Frage an Guido Westerwelle von Sabine S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Westerwelle,
anlässlich der Bundestagswahl im September beschäftige ich mich natürlich mit den Programmen der einzelnen Parteien um mir eine Meinung zur Stimmabgabe bilden zu können.
Besonders liegt mir (neben anderen Themen) die Tibet-Frage am Herzen, da hier meiner Meinung nach zu wenig getan wird.
Daher meine Fragen an Sie und Ihre Partei, wie stehen Sie zu den Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Regierung an den Tibetern?
Wird Ihre Fraktion dafür plädieren:
Dass der nächste Bundeskanzler(-kanzlerin den Dalai Lama empfängt?
Dass Vertreter internationaler Menschenrechtsorganisationen uneingeschränkten Zugang zu Tibet erhalten um Vorfälle/Menschenrechtsverletzungen untersuchen zu können?
Dass Vertreter deutscher diplomatischer Vertretungen in der VR China an Gerichtsverfahren von Tibetern als Beobachter teilnehmen können?
Internationale Medienvertreter freien Zugang nach Tibet erhalten?
Wird Ihre Partei dafür eintreten, daß die Tibetfrage fester Bestandteil des deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialoges wird?
Für eine Antwort auf meine Fragen danke ich Ihnen bereits jetzt.
Viele Grüße
Sabine Schmidt
Sehr geehrte Frau Schmidt,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich freue mich sehr, dass Sie sich vor der Bundestagwahl so intensiv mit den Programmen der politischen Parteien auseinandersetzen.
Das Prinzip der "Nichteinmischung in innere Angelegenheiten" findet aus unserer Sicht dort seine Grenzen, wo Menschenrechte verletzt werden. Wir betrachten es im Gegenteil als Verpflichtung, aktiv Menschenrechtspolitik zu betreiben. In diesem Sinne setzt sich die FDP seit langer Zeit auch für die Tibeter in der VR China ein.
Ziel mit Blick auf die Situation der Tibeter muss die religiöse und kulturelle der Autonomie innerhalb des chinesischen Staatsverbandes sein. Insbesondere müssen die auf dem Papier bereits festgeschriebenen gesetzlichen Autonomieregelungen endlich auch in der Praxis umgesetzt werden. Wir sehen die Perspektive der Verwirklichung kultureller und religiöser Autonomie nicht etwa als Risiko, sondern vielmehr als Chance für die innere Stabilität des gesamten Landes. In diesem Sinne sehen wir auch keinen Widerspruch zwischen einer Ein-China-Politik und dem Eintreten für kulturelle und religiöse Rechte der Minderheiten in der VR China.
Diese Politik gilt es im Geiste des gegenseitigen Respektes fortlaufend zu unterstreichen - sowohl in den Gesprächen mit der Führung der KPC und der chinesischen Regierung als auch im Dialog mit S.H. dem Dalai Lama und seinen Vertretern. Empfänge auch durch höchste Repräsentanten unseres Landes betrachten wir nicht als Teil des Problems, sondern als Beitrag zu einer hoffentlich baldigen Lösung.
In der Hoffnung, Ihnen mit dieser Auskunft behilflich gewesen zu sein
verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Dr. Guido Westerwelle, MdB
Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion
Bundesvorsitzender der FDP