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Günther Schneider
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Frage von Ferdinand R. •

Frage an Günther Schneider von Ferdinand R. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Professor Schneider,
welche Maßnahmen könnten Ihrer Meinung nach zur Abmilderung der katastrophalen Auswirkungen der demographischen Krise (vgl. Statistisches Bundesamt Deutschland – Mikrozensus) beitragen?

Was halten Sie von dem Vorschlag von Prof. Paul Kirchhof, pro Kind 500€ Erziehungsgehalt (vgl. http://www.bpb.de/publikationen/CVMUAT.html) zu zahlen anstelle in Kinderkrippen zu investieren oder alternativ das „Sächsische Erziehungsgehaltsmodell“ von 1999 (Dr. Hans Geisler) neu zu beleben?

Sollte nicht wenigstens das Landeserziehungsgeld (150€ für das erste, 200€ für das zweite, 250 für das dritte und 300€ für jedes weitere Kind) von Thüringen, das Eltern gezahlt wird, die ihr Kind selbst in den ersten drei Jahren betreuen, auch in Sachsen angestrebt werden?

Es ist nach meiner Meinung ein erster, aber nicht ausreichender Schritt in die richtige Richtung. Staatsdirigismus in Form von Erziehungsgeld für 12 bzw. 14 Monate und staatliche Kinderbetreuung, teilweise nach DDR-Vorbild haben die Fertilitätsraten bisher nicht erhöht.

Ein Krippenplatz wurde mit ca. 1000€ monatlich subventioniert (s. oben), nach den Tarifabschlüssen und den geforderten Verbesserungen hinsichtlich Ausbildungsstandard von Betreuerinnen und Betreuungsschlüssel wird der Betrag eher noch steigen. Für das Geld könnte auch ein Erziehungsgehalt für alle Eltern gezahlt werden, die ihre Kinder selbst betreuen. Ebenso ließe sich davon eine Tagesmutter bezahlen.

Warum lernt man nicht aus Fehlern Schwedens?

Schweden zahlt seit 2008 ein Erziehungsgehalt von 300€ pro Kind und Monat für die ersten 3 Jahre, die erstmalige Wahlfreiheit wird zunehmend genutzt, vergleichbar Frankreich mit ähnlicher Direktförderung der Familien. Beide Länder haben deutlich höhere Fertilitätsraten als Deutschland (s. oben).

Sehen Sie als Richter die Verfassungsgerichtsbeschlüsse zur horizontalen Steuergerechtigkeit für Familien derzeit in Deutschland verwirklicht?

Hochachtungsvoll
Dr. F. Raabe

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FREIE WÄHLER

Sehr geehrter Herr Dr. Raabe,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich wie folgt zu beantworten suche:

Die Bevölkerung in Deutschland überaltert zunehmend. Seit den Ergebnissen der 9. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wird bis zum Jahre 2050 bis hin zu den 55jährigen jeder jüngere Jahrgang kleiner als der jeweilige Vorgängerjahrgang sein. Zugleich wird - sowohl bei Frauen als auch bei Männern - der Anteil der über 70jährigen der Zahl der am Arbeitsmarkt "Aktiven" nahezu gleich stehen. Konsequent weist der Sozialbeirat in einem Sondergutachten (vgl. BT-Drucks. 14/5394 S. 2) auf die immer größer werdende demographische Schere hin: Einer bereits jetzt stark gestiegenen und noch weiter steigenden Lebenserwartung steht eine niedriger werdende Geburtenziffer gegenüber. Und: Diese hier nur im Umriss skizzierte demographische Entwicklung ist weitgehend irreversibel. Sie ist langfristig realer Natur und "nicht wegreformierbar". So gesehen greifen staatliche Maßnahmen – nach denen Sie fragen – in Bezug auf die demographische Entwicklung kurzfristig keinesfalls und langfristig ebenfalls wohl nicht.

Der Vorschlag nach einem Erziehungsgehalt oder auch eine Finanzierung in Richtung eines Erziehungsgeldes ist insoweit richtig, als damit der Ansatz gesehen wird, dass Kindererziehung in erster Linie Sache der Familie ist. Die Höhe staatlicher Sozialleistungen in Richtung auf Familien- bzw. Kinderbegleitung muss indessen auch unter dem Blickwinkel des finanziell Machbaren betrachtet werden. Insoweit bleibt auch das Ergebnis evtl. in Betracht kommender Koalitionsverhandlungen abzuwarten. Jedenfalls – und dies ist der Kern meiner Antwort – gebe ich der Kindererziehung in Familien den unbedingten Vorrang vor einer staatlichen Kinderbetreuung.

Den letzten Teil Ihrer Frage beantworte ich dahin, dass meines Erachtens das gesamte System des Steuerrechts einer Durchsicht bedarf. Insoweit nenne ich auch das ordnungspolitische Element, das gegenwärtig – aus vielen, auch guten Gründen – zu kurz kommt. Soweit es um die Förderung von Ehe und Familie geht, bitte ich meine Haltung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 87, 1; auch BVerfGE 82, 60) zu entnehmen, an deren Erarbeitung ich beteiligt gewesen bin.

Ich hoffe sehr, Ihrer Fragestellung, die an sich eine wesentlich tiefer gehende Antwort erfordert, gerecht geworden zu sein. Erforderlichenfalls bitte ich um weitere Nachfrage - gerne auch nach dem 30.08.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Günther Schneider MdL