Frage an Gundhild Jahn von Detlef H. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Jahn,
sicher steht Ihnen als Gymnasiallehrerin Fragen der Schulpolitik in Sachsen-Anhalt näher als andere Themenbereiche.
Doch bin ich mir sicher, dass Sie auch Fragen der Gesundheitspolitik inhaltlich schwer beschäftigen.
Im Salzlandkreis wird es mangels eigener wirtschaftlicher bzw. finanzieller Leistungsfähigkeit des Landkreises zu einer Privatisierung der Krankenhausholding kommen. Ganz besonders betroffen davon sind auch die Kliniken Aschersleben-Staßfurt.
Sehen Sie dort nicht die Gefahr der oft zitierten "Zweiklassen-Medizin" und welche Aufgaben hätte die neue Landesregierung in dieser Hinsicht zu lösen?
Mit freundlichen Grüßen
Detlef Haase
Sehr geehrter Herr Dr. Haase,
natürlich beschäftigt mich als Ascherslebenerin auch die lokale Gesundheitspolitik und dabei insbesondere das Krankenhaus, da es natürlich eine wichtige Rolle in der Region spielt.
Ich kenne das Krankenhaus gut, ich habe auch die Entwicklungen in den letzten 20 Jahren mitverfolgt. Die Ascherslebener Klinik wurde mit großem Aufwand völlig modernisiert, dem medizinischen Fortschritt angepasst und verfügt über gute strukturelle Voraussetzungen im Vergleich zu anderen vergleichbaren Häusern. Woher dann die Schwierigkeiten im letzten Jahr? Der bisherige Träger der Krankenhausholding - der Salzlandkreis - gibt unumwunden zu, die notwendigen Veränderungen und strategischen Entscheidungen innerhalb der noch jungen Holding nicht durchsetzen zu können. Den Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Standorten Aschersleben, Staßfurt, Bernburg und Schönebeck hat man wohl im Kreistag und in dem von Kreistagsmitgliedern besetzten Aufsichtsrat nicht hinbekommen. Besonders die Situation in Staßfurt zeigt mir, wie sehr (menschlich verständliche) lokalpatriotische Interessen und Stimmungen einen Klinikbetrieb gefährden können. Der Weiterbetrieb der Staßfurter Klinik war sicher aus verschiedenen Gründen nicht mehr sinnvoll und möglich. Dadurch kam auch Aschersleben in finanzielle Schieflage, vor allem durch im Sommer 2010 ausbleibende Patienten aus dem Staßfurter Raum.
Vorrangiges Ziel muss es sein, nun den Klinikbetrieb in Aschersleben zu erhalten, zu stabilisieren und mittelfristig auch finanziell zu konsolidieren. Wenn ein kommunaler Träger dazu nicht in der Lage ist, darf auch eine Privatisierung kein Tabu sein! Ihre Sorge, dass sich dadurch der Trend zur Zweiklassenmedizin verstärkt, ist allerdings unbegründet: Auswirkungen auf Zuzahlungen der Patienten hätte dieser Schritt sicher nicht. Die Regelsätze dafür sind in allen Krankenhäusern gleich. Auch die Krankenkassen zahlen für Behandlungen in Kliniken privater Träger nicht unbedingt mehr. Sehr viele kommunale Krankenhäuser in Deutschland sind schon in privater oder "freier" Trägerschaft.
Die Landespolitik sollte vor allem nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen: In den 90èrn sind mit viel Steuergeld Überkapazitäten in der Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt entstanden, die nun nicht mehr wirtschaftlich sind. Zudem nimmt die Verweildauer der Patienten im Krankenhaus durch die medizinische Entwicklung stark ab, die Bevölkerungszahlen schrumpfen (leider), es gibt zu wenig Ärzte...
Es muss aber weiter bezahlbare, moderne Klinken geben, auch wenn deren Zahl ab- und die Entfernungen für die Patienten zunimmt. Es braucht also unbedingt Stabilität. Zu hoffen ist dann, dass das Krankenhauspersonal in Aschersleben auch weiterhin ausreichend motiviert ist und bei der Stange bleibt: Es wird nicht zu ersetzen sein. Hier kann Politik viel tun, um Vertrauen werben, stabile Verhältnisse anstreben, auch finanziell Anreize Schaffen, um Ärzte in strukturschwache Regionen zu locken. Im Lehrkrankenhaus Ascherleben müssen nicht zuletzt auch die guten Ausbildungsverhältnisse für den ärztlichen Nachwuchs erhalten bleiben.
Danke, Herr Dr.Haase, dass Sie mir mit Ihrer Frage den Anstoß und die Gelegenheit gegeben haben, mich zu diesem wichtigen Thema zu äußern.
Mit freundlichen Grüßen
Gaundel Jahn