Frage an Gumbert Salonek von Andrea K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Salonek,
als Gastwirt kennen Sie sicher die Problematik der Außensitzplätze gegenüber der Lärmbelästigung der Anwohner. Im Speziellen meine ich damit die Gegend um die Simon-Dach-Straße.
Wie ist Ihre Meinung zu dem Thema?
Mit freundlichen Grüße
Andrea Knorr
Liebe Andrea Knorr,
das Thema ist auch ein Dauerbrenner; die Politik kann versuchen, einen Ausgleich zu schaffen, muß aber notfalls für den Einen und gegen den Anderen entscheiden.
Die Rechtslage ist klar: das Bundesimmissionsschutzgesetz erzwingt bei wenigen Ausnahmen die Schließung von Biergärten um 22h, wenn auch nur ein einzelner Bürger sich gestört fühlt und sich auf das Gesetz beruft.
Ob die Gaststätten zuerst da waren oder die Anwohner, ist kein gutes Argument, denn dann gäbe es vom Prenzlberg bis Friedrichshain überhaupt keine Biergärten; und es kann nicht sein, daß sich um den Boxhagener Platz kein Nachtleben entwickeln darf, nur weil es dort früher keines gab.
Die meisten Leute wollen heutzutage die schönen Sommerabende wie im Urlaub in Südeuropa draußen sitzen können. Die Bewohnerschaft gerade des Altbaubereiches von Friedrichshain östlich von Petersburger und Warschauer Str. ist weit überwiegend von Menschen zwischen 20 und 40 Jahren geprägt: genau wie das Publikum der Gaststätten! Deren Ausgehverhalten prägt die Szene, vor 21h tut sich da nicht so viel.
Natürlich sollte man nach 22h draußen besonders leise sein; dieser Sommer war schön, aber normalerweise ist es nur an 30 Tagen im Jahr überhaupt so warm, daß man nach 22h noch draußen im Biergarten sitzen möchte.
Um den Konflikt zu entschärfen, hat das Bezirksamt schon vor einigen Jahren die Zahl der genehmigten Sitzplätze draußen auf die Hälfte reduziert. Tatsächlich sind wegen der verkürzten Öffnungszeiten und der halbierten Platzzahl viele Gäste der Simon-Dach-Str. weggeblieben, die Umsätze der Wirte sind erheblich zurückgegangen, und in der Folge haben sie heute einige 100 Kellnerjobs weniger anzubieten (als Wirt außerhalb dieser Gegend werde ich nun um so öfter nach einem Job gefragt, den ich aber mangels Umsätzen in Nebenstraßen nicht bieten kann).
Der Tourismus ist heute einer der ganz wenigen Bereiche, in denen die Wirtschaft Berlins wächst. Vielleicht sind die für Friedrichshain verlorenen Kellnerjobs anderswo entstanden.
Aber um unsere Stadt wirtschaftlich wieder auf die Beine zu bringen, sollten wir alle unsere Empfindlichkeiten ein bischen zurückstellen.
Die FDP bemüht sich seit Jahren um eine Gesetzesänderung, damit Biergärten künftig problemlos bis 24h geöffnet werden können. Ich weiß, daß viele das als Anwohner falsch finden, sich aber sehr darüber freuen würden, wenn sie selbst abends im Biergarten sitzen wollen.
In diesem Sinne:
Prost und Gruß
Gumbert Salonek