Frage an Guido Westerwelle von Jürgen P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Westerwelle,
halten Sie es für sozialpolitisch vertretbar, dass Ingenieure, die vor dem Mauerfall die DDR verlassen haben, und die lt. Spruchpraxis der durch das BSG kreierten Stichtagsregelung unterfallen, nach dem RÜG unverhältnismäßig schlechter gestellt werden, als in der DDR verbliebene Ingenieure?
Ingenieure der neuen Bundesländer, auch die, die nicht der FZR der DDR beigetreten waren, erhalten durch das Inkrafttreten des RÜG, wenn sie am 30.06.1990 als Ingenieur in einem VEB gearbeitet haben, eine Rente auf der Grundlage des AAÜG, d.h. der Gesamtbruttoverdienst wird zur Ermittlung der Rente herangezogen.
Ingenieure, die nicht der FZR der DDR beigetreten waren (weshalb sollten sie, wenn sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt in die BRD wollten, wo ihre Rente nach dem FRG ermittelt werden würde?)und die vor dem Mauerfall in die BRD übersiedelten hatten eine Versorgungszusage nach dem FRG(Wegweiser für Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR).
Rentenanwartschaften sind nach Art. 14 GG geschützt, auch wenn diese Ansprüche nicht durch Beitragszahlungen, sondern maßgeblich durch Arbeitsleistung erworben wurden.
Die damalige Bundesregierung hat ihre Zusage gegenüber den DDR-Übersiedlern bezüglich FRG durch Einführung § 259a SGB VI gebrochen.
Die FDP hat 1991 der Änderung des FRG zugestimmt, obwohl Fraktionsmitglieder bekannten, dass es für diese Quasienteignung der Übersiedler keinen politischen Willen gab.
Die Renten der vor dem Mauerfall übergesiedelten DDR-Ingenieure liegen teilweise unter der Armutsgrenze in Deutschland.
In einem Gespräch mit Frau Dr. Babel am 08.09.06 bestätigte sie das Protokoll der Bundestagssitzung vom 21.06 1991, aus dem hervorgeht, dass über diesen
§ 259a SGB VI, der erst im Umkehrschluss seine verheerende Wirkung für die Übersiedler entfaltet, nicht diskutiert wurde.
Ich möchte Sie um Antwort bitten, warum diese extrem schlechter behandelt werden als in der DDR Verbliebene, mit gleicher Erwerbsbiografie.
Jürgen Pittelkow
Sehr geehrter Herr Pittelkow,
haben Sie vielen Dank für Ihr Interesse an der Arbeit der FDP.
Das Thema Fremdrentengesetz und Rentenüberleitung für Übersiedler vor dem Mauerfall sorgt nicht nur bei Ihnen weiterhin für Verärgerung. Die FDP nimmt Ihre Beschwerden ernst, insbesondere weil die rückwirkende Neuregelung der Rentenanwartschaften der Übersiedler durch den Übergang vom Fremdrentengesetz (FRG) zum Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) einen Eingriff in deren Rechtsposition aus dem FRG darstellt.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat daher vor kurzem an die Bundesregierung eine Kleine Anfrage gestellt (BT-Drs. 16/5466), in der die FDP-Bundestagsfraktion das Problem juristisch und politisch noch einmal aufgerollt hat. Es wird durch die Kleine Anfrage deutlich, dass die Umstellung vom FRG zum RÜG für
manche Übersiedler positive Effekte hatte, was die Höhe der Renten betrifft, für manche negative. Insbesondere für Frauen ergibt sich durch die vorgenommene Umstellung nach Auskunft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch diese Umstellung ein positiver Effekt.
Rentenreduzierende Wirkungen traten gerade bei denen ein, die während ihrer Erwerbstätigkeit in der ehemaligen DDR keine Beiträge in die Freiwillige Zusatzrentenversicherung (FZR) gezahlt haben. Es ist auch nachvollziehbar, dass jemand, der einen Ausreiseantrag gestellt hat und sich innerlich vom System der DDR verabschiedet hatte, nicht Beiträge für ein System zahlen wollte, dass er ablehnt und gerade verlassen will.
Grundsätzlich ergibt sich aus der Kleinen Anfrage, dass eine pauschale Rückkehr zu den Rechtspositionen des FRG für alle von der Umstellung betroffenen nicht möglich ist. Dies würde nur neue Verärgerung bei denen schaffen, die durch die Umstellung vom FRG zum RÜG begünstigt wurden.
Die FDP-Bundestagsfraktion kümmert sich um eine Lösung, die genau auf den Personenkreis zugeschnitten ist, der negativ von der Umstellung betroffen ist. Diese Lösung muss auf der einen Seite die Interessen der
Bestandsübersiedler wahren, zugleich aber auch die der Beitrags- bzw. Steuerzahlern, die für eine höhere Rentenzahlung finanziell aufkommen sollen. Gerne bleibe ich mit Ihnen wegen der weiteren Schritte zur Lösung des Problems in Kontakt.
Nochmals vielen Dank für Ihre Zuschrift. Ihnen persönlich alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Guido Westerwelle, MdB