Frage an Guido Westerwelle von Uwe H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Westerwelle,
ich möchte Sie auf eine Veröffentlichung hinweisen, die mir sehr zu denken gegeben hat. Ich habe mit Interesse die Auseinandersetzungen zu den Testkäufen Jugendlicher zum Thema Alkoholverkauf verfolgt und die Bedenken zu diesem Thema geteilt.
Jetzt scheinen Rechtsanwälte auf einem anderen Gebiet des Jugendschutzes zur Selbstjustiz zu greifen. Ich frage mich und Sie, ob dies der richtige Weg ist, derartig sensible Themen am Rande der Rechtsstaatlichkeit voranzutreiben.
"Es gehe um den Jugendschutz, stellt Ehrhardt dar. Anbieter hätten in "mehreren Hundert Fällen" von minderjährigen Testkäufern (14, 13, 12 Jahre) bestellte, jugendgefährdende Bücher ohne Rückfrage versandt. Darunter seien "zahlreiche pornografische Schriften" und Titel wie "Anleitung zum Selbstmord" und "Das definitive deutsche Hanfhandbuch" gewesen."
nachzulesen hier:
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,523843,00.html
Ich wende mich an Sie, weil Sie selbst als Volljurist sicher ein kompetenter Ansprechpartner sind und die zitierte Rechtsanwältin eine Funktion in Ihrer Partei ausübt.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Hanisch
Sehr geehrter Herr Hanisch,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.
Abmahnungen haben eine wichtige Funktion, insbesondere bei wettbewerbswidrigem Verhalten. Hier ist die Abmahnung ein wirksames Instrument, um auf Fehlverhalten zu reagieren, ohne einen Unterlassungsanspruch im gerichtlichen Verfahren geltend zu machen müssen. Die Abmahnung ermöglicht damit die zügige Erledigung vieler Streitfälle bereits in einem frühen Stadium. Dennoch herrscht nach wie vor in Deutschland große Rechtsunsicherheit über das Abmahnwesen. Ebenfalls herrscht oftmals Unverständnis über die regen Tätigkeiten von so genannten Abmahnvereinen.
Der Gesetzgeber hat diese Probleme bereits frühzeitig erkannt. Bereits mit der UWG-Novelle von 1994 ist der Gesetzgeber der massenhaften klageweisen Verfolgung von Wettbewerbsverstößen entgegen getreten. Diese Änderungen wurden notwendig, weil die Regeln zur Klagebefugnis von Wettbewerbern häufig zur Durchsetzung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche und der damit verbundenen Vorteile führte als zur Unterbindung von wettbewerbswidrigen Handlungen. Dies führte dazu, dass wettbewerbsrechtliche Ansprüche weit über das Maß des Notwendigen hinaus geltend gemacht wurden. Um in Bagatellfällen den Verletzer von Urheberrechten nicht überzogenen Anwaltkosten auszusetzen, hat die Bundesregierung in diesem Jahr einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem der Ersatzanspruch des Verletzten auf erstattungsfähige Anwaltsgebühren gegenüber dem Verletzer auf 50 Euro begrenzt werden soll. Die FDP-Bundestagsfraktion hält diesen Vorschlag für verfehlt. Eine Begrenzung würde dazu führen, dass der Rechtsinhaber die Kosten selbst trägt, soweit die Vergütung des Rechtsanwalts höher als 50 Euro ist und zwar auch dann, wenn die Abmahnung an sich berechtigt war. Damit wird das Prinzip des Schadensersatzes durchbrochen. Mit einer Stärkung der Rechte von Eigentümern hat diese Regelung nichts zu tun.
Die Politik sollte sich daher auf die Fälle konzentrieren, in denen von der Möglichkeit der Abmahnung rechtsmissbräuchlich Gebrauch gemacht wird. Die FDP wendet sich entschieden gegen die missbräuchliche Anwendung von Abmahnungen. Die Abmahnung ist insbesondere dann missbräuchlich, wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Entscheidend ist, dass die unberechtigte und missbräuchliche Abmahnung weitgehende rechtliche Konsequenzen hat. Für die missbräuchliche Abmahnung kann ein Aufwendungsersatz verlangt werden. Hat der Abgemahnte in Unkenntnis des Missbrauchs Aufwendungsersatz geleistet, kann er den Betrag zurückfordern. Zudem stellt die rechtsmissbräuchliche Abmahnung selbst ein wettbewerbswidriges Verhalten dar.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Guido Westerwelle, MdB