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Frage von Volker W. •

Frage an Guido Westerwelle von Volker W. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Dr. Westerwelle,

angeblich sind die Kinder die Gewinner der Unterhaltsreform.

Nach meiner Berechnung können einer getrennt/geschieden lebenden Mutter über 100 € monatlich fehlen.

Beispiel: Der Kindsvater ist Geringverdiener mit 1068 € monatlich. Kind 6 Jahre alt. Wurden bisher 168 € auf Frau und Kind verteilt, konnte die Frau 117 € zusätzlich Unterhaltsvorschuss bekommen. In Zukunft werden die 168 € zuerst dem Kind zugeschrieben. Die Frau kann dann keinen Zuschuss mehr erhalten.

Wo bitte sind da die Kinder die Gewinner? Der Kleinfamilie fehlen jeden Monat 117 €.

Mit freundlichen Grüßen

Weidner

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Weidner,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Familien bedürfen einer besonderen Förderung, um Benachteiligungen auszuräumen. Politische und gesetzgeberische Maßnahmen müssen daher Eltern unterstützen und Kinder bestmöglich fördern. Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich für eine Erhöhung des Kindergeldes, eine Anhebung des Grundfreibetrages von Kindern auf den von Erwachsenen sowie die Gewährung von Unterhaltsvorschuss bis zum Erreichen der Volljährigkeit eines Kindes ausgesprochen.

Für weitere Informationen verweise ich gerne an die für den Unterhaltsvorschuss zuständige Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion für Migration, Seniorenpolitik und bürgerschaftliches Engagement Sibylle Laurischk, MdB und Rechtsanwältin.

Dr. Guido Westerwelle, MdB
Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion
Bundesvorsitzender der FDP

Sehr geehrter Herr Weidner,

vor der Unterhaltsrechtsreform gaben in Repräsentativumfragen rund 26 % der unterhaltsberechtigten Frauen an, keinen Kindesunterhalt für ihre minderjährigen Kinder zu erhalten. Nur ca. 54 % dieser Frauen erhielten nach eigenen Angaben den Kindesunterhalt vollständig und regelmäßig. Kinder waren daher zumeist die Leidtragenden der unterhaltsrechtlichen Streitigkeiten.

Mit der Unterhaltsrechtsreform sollte die Stellung des Kindes dahingehend gestärkt werden, dass dem Kindesunterhalt der absolute Vorrang vor allen anderen Ansprüchen eingeräumt wird, eine Position, die die FDP-Bundestagsfraktion grundsätzlich unterstützte. Denn minderjährige Kinder sind nicht in der Lage sind, für ihren eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.

Auch die Stärkung der Eigenverantwortung der geschiedenen Ehegatten nach der Scheidung begrüßte die FDP-Bundestagsfraktion. Nichtsdestotrotz werden die Auswirkungen der Unterhaltsrechtsreform auch im Zusammenspiel mit dem Steuer- und Sozialrecht zu beobachten sein. Ergänzend möchte ich darauf verweisen, dass sich die FDP-Bundestagsfraktion in Zusammenhang mit der Unterhaltsrechtsreform dafür eingesetzt hat, eine Schlechterstellung von Kindern durch die Anknüpfung an das Existenzminimum zu vermeiden (BT-Drs. 16/5960).

In Ihrer Zuschrift verweisen Sie darauf, dass die Unterhaltsrechtsreform durch die veränderte Rangfolge der Unterhaltsansprüche zu Gunsten der minderjährigen Kinder eine finanzielle Schlechterstellung der Familie insgesamt bedeutet, da nun der Unterhaltsvorschuss, der auf einem Anspruch des Kindes beruht, entfällt. Ich werde diese Frage bei der weiteren Diskussion über das Unterhaltsvorschussrecht, das mir sehr am Herzen liegt, gerne aufgreifen und Sie über aktuelle Entwicklungen im Bereich des Unterhaltsvorschusses informieren. Meine bisherigen Recherchen hinsichtlich aktueller Zahlen blieben allerdings vorerst ergebnislos, da aufgrund des kurzen Zeitraums nach Inkrafttreten der Unterhaltsrechtsreform keine Daten zur Inanspruchnahme von Unterhaltsvorschuss oder auch für Abänderungsanträge von nach altem Recht ergangenen unterhaltsrechtlichen Entscheidungen vorliegen.

Mit Blick auf die Gewährung von Unterhaltsvorschuss bin ich der Auffassung, dass dieser dahingehend geändert werden sollte, dass eine Gewährung bis zur Volljährigkeit des Kindes möglich ist, um das Kindeswohl auch bei später auftretenden Zerwürfnissen wie Trennung und Scheidung besser berücksichtigen zu können. Im Gegenzug dazu sollte die Bezugsdauer auf 36 Monate verkürzt werden, um der Zielsetzung des Unterhaltsvorschusses als vorübergehende Hilfe in einer Phase der Neuorientierung der eigenen Verhältnisse des alleinerziehenden Elternteils und der Durchsetzung der Unterhaltsansprüche bzw. der Sozialhilfeansprüche Rechnung zu tragen. Schließlich sollte das Verfahren entbürokratisiert werden, um den Betroffen schnell und unkompliziert die erforderliche Unterstützung zukommen lassen zu können.

Ihre Frage legt im Grunde die Schwächen des Unterhaltsvorschussrechts offen. Leider schreiben Sie nichts hinsichtlich der Berufstätigkeit oder der Einkommenssituation der Mutter. Der Unterhaltsvorschuss dient eigentlich nicht zur Aufstockung von Unterhalt, wie Sie es darstellen, sondern soll nichtbezahlten Unterhalt auffangen. Dies ist allerdings nur für 6 Jahre insgesamt möglich, Kinder über 12 Jahre haben überhaupt keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Sie sehen, auch das jetzige Unterhaltsvorschussrecht hat Schwächen. Insofern kann ich Ihren Fall nicht abschließend beurteilen, da mir wesentliche Daten fehlen.

Ich berücksichtige Ihren Hinweis in meiner weiteren politischen Arbeit aber gerne und bedanke mich.

Mit freundlichen Grüßen

Sibylle Laurischk, MdB
Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion für Integration und Migration, Seniorenpolitik und bürgerschaftliches Engagement, Rechtsanwältin