Frage an Hannes Meist von Silke S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Meist,
was halten Sie persönlich, oder auch die DKP davon, dass es für die Aufnahme von neuen Asylsuchenden eine jährliche Obergrenze gelten soll?
Wir haben doch jetzt schon so eine hohe Arbeitslosenzahl und zu wenige Wohnungen. Wie soll das Problem denn gelöst werden?
Freundliche Grüße
S. S.
Sehr geehrte Frau S.,
zunächst vielen Dank für Ihr Interesse und bitte entschuldigen Sie, daß ich erst etwas verspätet dazu komme, Ihnen zu antworten.
Grundsätzlich zuallererst: Eine Obergrenze ist keine Option. Das ist die Position der DKP und ich teile diese Position uneingeschränkt. Horst Seehofer und die CSU haben seinerzeit diese Sau durchs mediale Dorf getrieben, wohl wissend, daß das schon aus formaljuristischen Gründen nicht zu machen wäre. Das Grundgesetz regelt, daß politisch Verfolgte ein Recht auf Asyl haben. Ein Grundrecht kann man nicht zahlenmäßig limitieren.
Wenn Menschenrechte und Menschenwürde etwas bedeuten sollen, dann müssen sie universellen Charakter haben und man muß den Anspruch haben, daß diese Begriffe generell gelten und nicht beliebig abgeschaltet werden können wenn die Decke kürzer wird. Wobei ich es auch für gefährlich halte, sich auf die vermeintliche Sachzwangslogik einzulassen, daß man bestimmte Personengruppen aussteuert wenn der Kuchen kleiner wird (was er übrigens nicht tut).
Wenn man dieses Spiel mitspielt, wo hört das dann auf? Als nächstes reicht es nicht mehr für ALG II-Empfängerinnen oder für Alleinerziehende oder für Menschen mit Handicap? Wenn man sich darauf einlässt, Zielgruppen auszuwählen, die man vom Schlitten schubst wenn die Wölfe kommen, wer sagt einem, daß man dann nicht selbst der Nächste ist?
Die DKP hat in ihrem Sofortprogramm 2016 bewußt formuliert, gemeinsam zu kämpfen. Das bedeutet auch, sich nicht in den vermeintlichen Gegensatz zwischen Bürgerinnen und Bürgern der BRD und MigrantInnen zwingen zu lassen und stattdessen dem Versuch der Spaltung die Solidarität entgegenzusetzen.
Denn, und da haben Sie recht, es fehlen bezahlbare Wohnungen, es fehlen Arbeitsplätze, die so bezahlt werden, daß man davon leben kann, es fehlt an allen Ecken und Enden. Erste Maßnahmen sind Aktionen wie die Forderung, Wohnraum der Spekulation zu entziehen und gegebenenfalls auch zu enteignen, um den Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen. Ein öffentliches Wohnungsbauprogramm wäre ein weiterer Schritt, finanziert aus der Reduzierung der Rüstungskosten.
Eine (Rück)überführung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge in öffentliches Eigentum würde diese dem Ziel der Profitmaximierung im Interesse irgendwelcher Aktionäre entziehen. Somit könnten Leistungen verbilligt und die Teilhabe aller gewährleistet werden.
Angemessene Besteuerung hoher Vermögen und Schließen von Steuerschlupflöchern, große Konzernunternehmen (google, facebook, amazon, etc.) überhaupt erst einmal angemessen zu besteuern würde den öffentlichen Haushalten ausreichend Spielraum für die nötigen Investitionen in Arbeit, Wohnen, Bildung und nicht zuletzt Pflege geben. Würden diese Investitionen tatsächlich getätigt könnten wir ausreichend Arbeitsplätze schaffen für alle, egal woher man kommt. Ob und in welchem Maß das umgesetzt werden kann hängt von unserer (und auch ihrer) Bereitschaft ab, darum zu kämpfen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Hannes Meist