Frage an Gudrun Zentis von Werner R. bezüglich Verkehr
NRW ist das Land der Energieintensiven Industrien und das Land der Energieerzeugung mit fossilen Energien. Erneuerbare Energien in der heutigen Form, vor allem Photovoltaik, kosten wesentlich mehr als erneuerbare Energien; bei der Photovoltaik beträgt der Faktor zwischen Energie aus Braunkohle und eben Photovoltaik 15 - 20. Ein Haushalt, der heute eine Stromrechnung von 50 €/Monat hat, müsste bei reiner Photovoltaik in Zukunft 1000 €/Monat bezahlen. Energieintensive Industrien sind auf niedrige Energiepreise angewiesen, um im weltweiten Wettbewerb bestehen zu können. Fast alle industrialisierten Länder der Welt setzen auf Atomstrom oder Strom aus fossilen Energien.
Ich halte es schon wegen der begrenzten Vorkommen an fossilen Rohstoffen für richtig, auf alternative Energien zusetzen, diese sind für mich Kernfusion, solarthermische Kraftwerke und vielleicht andere; diese sind aber noch nicht so weit, um bereits heute fossile Energien zu ersetzen.
Wie wollen Sie Ihren potentiellen Wählern erklären, dass bei Ihrer Politik Stromrechnungen unbezahlbar werden und die Arbeitsplätze bei Stahl, Chemie, Papier u.a. ins Ausland verlagert werden ?
Sehr geehrter Herr Rixen,
vielen Dank für Ihre Frage! In Ihrer Berechnung gehen Sie von der Annahme aus, dass zukünftig Strom ausschließlich durch Photovoltaik erzeugt wird. Photovoltaik ist in Einzelfällen eine sinnvolle Alternative, besitzt aber selbst bei günstigen Prognosen nicht das Potenzial den Energiebedarf NRWs zu decken. Die von Ihnen mittelfristig favorisierten fossilen und radioaktiven Energieträger sind allerdings bei Weitem nicht so günstig, wie die großen Energiekonzerne es darstellen. Große Teile der tatsächlichen Kosten, wie z.B. Klimafolgekosten und Atommülllagerung werden solidarisiert - dafür bezahlen wir dann Steuern statt Strom.
Für NRW verfolgen wir Grünen die Drei-E-Strategie: Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energieeinsparung. Ich zitiere hierzu aus unserem Wahlprogramm: "Zentraler Teil des Green New Deal ist unsere „Drei-E-Strategie“ gegen den Klimawandel. Drei-E-Strategie heißt: Bei den Energien setzen wir auf Erneuerbare, Effizienz und Einsparung. Wir wollen bis 2020 den Anteil der Erneuerbaren bei der Stromerzeugung auf 22 Prozent erhöhen. Das größte Potential hat in NRW die Windkraft. Bis 2020 wollen wir die Windstromproduktion verfünffachen. Bei den Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz ist die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) das wichtigste Element. KWK meint die gleichzeitige, dezentrale Produktion von Strom und Wärme. Solche Kraftwerke erreichen Wirkungsgrade von 90 Prozent und mehr. NRW ist mit seiner dichten Besiedlung und energieintensiven Industrie hervorragend für einen starken Ausbau der KWK geeignet. Unser Ziel für 2020: Mit KWK sollen 33 Prozent unseres Stromes erzeugt werden."
Mit der Trennung von Energieerzeugung und Netzen wollen wir mehr Wettbewerb in den oligopolen Energiemarkt bringen, der unmittelbar den Kunden zu Gute kommt. Durch die Förderung der energetischen Gebäudesanierung und der Ausschöpfung des Energiesparpotenzials privater Haushalte von über 30 % kann ich Ihnen versichern, dass unsere Politik nicht zu unbezahlbaren Rechnungen führen wird. Die Energieversorgung ist, wie Sie schon andeuten, auch ein sozialpolitisches Thema. Der Zugang zu Energie muss für alle Menschen in unserem Land gesichert sein. Die Tarifgestaltung für private Haushalte ist unter diesem Gesichtspunkt zu überdenken. Die derzeitige Belohnung von Energieverbrauch ist unzeitgemäß und benachteiligt Menschen mit geringem Einkommen.
NRW ist stark industriell geprägt und der Anteil der industriellen Wertschöpfung ist überdurchschnittlich. Gerade deswegen bietet NRW die Chance die industrielle Transformation voran zu treiben.
Wenn die schwarz-gelbe Landesregierung die erneuerbaren Energien weiter blockiert und mit direkten und indirekten Subventionen bestehende Verhältnisse zementieren will, werden hier die Arbeitsplätze in der konventionellen Industrien langfristig verschwinden und Arbeitsplätze im Umfeld der erneuerbaren Energien werden nicht entstehen. Sie wandern dorthin, wo sie gewollt sind und wo die Bedingungen besser sind. Denn auch andere Länder haben diesen Wachstumsmarkt für sich entdeckt. NRW wird dann aus politischer Ignoranz langsam aber sicher deindustrialisiert.
Den von Ihnen beschriebenen Standortnachteil für energieintensive Branchen kann ich zumindest für die in Düren ansässige Papier- und Chemieindustrie nicht feststellen. Mir sind dahingehende Meldungen jedenfalls nicht zugegangen. Gegen eine Verlagerung ins Ausland sprechen zum Einem die für diese Branchen immens wichtige Versorgungssicherheit und zum Anderen sind steigende Energiekosten auch eine globale Entwicklung. Die Industrie hat sich größtenteils den Herausforderungen gestellt und betreibt mit gut ausgebildeten Fachkräften effiziente Werke und überzeugt mit innovativen Produkten. Die Verlagerung von Arbeitsplätzen halte ich für weitgehend unabhängig von den in NRW möglichen gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Mir geht es vor allem darum den Unternehmen größtmögliche Planungssicherheit bei zukunftsweisenden Investitionen und Maßnahmen zur Energieeinsparung zu bieten. Letztendlich sind wir nur mit einer konsequenten Ausrichtung auf nachhaltiges Wirtschaften gut gerüstet um uns dem permanenten Standortwettbewerb zu stellen. Ein ökologisches Umsteuern bietet die Chance auf 200.000 neue Arbeitsplätze allein in NRW, zunehmend in den mittelständisch geprägten Betrieben, die in den weltweit wachsenden Märkten für ressourcen- und energieeffiziente Techniken und Produkte hervorragende Chancen haben.
Ich hoffe Ihre Frage ist zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet. Falls dies nicht der Fall ist, stehe ich gerne für Rückfragen zur Verfügung. Nähere Informationen zu diesem Thema finden Sie auch in unserem Wahlprogramm. Da Energie in die bundespolitische Zuständigkeit fällt, verweise ich auch gerne an unseren Dürener Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer, Sprecher der Bundestagsfraktion für Energie- und Ressourceneffizienz.