Frage an Hans-Heinrich Krebber von Herbert D. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Krebber,
die CDU-FDP-Regierung installierte am Niederrhein (Kleve, Kamp-Lintfort) eine internationale Hochschule. Aus der Bevölkerung kommen kritische Stimmen, die man nicht mit Engstirnigkeit oder sogar Fremdenfeindlichkeit abtun sollte.
Wie stehen Sie zur der neuen Hochschule und wie werden Sie diese Institution unterstützen um bei der hiesigen Bevölkerung vorhandene Ressentiments und Vorbehalte abzubauen?
Da auch das Land NRW sparen soll (Schuldenbremse) stellt sich die Frage, wie Sie die Lehre und Forschung finanziell unterstützen wollen? Denn allein auf Drittmittel aus der Industrie und Wirtschaft zu hoffen - die ja nur für die Forschung und Entwicklung eingesetzt werden dürfen - wird nicht reichen. Gute Lehre braucht u.a. auch gutes und somit anständig bezahltes Lehrpersonal, Zeitverträge sollten daher die Ausnahme sein.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Ausbildung zum Bachelor (und Master). Der Bachelor wird von der Industrie verschmäht - ist eine Nullnummer ( http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2012/0426/bachelor.php5 ). Von den jungen Menschen wird viel gefordert, so mancher ist aber damit überfordert. Und trotzdem ist die Ausbildung zum Bachelor unzureichend, da oft Schulwissen nachgeholt werden muss und somit weniger vom eigentlichen Lerninhalt den Studenten nähergebracht werden kann. Die deutschen Hochschulen und Universitäten sind zu Paukschulen verkommen, Wissen und Kenntnisse können zur Problemlösung von den Studenten nicht transformiert werden. Erlerntes ist schnell vergessen und kann nicht angewendet werden.
Leider musste ich/wir diese Erfahrung auch machen: wenn ein Ingenieur nicht in der Lage ist, eine Fehlerabschätzung bzw. einen Toleranzbereich (Ermittlung von Messunsicherheiten, Fehlerfortpflanzung) für einen ermittelten Wert anzugeben, dann ist die Ausbildung unzureichend - und der Bachelor nicht geeignet eine Brücke zu bauen.
Wie werden Sie Abhilfe schaffen?
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Derksen
Sehr geehrter Herr Derksen,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne nachfolgend beantworte. Ich bitte jedoch um Verständnis, dass ich mich auf den regionalen Bezug und NRW beschränken möchte.
Zu den positiven und negativen Effekten des sog. „Bolongna- Prozesses“ zu dem auch der Wechsel zum System Bachelor und Master gehört, kann man viel sagen/ schreiben, letztlich muss ich Sie derzeit, zumal ich kein Hochschulexperte bin, als unveränderliche Vorgabe ansehen.
Die von der FDP maßgeblich herbeigeführte Gründung der Hochschule Rhein-Waal hat die politische Vorgabe, eine sog. MINT- Hochschule zu sein. Damit hat die Politik die inhaltliche Ausrichtung auch Naturwissenschaften und Technik vorgegeben, hält sich jedoch richtiger weise aus der Detailausrichtung der Hochschule heraus. Nach unserer Überzeugung können die Professoren an Hochschulen besser entscheiden, wo die Anforderungen in Zukunft liegen werden, als Ministerialbeamte.
Die von der Hochschule gewählte Schwerpunktausrichtung auf englischsprachige Studiengänge und eine damit verbundenen internationaler Ausrichtung kann ich jedoch nachvollziehen und halte ich auch für uneingeschränkt unterstützungswürdig. Ich sehe in der Bevölkerung auch keine „Ressentiments“, aber sicherlich Unsicherheit und teilweise Unklarheit, was an der Hochschule tatsächlich „gemacht“ wird. Es gibt bereits einige Initiativen, die dem gegenseitigen Austausch zwischen Bevölkerung und Hochschule dienen. Ich bin mir sicher, dass nach dem Umzug in diesem Sommer diese Bemühungen noch intensiviert werden und damit auch einige Skeptiker sehen werden, dass die internationale Ausrichtung der Hochschule für den Kreis Kleve auch viele neue Chancen eröffnen wird.
Die von Ihnen richtig angesprochenen finanziellen Probleme des Landes sind der Grund, warum wir als FDP zeitlich dem Studium nach gelagerte Studienbeiträge in moderater Höhe als angemessenen Beitrag der Hochschulabsolventen zur Verbesserung der finanziellen Situation der Hochschulen ansehen. Es macht aus unserer Sicht jedenfalls keinen Sinn, erst durch FDP/CDU eine Hochschule im Kreis Kleve zu gründen, um diese danach unter rot-grün finanziell ausbluten zu lassen. Daher muss Bildung weiterhin auch ein finanzieller Schwerpunkt des Landes sein, der jedoch durch Studienbeiträge ergänzt wird.
Zum Schwerpunkt Bildung gehört auch, dass die Schulbildung auf allen Qualifikationsstufen zu verbessern ist. Die rot-grüne Einheitsschule unter will-fähiger Unterstützung der CDU sehen wir nicht als Beitrag zur qualitativen Verbesserung der Schulbildung an. Dadurch entstehen auch Erscheinungen wie von Ihnen geschildert, dass an den Hochschulen oder in den ausbildenden Betrieben Schulbildung nachgeholt werden muss. Wir müssen daher in der Schulpolitik mehr über Qualität und weniger über Strukturen diskutieren.
Die Inhalte des Studiums müssen letztlich die Hochschulen selber festlegen, die Politik kann nur die richtigen Rahmenbedingungen (Schulbildung, Finanzen, etc..) festlegen. Unsere Hochschule Rhein-Waal verfolgt hier einen interessanten Weg jenseits der üblichen Pfade. Ich bin mir sicher, dass für viele praktische Einsatzfelder hiermit in Zukunft die richtigen Absolventen zur Verfügung stehen werden. Für viele andere Felder wird in Zukunft ein Masterabschluss notwendig sein. In verschiedenen Bereichen entstehen derzeit durchaus gegenläufige Entwicklungen. So gibt es durchaus Bereiche, wie in der Wirtschaftsprüfung, in denen Unternehmen stärker auf Bachelorabsolventen setzen, während in anderen Bereichen ein Masterabschluss als unabwendbar angesehen wird. Im Ergebnis wird jedes Unternehmen selber wissen müssen, welches Studium und welche Hochschule die notwendigen Absolventen hervorbringt. Die regionale Nähe der Hochschule Rhein-Waal verbessert hier im Übrigen auch die Möglichkeit, zukünftige Absolventen und Ihre Fähigkeiten vorab im Rahmen eines Praktikums kennenzulernen.
Mit liberalem Gruß
Heinrich Krebber
FDP Landtagskandidat 2012