Frage an Hannah Neumann von Marco H. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrte Frau Dr. Neumann,
Computertechnologien und die dabei eingesetzte Software sind schon lange zum unverzichtbaren Mittel in der gesamten öffentlichen Verwaltung -auch in der EU- geworden. Medienberichten zufolge dominiert dabei sehr stark der Konzern Microsoft mit seinem Betriebssystem Windows und seinen Officeprodukten die Verwaltungen aller europäischen Länder. Auch spezielle Software wird fast immer proprietär lizensiert.
Das bedeutet, dass niemand außer dem Konzern / Anbieter selber Einblick in die genaue Funktionsweise der Software bekommen kann.
Dies birgt m. E. viele Risiken / Nachteile:
- Intransparenz: Was tut die Software wirklich?
- Mögliche Verletzung der Privatsphäre von Bürgern
- Hohe Lizenzgebühren
- Keine Weiterverwertung durch andere staatliche Organe möglich, da kein Einblick in die Funktionsweise
- Keine eigene individuelle Anpassung an lokale Bedürfnisse durch die jeweilige Verwaltung
...
Einen Lösungsansatz dafür bietet sog. freie Software (open source). Am bekanntesten sind hier das Betriebssystem Linux und z. B. Open Office. Jeder darf den Programmcode dieser Software einsehen und nach belieben anpassen. Dies bringt Transparenz, Wiederverwertbarkeit und Schutz der Privatsphäre. Außerdem fallen dafür keine Lizenzgebühren an.
Die Free Software Foundation Europe (FSFE) fordert daher mit der Kampagne "Public money, public code", dass von der Gemeinschaft bezahlte Software open source sein sollte: https://fsfe.org/campaigns/publiccode/brochure
Als den Grünen zugeneigter Wähler interessieren mich daher folgende Fragen:
Wie vertraut sind Sie persönlich mit der Thematik und wie ist Ihre Haltung dazu?
In wieweit gibt es ein Bewusstsein über die o. g. Problematik in Ihrer Partei allgemein?
Sehr geehrter Herr H.,
danke, dass Sie dieses wichtige Thema ansprechen. Wir Grüne setzen uns schon lange für die Verwendung von Free and Open Source Software (FOSS) ein - das findet sich auch in unserem aktuellen Europawahlprogramm. Wir unterstützen auch speziell den Einsatz von freier Software in der öffentlichen Verwaltung, schon bevor es die Kampagne "Public Money, Public Code" der FSFE gab. Von dem Geld, was allein in Deutschland in einem Jahr an Lizenzgebühren für Betriebssysteme und Büroanwendungen in der Verwaltung ausgegeben wird, könnte man vermutlich ein eigenes freies Betriebssystem programmieren lassen.
Freie Software kann auch zur besseren IT-Sicherheit beitragen. Das allerdings kostet Ressourcen und ist nicht selbstverständlich, wie die Hearbleed-Verwundbarkeit in OpenSSL vor fünf Jahren gezeigt hat. In der EU hat daher unsere Fraktion erfolgreich durchgesetzt, dass im Rahmen eines Pilotprojektes ein Programm zur Suche von Fehlern in freier Software (Bug-Bounties) finanziert wird. Dasselbe haben wir im neuen mehrjährigen Finanzrahmen der EU für 2021-2027 getan, der nach der Europawahl final verhandelt werden wird.
Mit grünen Grüßen,
Hannah Neumann