leistet, reicht wirklich nicht aus, um sich mit Stabilität und „weiter so“ abzufinden. Die Linkspartei.PDS jedenfalls will sich mit einer hohen Zahl von Schülerinnen und Schülern, die lediglich einen Hauptschulabschluss oder gar keinen Schulabschluss erreichen, mit einer hohen Abhängigkeit zwischen Schulkarriere und sozialer Stellung der Eltern, mit niedriger Studierquote und nachlassender Berufsfähigkeit nicht abfinden. Wir wollen auch nicht nur mal über die Probleme reden, wir schlagen konkrete Schritte vor, wie es gehen kann.