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Guido Westerwelle
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Frage von Ralf O. •

Frage an Guido Westerwelle von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Westerwelle,

1)Was halten Sie von einer League of Democracies als Ergänzung oder Ersatz zur UNO, die Ivo Daalder, der außenpolitische Berater Obamas, Robert Kagan, der außenpolitische Berater Mc Cains sowie US-Präsidentschaftskanidat Mc Cain selbst vorgeschlagen haben.
Sehen Sie darin mehr die Chance für eien neuen Multilateralismus oder eher die Gefahr eines neuen Kalten Krieges, der China und Rußland als neue Gegner hätte?

2)Nach der Verlegung der Bundesmarine vor die Küsten des Libanons:Wie weit geht die Solidarität mit Israel im Falle eines Konfliktes mit dem Iran--ist eine Beteiligung der Bundeswehr
im Krisen- oder gar Kriegsfall auszuschließen?Wie steht die FDP dazu?

3) Wie stehen Sie zu dem Vorschlag von Herrn von und zu Guttenberg eine unabhängige Afghanistan-Kommission unter dem Vorsitz von Rühe und Fischer einzusetzen, um eine Zwischenbilanz zu ziehen, die Ziele zu definieren und auch eventuell Exitstrategien zu erörtern?Wie stehen sie dem vielgefroderten Strategiewechsel gegenüber und was sollte er ihrer Meinung nach beinhalten?

MfG

Ralf Ostner

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Ostner,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 10. Juli 2008.
Zuständigkeitshalber hat der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Herr Dr. Werner Hoyer, MdB, Ihre Fragen beantwortet. Sie finden seine Ausführungen in der Anlage.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Biesel
Leiter des Büros des
Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion
Dr. Guido Westerwelle, MdB

Sehr geehrter Herr Ostner,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Zu Ihrer Frage Nr. 1)
Der Vorschlag einer "League of Democracies" geistert seit geraumer Zeit durch die US-amerikanische think-tank-Landschaft und ist in der Tat inzwischen auch von den US-Präsidentschaftsbewerbern aufgegriffen worden - wird allerdings meist nicht sehr konkret gefasst. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber John McCain, den Sie selbst in Ihrer Frage genannt haben, sprach sich bereits vor einem Jahr an der Stanford University für eine solche Organisation aus, die die VN aus seiner Sicht allerdings nicht ersetzen, sondern ergänzen solle.

Als FDP begrüßen wir grundsätzlich jede Initiative, die zu einer Rekonstruktion der Idee der "Westens" als Gemeinschaft der freiheitlichen, rechtsstaatlichen Demokratien beiträgt. Denn woran es im transatlantischen Verhältnis oftmals mangelt ist nicht die Breite an Themen und auch ganz bestimmt nicht an aktuell zu bewältigenden Herausforderungen, wohl aber an gemeinsamen Zukunftsvisionen. Wirklich überzeugende Argumente, dass es hierfür neuer Organisationsformen bedarf, die als Konkurrenz zu den VN oder als "Weiterentwicklung der NATO" verstanden werden könnten, sind mir hierzu bislang nicht begegnet. Den Eindruck zu erwecken, die VN durch eine solche Neugründung entwerten zu wollen, deren Kerngedanke in dem Primat der Herrschaft des Rechts vor dem Recht des Stärkeren besteht, hielte ich für politisch unklug.

Zu Ihrer Frage Nr. 2)
Für die FDP ist die Sicherheit Israels nicht verhandelbar. Nicht aus mangelnder Solidarität, sondern weil wir der Meinung sind, dass Deutschlands Beitrag zu einer Friedenslösung im Nahen Osten und Mittleren Osten in der Aktivierung seines enormen politischen Kapitals in der Region bestehen sollte, hat sich die FDP gegen den Einsatz der Bundesmarine vor der libanesischen Küste ausgesprochen. Diese Argumentation setzt sich auch mit Blick auf den Iran fort. Wir halten eine politische Lösung für die einzig vernünftige.

Zu Ihrer Frage Nr. 3)
Der Deutsche Bundestag hat die deutsche Beteiligung an der ISAF-Mission in Afghanistan verlängert. Die FDP hat dem Antrag der Bundesregierung mit großer Mehrheit zugestimmt, zugleich einen eigenen Entschließungsantrag eingebracht, in dem wir unsere Position noch einmal verdeutlichen. Mit Ihrem Verweis auf eine notwendige „Zieldebatte“ gebe ich Ihnen vollkommen recht. Und ich füge hinzu: wir sollten uns dabei nicht überheben. Zu Beginn des Afghanistan-Engagements unter der damaligen rot-grünen Bundesregierung wurde zeitweise der Eindruck erweckt, man könne Afghanistan nun zu einer perfekt rechtsstaatlich funktionierenden Demokratie und einer Gesellschaft nach westlichem Vorbild neu aufbauen. Dieser Ansatz hat sich spätestens in den letzten Jahren als eine arrogante und zugleich gefährliche Illusion herausgestellt. Ich bin überzeugt, dass uns bei der notwendigen Zieldefinition ein wenig mehr Demut in Form von Rücksicht auf die Jahrhunderte alten Traditionen und Mechanismen gut tun würde. Wenn es uns gelingt, dass die afghanischen Autoritäten aus eigener Kraft wieder für Sicherheit für die eigene Bevölkerung und die Einhaltung grundlegender Rechte Sorge tragen können, und damit die Gefahr gebannt ist, dass in Afghanistan erst die eigene Bevölkerung und dann von Afghanistan aus der Rest der Welt terrorisiert wird, dann ist schon viel erreicht. Neue Kommissionen braucht es hierfür nicht, weil die Probleme hinreichend bekannt sind. Um dieses Zeil zu erreichen, führt derzeit kein Weg an einer stärkeren internationalen Präsenz vorbei – und zwar nicht nur militärisch, sondern auch im Bereich der Polizei und der zivilen Wiederaufbauhelfer. Das Gegenteil, also ein Abzug des internationalen Personals, hieße hingegen, das Erreichte aufzugeben.

Dr. Werner Hoyer, MdB
Stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion und Sprecher für Außenpolitik