Frage an Hannah Neumann von Jörg H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Dr. Neumann,
nach meiner Meinung war die Erweiterung der EU auf 28 Mitglieder ein Fehler. Diese "Gemeinschaft" ist zu heterogen und hat nur wenig gemein.
Ich bin für die Neugründung einer europäischen Wirtschaftsunion mit den Gründungsstaaten Deutschland, Frankreich, Österreich, Niederlande, Dänemark sowie - wenn von der Bevölkerung dieser Staaten gewünscht - Schweden und Finnland. Norwegen würde vermutlich in dem Status bleiben, den es jetzt gegenüber der EU hat.
Diese EWU wäre mit Sicherheit auch für das Vereinigte Königreich interessant - und der BREXIT wäre rasch vom Tisch.
Was halten Sie von diesem Vorschlag?
Mit freundlichen Grüßen
-- J. H. --
Sehr geehrter Herr H.,
die EU wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Friedens- und Versöhnungsprojekt konzipiert, das seit seinen Anfängen der Beteiligung anderer europäischer Länder offen stand. Aus den Gründungsdokumenten der Gemeinschaft (wie bspw. der Schuman Deklaration vom 09. Mai 1950) lässt sich entnehmen, dass neben der Vertiefung der Integration, durch eine schrittweise Ausweitung auf andere Politikbereiche, auch immer eine Integration in die Breite, durch die Aufnahme neuer Mitgliedsländer, verfolgt wurde.
Durch die Politik der Öffnung konnte der Kreis der sechs Gründungsmitglieder Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Belgien, Luxemburg und Italien um Länder wie Österreich (1995), Dänemark (1973), Schweden (1995) und Finnland (1995) erweitert werden.
Die Aufnahme neuer Mitgliedsländer hat der EU eine gesellschaftliche, kulturelle und sprachliche Vielfalt beschert, durch die die europäische Idee den europäischen Bürger*innen seit nunmehr 70 Jahren ein weitestgehend friedliches Miteinander ermöglicht hat. Das offizielle Motto der EU – „In Vielfalt geeint“ – bringt gut zum Ausdruck, dass die EU gerade aus der Vielfalt ihrer einzelnen Mitgliedsländer ihre Kraft schöpft und diese eine Bereicherung für den ganzen Kontinent darstellt.
Den Kreis der Mitgliedstaaten auf rund ein Drittel zu reduzieren und die EU- Grundfreiheiten (Freiheit von Warenverkehr, Dienstleistung, Personen- und Kapitalverkehr) durch die Schaffung einer ‚Wirtschaftsunion‘ zu beschneiden, würde als Folge die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand der EU-Bürger*innen reduzieren; übrigens ganz besonders den Deutschlands. Zudem ist dadurch nicht gesichert, dass der Austritt Großbritanniens vom Tisch wäre – der Brexit wurde vor allem von der Idee getragen, dass ein Austritt die Wiedererlangung der nationalen Souveränität bedeuten würde.
Für uns GRÜNE sind der Binnenmarkt und die Erweiterungspolitik Erfolgsgeschichten der Union, an denen es festzuhalten gilt und die wir verantwortungsvoll und zum Wohle der Bürger*innen fortschreiben wollen.
Mit grünen Grüßen
Dr. Hannah Neumann