Warum kann den Krankenkassen kein Zugang zu den notwendigen Informationen des jeweiligen Finanzamtes gewährt werden, um den hohen Verschuldungen der Selbständigen entgegen zu wirken ?
Hallo Gregor,
ich komme aus Thüringen und bin seit 2017 selbständig als Künstler.
Um kurz meinen Fall zu schildern, seit einigen Jahren gibt es bei meinen gesetzlichen Krankenkassenbeiträgen eine Problem, da ich bis heute nicht lückenlos mein jährliches Einkommen nachweisen konnte, werde ich weiterhin nach höchstsatz bei meiner Krankenkasse (TK) geführt, dadurch hat sich über die Jahre ein erheblicher Schuldenberg angehäuft (ca.30 Tausend Euro) obwohl ich seit vielen Jahren den berechneten Mindestsatz regelmäßig überweise, benötigt die TK die erforderlichen Zahlen (Jahreseinkommen) meines Finanzamtes.
Meine Frage,
was spricht gegen eine Gesetzliche verpflichtung, die Krankenkassen bei zweifel verpflichtet sich die nötigen Zahlen (Jahreseinkommen) bei dem zuständigen Finanzamt einzuholen ?
Dies würde doch erhebliche Klarheit bei den gesetzlichen Kassenbeiträgen schaffen, speziell was die monatliche Beitragshöhe betrifft, für die betroffene selbstständige Person.
Grüße S.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage und auch den Vorschlag, den Sie machen. Auf diesen Vorschlag, warum sich die Kassen nicht einfach die Steuerbescheide vom Finanzamt besorgen, wäre die kurze und verwaltungsrechtliche Antwort: Weil das Einkommen im krankenversicherungsrechtlichen Sinn anders definiert ist als Einkommen im steuerrechtlichen Sinn. Insofern beantwortet der Steuerbescheid das Auskunftsbedürfnis der Kasse nur unzureichend, da vorstellbar ist, dass weiteres beitragspflichtiges Einkommen vorhanden ist, das aber im Steuerbescheid nicht aufgeführt ist. Zudem gilt im Steuerrecht das Zuflussprinzip, es kommt also drauf an, wann das Geld auf dem Konto eingegangen ist. Im Sozialversicherungsrecht gilt das Entstehungsprinzip, also wann ein Anspruch entstanden ist.
In jedem Fall, selbst wenn die Kasse den Steuerbescheid beim Finanzamt abriefe, müsste das Kassenmitglied immer noch eine Erklärung beifügen und unterschreiben, womit es erklärt, welches Einkommen beitragsrechtlich relevant ist, also mehr, gleich viel oder weniger als im Steuerbescheid genannt.
Ich sehe aber durchaus Ihren Punkt: Auch wenn es im Interesse des Versicherten ist, den Steuerbescheid selbst an die Kasse zu schicken, um nicht den Höchstbetrag zahlen zu müssen, kann man davon ausgehen, dass bei Millionen Freiwillig Versicherten auch Tausende das nicht tun, sei es wegen Nichtwissen, Vergesslichkeit oder sonstigen Gründen. Vielleicht sollten Sie gegenüber der Krankenkasse auf der Grundlage Ihrer Steuerbescheide eine eidesstattliche Versicherung über ihr Einkommen abgeben, so dass diese dieses beitragspflichtige Einkommen zur Grundlage der Beitragsberechnung nehmen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Gregor Gysi