Frage an Guido Hagelstede von Hans-Werner R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Hagelstede, nach den gescheiterten Tarifübernahmebemühungen im Lsnd Bremen habe ich als einer von vielen durch die rot/grünen Sparmaßnahmen schwer getroffenen Bediensteten (wir verlieren aktuell gegenüber 2002 um die 20 % unserer Nettoeinnahmen!) die Landesregierung dort konkret befragt, was denn nun mein persönlicher Beitrag durch weniger Gehalt und längere Lebensarbeitszeit an der Entschuldung des Landes Bremen bringt. Ich bekam nur politisches Gelaber als Antwort, in der nicht ein Wort darüber verloren wurde, wie die konkreten Zahlen nach Berechnungen der entsprechenden Finanzpolitik denn nun aussehen. Übertragen wir die Problematik jetzt einmal auf die Bundesregierung. Wie stellen Sie sich die Entschuldung der Bundesrepublik Deutschland auf lange Sicht vor. Die reinen Zahlen deuten darauf hin, dass die gesamte Schuldenlast von Bund und Länder und Kommunen rechnerisch bzw. finanzmathematisch nicht mehr zu entschulden sind. Welche Pläne haben Sie in der neuen Legislaturperiode den Rückbau der Schulden umzusetzen? Mit freundlichen Grüßen, Hans-Werner Rudat
Sehr geehrter Herr Rudat,
die öffentlichen Haushalte Deutschlands sind mit 2,1 Billionen Euro verschuldet, davon entfallen auf den Bund 1,3 Billionen Euro (Stand: 31.12.2012, Quelle: Statistisches Bundesamt). Für diese Schuldenlast gibt es zwei Hauptgründe. Zum einen höhlen Steuergeschenke für Bezieherinnen und Bezieher hoher Einkommen, für Vermögende und für Unternehmen die Staatsfinanzen aus. Zum anderen führte die lang anhaltende hohe Arbeitslosigkeit und der Ausbau des Niedriglohnsektors zu sinkenden Steuereinnahmen und Beiträgen zu den Sozialversicherungssystemen. 2012 gab der Bund über 30 Milliarden Euro nur für Zinsen aus. Das sind zehn Prozent der Gesamtausgaben des Bundes. Die Neuverschuldung des Bundes wird 2013 voraussichtlich 17 Milliarden Euro betragen. Durch Zins und Zinseszins führt das in der Zukunft zu weiter wachsenden Staatsschulden.
CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne haben durch ihre Politik die Einnahmebasis des Staates und damit seine Handlungsfähigkeit systematisch ausgehöhlt - durch Senken von Unternehmenssteuern und Einkommensteuer-Spitzensätzen, durch das Offenhalten von und das Schaffen neuer Steuerschlupflöcher. Öffentliche Verschuldung lässt sich nicht dadurch bekämpfen, dass die Verantwortung für aktive Gestaltung von Politik durch automatisch greifende Sparmechanismen (sogenannte Schuldenbremse) ersetzt wird. Ziel einer sinnvollen Konsolidierungspolitik sollte es sein, die Verschuldungsspirale zu durchbrechen, um den nachfolgenden Generationen tragfähige Staatsfinanzen zu hinterlassen. Voraussetzung für nachhaltige Einnahmen des Gemeinwesens sind Investitionen in den Ausbau der sozialen Infrastruktur und für mehr Beschäftigung. Existenzsichernde Arbeitsplätze bringen höhere Steuereinnahmen und sichern tragfähige Finanzen der Sozialkassen.
Ich fordere eine wirksame Haushaltskonsolidierung durch eine stärkere Beteiligung der wirtschaftlich Leistungsfähigen an den Kosten des Gemeinwesens: Spitzensteuersatz der Einkommensteuer erhöhen, Sonderabgabe auf Boni in der Finanzbranche, Millionärsteuer und Finanztransaktionssteuer einführen, Gewinne beim Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteuern, Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 % auf 15 % zurücknehmen, Kapitalerträge wieder zum persönlichen Steuersatz versteuern, leistungslos erzielte Sondergewinne der Stromversorgungsunternehmen aus dem Emissionshandel abschöpfen. Durch intensivere Betriebsprüfungen bei Großunternehmen und Banken sowie eine bessere personelle und technische Ausstattung der Steuerfahndung können höhere Einnahmen erzielt werden. Einen Schwerpunkt bildet die Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung über Scheinfirmen. Den Abbau öffentlicher Schulden durch Leistungskürzung für Menschen mit geringem Einkommen und die Streichung von Mitteln, die Arbeitsplätze schaffen und sichern, lehnt DIE LINKE ab.
Mit freundlichen Grüßen
Guido Hagelstede