Frage an Guido Westerwelle von Helmut W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Westerwelle,
wann wird die FDP sich endlich gegen einen Kammerzwang aussprechen, ich meine nicht die Abschaffung der IHK; sondern den Zwang zur Mitgliedschaft. Für mich ist dieser momentane Zustand eine besondere Form der Diktatur und ein bedeutender Einschnitt in die Persönlichkeitsrechte und ein grober Verstoss gegen die Vereinigungsfreiheit laut EUGH
Sehr geehrter Herr Witter,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 15. Juli 2008.
Die FDP hat sich auf ihrem 57. ordentlichen Bundesparteitag in Rostock für eine umfassende Reform der Industrie- und Handelskammern, sowie der Handwerkskammern auf der Basis der bestehenden Pflichtmitgliedschaft ausgesprochen.
Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Im Hinblick auf das deutsche Kammerwesen stehen zwei Prinzipien im Widerstreit, die für uns Liberale von grundlegender Bedeutung sind. Das ist zum einen die unternehmerische Handlungsfreiheit; und zum anderen die Selbstverwaltung der Wirtschaft. Ohne erstere käme der wirtschaftliche Wettbewerb, die Grundlage unseres Wohlstandes, zum Erliegen; Ohne letztere würde die Staatsverwaltung noch weiter um sich greifen.
Dieser Interessenskonflikt prägte auch die Debatte in Rostock. 45 Delegierte meldeten sich zu Wort. Engagiert wurde um eine Lösung gerungen. Das Ergebnis steht den Liberalen gut zu Gesicht:
In unserem Parteitagsbeschluss geben wir der Überzeugung Ausdruck, dass die gegenwärtige Organisation der Kammern als Körperschaften öffentlichen Rechts die geeignete Form ist, um die Selbstverwaltung der Wirtschaft und die Interessenvertretung der Unternehmen zu gewährleisten. Unabhängig davon sehen wir bei den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern erheblichen Reformbedarf:
- Jene Kleinstfirmen, die keinen originär gewerblichen Charakter haben und nicht ausbilden können, sollen auf Dauer von Beiträgen befreit werden.
- Ferner müssen die Kammern für mehr Transparenz in ihrer Rechnungslegung, Geschäftsführung und Qualität sorgen. Wir erwarten zudem, dass sie sich auf ihre Kernaufgaben beschränken.
- Schließlich muss die innere Verfassung der Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern mehr Demokratie, Transparenz und Effizienz ermöglichen.
Nur so werden die Kammern den Anforderungen einer sich immer weiter globalisierenden Wirtschaft gerecht und können dem bisweilen berechtigten Unmut über die Pflichtmitgliedschaft entgegenwirken.
Unter http://parteitag.fdp.de/files/94/BPT2006-Kammerwesen.pdf finden Sie zu
Ihrer weitergehenden Information den kompletten Parteitagsbeschluss.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Guido Westerwelle, MdB