Frage an Guido Westerwelle von Klaus S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Dr. Westerwelle,
vor dem Hintergrund des immer noch nicht in Kraft getretenen sogenannten "Stalking-Paragrafen", dem § 238 StGB, kann bislang nur das Gewaltschutzgesetz Betroffenen Schutz gewähren. Darin heißt es unter anderem in § 1, Abs. 3:
§ 1 Gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen
...
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den sie sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel vorübergehend versetzt hat.
Als Bonner Bürger frage ich Sie als Bundestagsabgeordnen aus Bonn und als Jurist: Was will uns der Gesetzgeber damit sagen? Meiner Meinung nach liegt hier ein klarer redaktioneller Fehler vor. Menschen, die Alkohol oder andere berauschende Mittel zu sich nehmen, befinden sich nicht in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit. Richtig könnte es doch einfach folgendermaßen lauten:
(3)In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand begangen hat.
Warum und wie lange sich ein Täter in einem solchen Zustand befindet, ist meiner Meinung nach für den Schutz von Menschen vor solchen Tätern unerheblich. Welches Unheil mit derartigen falschen Formulierungen verbunden sein kann, brauche ich Ihnen als Rechtsanwalt nicht zu sagen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Schmitz
Sehr geehrter Herr Schmitz,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 29. März 2007 und für Ihre Frage.
Ich gebe Ihnen Recht, dass das Ziel des Gesetzgebers in § 1 Abs. 3 Gewaltenschutzgesetz missverstanden werden kann. Nach Abs. 3 kann das Gericht gegen einen Täter Schutzanordnungen auch dann verhängen, wenn dieser Taten in einem vorübergehenden Zustand der Unzurechnungsfähigkeit begangen hat. Durch die Verweise auf Abs. 1 und 2 soll klargestellt werden, dass die Voraussetzung der vorsätzlichen Begehung erfüllt sein muss.
Das am 31. März in Kraft getretene Gesetz zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen wird zu erheblichen Ermittlungs- und Beweisschwierigkeiten in der Praxis führen: Es enthält eine zu große Zahl von unbestimmten Rechtsbegriffen. Die FDP-Bundestagsfraktion hat es deshalb im Interesse der Opfer für den falschen Weg gehalten, Stalking alleine mit den Mitteln des Strafrechtes bekämpfen zu wollen.
Die Freien Demokraten haben deshalb die Bundesregierung dazu aufgefordert, einen Gesetzentwurf zur Reform des Gewaltenschutzes vorzulegen, der im Interesse des Opferschutzes die Möglichkeiten zur Stalking-Bekämpfung erweitert, indem neue Tatbestände eingeführt werden und der Strafrahmen bei Zuwiderhandlung gegen richterliche Anordnung erhöht wird.
Nochmals vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich setze auf Ihre Unterstützung für unseren Kurs. Ihnen persönlich alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Guido Westerwelle, MdB