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Frage von Jan R. •

Frage an Guido Westerwelle von Jan R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Westerwelle,

unser Grundgesetz ist ein Provisorium, eine Übergangsregelung. Es wurde 1949 im Auftrag der Alliierten von deutschen Beamten erstellt, jedoch nie vom Volk direkt bestätigt.

Nun ist unser Grundgesetz nicht schlecht, jedoch durchaus noch verbesserungswürdig. Auch was die nähere Ausführung einiger Punkte angeht. Insbesondere zum Beispiel Artikel 20 (2) in dem deutlich wird, dass das Volk ein Recht auf Abstimmungen hat, was meiner Meinung nach eine Demokratie, wie sie in der Schweiz vorbildlich gepflegt wird, ermöglicht.
Aber auch an anderer Stelle gibt es noch Verbesserungsbedarf, zum Beispiel was die Unbestechlichkeit von Abgeordneten betrifft. So will mir bis heute nicht einleuchten, warum ein Bundestagsabgeordneter diverse gut bezahlte Nebentätigkeiten ausüben darf, obwohl dies nachweislich (Herr Schröder und Gasprom sind ein eindeutiges
Beispiel) Einfluss auf die Entscheidungsfähigkeit dieser Abgeordneten nimmt. Davon abgesehen, dass ich nicht nachvollziehen kann, wo ein solcher Abgeordneter die Zeit dafür hernimmt. Obwohl dies den zumeist fast leeren Bundestag bei Anhörungen und Abstimmung erklärt, als auch teilweise das Versagen der Aufsichtsgremien im Zusammenhang mit der "Bankenkrise", da etliche der Aufsichtsräte eben solche Abgeordneten waren, die wohl zu wenig Zeit für den Job hatten.
Desweiteren sehe ich als einen weiteren wichtigen Punkt an, dass die Wählbarkeit von "Gruppen" eingeschränkt wird. So sind derzeit über die Hälte aller Bundestagsabgeordneten Beamte, bzw. im öffentlichen Dienst tätig. Dass eine solche Zusammensetzung eine außerordentliche Schieflage erzeugt, steht wohl außer Frage.

Kurzum: unser Grundgesetz ist durchaus sarnierungsbedürftig, zumindestens jedoch sollte es modernisiert und per
Volksabstimmung auch endlich legitimisiert werden!

Nun meine Frage:

Wie stehen Sie dazu nach Artikel 146 GG dem deutschen Volk eine neue, modernisierte und legitimierte Verfassung zu geben?

Mit freundlichen Grüßen

Jan Rüther

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Rüther,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Bei Vollendung der deutschen Einheit stellte sich die Frage, ob dieser Weg über Art. 23 GG a.F. oder über Art. 146 GG a.F. beschritten werden soll. Herrschende Auffassung war, dass beide Möglichkeiten alternativ nebeneinander bestehen. Letztlich ist die Einigung 1990 auf Wunsch der frei gewählten Volkskammer auf der Grundlage von Art. 23 GG a.F. erfolgt. Durch den Beitritt der neuen Bundesländer zur Bundesrepublik Deutschland ist das Grundgesetz auch für die neuen Länder in Kraft getreten. Damit ist das Grundgesetz zur Verfassung für das vereinigte Deutschland geworden. Eines weiteren Verfahrens nach Art. 146 GG bedarf es daher nicht mehr. Art. 146 GG kommt heute nach allgemeiner Auffassung nur deklaratorische Bedeutung zu. Die Vorschrift enthält keinen Auftrag zum Erlass einer neuen Verfassung. Unabhängig von Art. 146 GG ist das Grundgesetz daher die geltende Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Guido Westerwelle, MdB
Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion
Bundesvorsitzender der FDP